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Öffne die Augen: Thriller (German Edition)

Öffne die Augen: Thriller (German Edition)

Titel: Öffne die Augen: Thriller (German Edition)
Autoren: Franck Thilliez
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hatte? Sich den Geschmack der nicht enden wollenden Trauer von den Lippen zu wischen? Seit langer Zeit wagte er zum ersten Mal zu hoffen.
    Wieder wie die anderen werden. Endlich, fast…
    Gegen vier Uhr morgens trafen sie bei den Grenobler Kollegen ein. Vorstellung, Kaffee, Erklärungen…
    Um 5:30 Uhr brachen etwa zehn Männer zur Wohnung von Coline Quinat auf. Eine blutrote Sonne stieg langsam am Horizont auf. Das Wasser der Isère funkelte silbern. Lucie witterte das Ende der Jagd. Der beste Moment für einen Kripobeamten, die letzte Belohnung. Bald wäre alles abgeschlossen.
    Sie erreichten ihr Ziel. Ein Haus mit einer großen, eindrucksvollen Fassade. Überrascht stellten die Polizisten fest, dass hinter den Fensterläden im ersten Stock Licht brannte: Quinat schlief nicht. Leise positionierten sich die Männer. Angespannte Körper, aufmerksame Blicke, ein Prickeln in der Brust. Um Punkt 6:00 Uhr sprengte der Rammbock der Polizei mit sechs Stößen das schwere Tor zum Innenhof. Im Handumdrehen hatten sich die Männer im Haus verteilt. Lucie und Sharko folgten ihnen schnell in den ersten Stock. Begleitet vom rhythmischen Stampfen der schweren Stiefel, tanzte der Lichtschein der Taschenlampen auf den Stufen, überschnitt sich.
    Es gab keinen Kampf, keine Explosion, keine Schüsse. Nichts, was dem unglaublichen Grauen und der Gewalttätigkeit der letzten Tage entsprochen hätte. Nur den unangenehmen Eindruck, in die Wohnung einer alleinstehenden Frau einzudringen.
    Coline Quinat hatte sich von ihrem Schreibtisch erhoben, ihr ruhiges Gesicht zeigte nicht den Anflug von Überraschung. Sie legte langsam ihren Füllhalter vor sich ab, und ihr Blick versank in dem von Lucie, während die Männer auf sie zustürmten, um ihr Handschellen anzulegen. Man klärte sie über ihre Rechte auf, und sie ließ es geschehen, ohne zu protestieren oder sich zu wehren. So als würde alles einer unabwendbaren Logik folgen.
    Lucie trat gebannt näher, ganz unter dem Eindruck, endlich die Person des Schwarz-Weiß-Fotos aus einem Film der Fünfzigerjahre vor sich zu sehen. Quinat überragte sie um einen Kopf. Sie trug einen blauen seidenen Morgenmantel. Ihr kurzes, blond-graues Haar umrahmte ein hartes, faltenloses Gesicht. Der Blick… Lucie verlor sich in den schwarzen Augen, die in all den Jahren nichts von ihrer Strenge, ihrer Ausdruckslosigkeit verloren hatten. Der Blick des kranken Kindes, der sie so angerührt hatte. Der Mund der Sechzigjährigen öffnete sich, und sie sagte:
    » Ich habe damit gerechnet, dass Sie kommen würden. Nach Manœuvres Tod und dem Selbstmord von Chastel begannen die Dominosteine einer nach dem anderen zu fallen.«
    Sie neigte den Kopf, als versuche sie, Lucies Gedanken zu erraten.
    » Richten Sie nicht zu hart über mich, junge Frau, als wäre ich eine Kriminelle. Ich hoffe nur, dass Sie verstanden haben, was mein Vater und ich vollbringen wollten.«
    Im Hintergrund flüsterte Sharko dem Einsatzleiter etwas zu. Daraufhin verließ er mit seinen Männern den Raum; Sharko und Lucie blieben allein mit Coline Quinat zurück. Er schloss die Tür und trat näher. Lucie vermochte ihren Zorn nicht zu mäßigen.
    » Vollbringen wollten? Sie haben einen alten, wehrlosen Mann umgebracht, Sie haben… ihn aufgehängt und ausgeweidet! Sie haben einen jungen Kerl und seine Freundin von nicht einmal dreißig Jahren mit unzähligen Messerstichen abgeschlachtet! Sie sind eine Mörderin der schlimmsten Sorte!«
    Coline Quinat setzte sich resigniert aufs Bett.
    » Was wollen Sie? Ich bin ein Indexpatient und werde es mein Leben lang bleiben. Das Syndrom E ist an jenem Tag im Jahr 1954 in meinem Kopf entstanden und hat unwiederbringlich die Struktur eines kleinen Hirnareals verändert. Die Gewalt ist in mir, und sie äußert sich nicht immer auf rationale Weise. Sie können mir glauben, wenn ich mein Gehirn hätte sezieren können, hätte ich es getan. Ich schwöre Ihnen, dass ich es getan hätte.«
    » Sie sind… verrückt.«
    Quinat schüttelte den Kopf und presste die Lippen zusammen.
    » Das alles hätte nicht passieren dürfen. Wir wollten nur die Kopien in die Hand bekommen, die Jacques Lacombe überall deponiert hatte. Die meisten hatten wir problemlos besorgen können, wir waren sogar in den USA . Aber dann war da dieser verdammte Streifen, der von Kanada nach Belgien gewandert war. Und dann hat Szpilman… angefangen, seine Nase in unsere Angelegenheiten zu stecken. Es gibt solche Leute, die überall Verschwörungen
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