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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition)
Autoren: Seanan McGuire
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Toronto.
    »Nein«, fauchte ich und drängte mich an ihm vorbei zur Tür. Die roten Fäden, die meine Schutzbanne speicherten, klebten noch über dem Rahmen und waren im frühmorgendlichen Licht nahezu unsichtbar. Der Sonnenaufgang beschädigt die Zauber zwar, aber es dauert in der Regel drei bis vier Tage, bis sie völlig vernichtet sind. Ich kramte nach meinen Schlüsseln. »Du hast das ›Privileg‹, Toby Daye mächtig auf den Senkel zu gehen, die nicht an deinen Titeln interessiert ist, was immer du verkaufen willst. Verzieh dich, Junge, du nervst mich.«
    »Also seid Ihr Lady Daye?«
    Die Augen auf die Tür gerichtet, erwiderte ich: »Als es noch so war, hieß es Sir Daye.«
    »Ich bin auf Geheiß von Herzog Sylvester Torquill von Schattenhügel hier, Beschützer de r … «
    Ich drehte mich ihm zu, um ihm das Wort abzuschneiden, bevor er sich in einer vollständigen Aufzählung von Sylvesters Titeln und Protektoraten ergehen konnte. Ich hob die Hand und zischte: »Das hier ist Menschengebiet! Ich weiß nicht, was du glaubst, hier zu tun, und ehrlich gesagt ist es mir auch egal. Du kannst deine Botschaft und dein Geheiß zurück nach Schattenhügel mitnehmen und Sylvester bestellen, dass ich überhaupt nicht interessiert bin. Alles klar?«
    Der Junge blinzelte und sah aus, als hätte er keine Ahnung, was er darauf entgegnen sollte. Meine Reaktion passte nicht in sein Weltbild eines Höflings. Ich besaß einen Titel, der mir eindeutig für Verdienste und nicht aus Höflichkeit verliehen worden war, weshalb ich auf der Verwendung von »Sir« statt »Lady« bestand. Wechselbälger mit Titeln sind so selten, dass man über sie redet, und Wechselbälger mit Titeln, die sie sich verdient haben, noch seltener. Soweit ich wusste, verkörperte ich den einzigen Wechselbalg, der in den letzten hundert Jahren in den Ritterstand erhoben worden war. Ich hatte einen Lehnsherrn, obendrein keinen unbedeutenden oder machtlosen. Weshalb also verweigerte ich eine Botschaft von ihm? Ich hätte vor Freude darüber, dass man sich an mich erinnerte, ein Rad schlagen sollen, statt einen Herzog abzuweisen.
    »Vielleicht missversteht Ihr mic h … «, setzte er mit jener übertriebenen Vorsicht an, in der mitschwang, dass er wohl mit einem Kind oder einer Verrückten sprach. »Ich habe eine Botschaft von Herzog Torquill, die zu überbringen er mich beauftragt ha t … «
    »Die holde Lady Maeve beschütze mich vor Idioten«, brummte ich, wandte mich dann wieder der Tür zu und steckte den Schlüssel ins Schloss. Die Schutzbanne flammten zornig-rot auf. »Ich weiß, von wem deine Botschaft stammt. Es ist mir bloß … vollkommen egal. Sag Sylveste r … Sag ihm, was du willst. Ich bin raus aus jenem Leben, ich bin ausgestiegen, und ich höre mir keine Botschaften mehr an.«
    Ich schwenkte die freie Hand. Der Schimmer erstarb und wurde vom Gras-und-Kupfer-Geruch meiner Magie abgelöst. Gut. Niemand war eingebrochen. Jemand ohne Schlüssel könnte zwar die Tür öffnen, ohne die Schutzbanne zu brechen, nicht jedoch, ohne den Zauber aufzulösen, der in sie eingeflochten war. Und selbst ein Meister könnte den Geschmack meiner Magie nicht so exakt nachahmen. Ich könnte einen von Tybalts Zaubern ebenso wenig mit einem von Sylvester verwechseln wie den Sonnenuntergang mit dem Sonnenaufgang. Darin liegt der wahre Wert von Schutzbanne n – und nicht darin, dass sie unbedingt jemanden oder etwas fernhalten. Doch sie verraten, ob es jemandem oder etwas gelungen ist hineinzugelangen.
    »Abe r … «
    »Kein Aber. Geh nach Hause. Hier gibt es nichts für dich.« Damit schob ich die Tür auf und ging hinein.
    »Der Herzo g … «
    »… wird dir keinen Vorwurf daraus machen, dass du es nicht geschafft hast, diese Botschaft zu überbringen. Vertrau mir.« Plötzlich müde, hielt ich kurz inne, dann drehte ich mich in der Tür zu ihm um. Er wirkte so verloren, dass er mir beinah leidtat. »Wie lange bist du schon an Sylvesters Hof?«
    »Fast ein Jahr«, antwortete er, und seine Verwirrung schlug jäh in Argwohn um. Das wiederum konnte ich ihm nicht zum Vorwurf machen. Schließlich war ich nicht gerade nett zu ihm gewesen.
    »Fast ein Jahr«, wiederholte ich. »Verstehe. Das erklärt, weshalb es an dir hängen geblieben ist. Pass auf: Ich bin ein Ritter im Dienste Seiner Gnaden. Das stimmt. Ich kann ihn nicht dazu zwingen, mich von meiner Lehnstreue zu entbinden. Aber solange er mir keinen direkten Befehl erteilt, muss ich nicht zuhören. Hat er dich
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