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Öffne deine Seele (German Edition)

Öffne deine Seele (German Edition)

Titel: Öffne deine Seele (German Edition)
Autoren: Stephan M. Rother
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zusammen.
    Schwüle lag über der Lichtung mit den Dahlienrabatten. Nicht der kleinste Windhauch regte sich.
    Doch im Gebüsch, das die Anpflanzung zum Volkspark hin begrenzte, bewegte sich etwas. Der Hauptkommissar hielt den Atem an, setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen.
    Spanner. Perverse. Er hatte den Polizeibericht, den zu vergessen er sich entschlossen hatte, sehr genau vor Augen.
    Das war die harmlose Möglichkeit.
    Albrechts Hand tastete über seine Hüfte, aber seine Dienstwaffe war seit sechs Monaten im Waffenschrank auf dem Revier eingeschlossen. So oder so hätte er sie in diesem Moment nicht dabeigehabt.
    Zwischen den Bäumen entdeckte er die Silhouette einer Gestalt. Sie wandte ihm den Rücken zu. Leises Rascheln, als sie sich kaum merklich bewegte.
    Wenn er versuchte, Friedrichs zu rufen … Nein, der Unbekannte würde es mitbekommen.
    Albrecht holte Luft. Seine Hand fuhr nach vorn und packte die Schulter des Fremden.
    «Kriminalpolizei! Was tun Sie hier?»
    «He!»
    Ein dumpfer Stoß vor seine Brust. Albrecht schnappte nach Luft, eine Sekunde lang herrschte Schwärze vor seinen Augen.
    Jemand griff nach seinem Arm, stützte ihn.
    «Chef?»
    Der Hauptkommissar blinzelte. «Lehmann?»
    «Chef … Tut mir … Können Sie stehen?»
    Mit einem Knurren machte sich Albrecht los und fixierte den Kriminalhauptmeister aus schmalen Augenschlitzen.
    «Hab ich Ihnen weh getan?», fragte Lehmann vorsichtig, während er sich halb zur Seite drehte und seinen Hosenschlitz schloss.
    «Laufen Sie nachts immer erst hundert Meter durch den Wald, wenn Sie Ihr Wasser abschlagen wollen?», knurrte Albrecht.
    «Was?» Lehmann schüttelte den Kopf. «Nein, normalerweise …»
    «Ist Friedrichs bei der Leiche?»
    «Ja.» Ein erleichtertes Nicken. «Als ich verschwunden bin, sind Euler und seine Männer auch gerade eingetroffen. Wir sind ja selbst eben erst gekommen, Hannah und ich, und von Kempowski hatten wir kaum Informationen. Nur dass es einen Toten gegeben hat. Dass eine Frau ihn gefunden hat, und …»
    «Gut.» Der Hauptkommissar hob die Hand. «Kommen Sie mit! Sie ist noch da?»
    «Hannah Friedrichs? Klar.»
    «Die Frau.»
    Der jüngere Beamte kaute auf seiner Unterlippe. Seinen Gesichtsausdruck wusste Albrecht nicht zu deuten.
    «Irgendwie schon», murmelte Lehmann.
    ***
    Ich hatte Jörg Albrecht im letzten halben Jahr nur zwei oder drei Mal gesehen. Natürlich hatte er zwischendurch auf dem Revier vorbeigeschaut, allerdings sehr viel seltener, als wir eigentlich erwartet hatten.
    Keine Ahnung, wie er das durchgehalten hatte.
    «Hannah.» Er drückte mir kurz die Hand. Die andere hielt er sich vor den Bauch, als ob er Magenschmerzen hätte, aber sonst sah er eigentlich aus wie immer: Mittelgroß, das Haar vielleicht eine Spur grauer, als ich mich zu erinnern glaubte, und der Anzug war wie üblich nicht von der Stange.
    Das Wasserbecken hatte er nur mit einem knappen Blick gestreift.
    Er sah zwischen mir und unserem Zeugen hin und her. Die Andeutung eines Stirnrunzelns.
    «Herr Schorlemmer war es, der die Leiche gefunden hat», erklärte ich. «Wir haben uns gerade schon unterhalten. Nach seiner Aussage war das Opfer wohl zum ersten Mal hier.»
    Albrechts Stirnrunzeln vertiefte sich, als er seine Augen auf den jungen Mann richtete. Allerdings war die Veränderung so minimal, dass ich Zweifel hatte, ob sie überhaupt wahrzunehmen war, wenn man ihn nicht seit Jahren kannte.
    Mit einem Satz: Er hatte sich wesentlich besser unter Kontrolle, als das bei Lehmann und mir der Fall gewesen war.
    Lukas Schorlemmer war nicht besonders groß, keine eins achtzig jedenfalls, dabei aber auffallend schmal. Seine Schultern wirkten blass und zerbrechlich unter den Spaghettiträgern, die zu einem hoch geschlitzten Kleid aus nachtblauer Seide gehörten. Die kupferrot schimmernde Perücke hatte er mit einem Seufzen abgesetzt, nachdem ich circa zehn Sekunden lang fassungslos auf seinen Personalausweis gestarrt hatte.
    Es war dieselbe Person wie auf dem amtlichen Dokument – und doch eine vollkommen andere.
    Lucia , hatte Kempowski mir mit gehobenen Augenbrauen zugemurmelt.
    Anders als unser Opfer war Schorlemmer anscheinend kein Unbekannter in diesem speziellen Teil des Volksparks.
    Ich wusste, dass diese besondere Kundschaft schlechte Karten hatte bei unseren Streifenbeamten – und nicht nur bei ihnen.
    Lehmann war ein Esel. Hatte wie eine erschrockene Jungfrau das Weite gesucht, anstatt wie ein Mann ein paar Schritte weiter
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