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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren
Autoren: Batya Gur
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nicht mit ihm gesprochen?«
    »Wann denn? Er ist von dort mit dem Fahrrad zu Dworka gefahren, und dort ist er noch.«
    »Zu Dworka?« wiederholte Michael.
    »Ja, dort ist er jetzt.«
    »Und was machen Sie dann hier?« fragte Michael scharf.
    »Sie standen schon in der Tür, auf dem Weg zum Speisesaal, und ich wollte nicht, daß sie mich sehen. Wenn man sich mitten am Tag in der Nähe der Zimmer herumtreibt, ist das sehr auffällig. Außerdem bewacht Baruch Dworkas Zimmer. Er ist jetzt dort.«
    »Wir hätten mehr Leute einsetzen sollen«, sagte Michael bedauernd.
    »Das habe ich auch gesagt«, bestätigte Machluf Levi und verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere.
    »Also, was haben Sie?« fragte Michael. »Es bedrückt Sie doch was.«
    Die Angst in Machluf Levis Augen wuchs, als er sagte: »Wie soll ich es sagen ... Erstens haben Sie mich mit den ganzen Warnungen – lassen Sie diesen nicht aus den Augen, und passen Sie ja auf jenen auf – ganz schön unter Druck gesetzt. Sie tun so, als wäre das hier ein Kinderspiel. Dabei weiß ich nicht mal, was Sie denken, was in Ihrem Kopf vor sich geht. Was bin ich denn, ein kleiner Junge, daß ich mitten am Tag auf einem Fahrrad durch den Kibbuz fahre?«
    Michael betrachtete Machluf Levis Gabardinhosen, sein gebügeltes Hemd ohne Krawatte, und nickte lange. »Und zweitens«, fuhr Machluf Levi mit einem Griff nach seinem Hemdkragen fort, »mir macht das alles angst, das mit Mojsch und all dem Gerede. Jedenfalls ist Baruch jetzt dort, und Dworkas Zimmer wird abgehört, wir können nachher jedes Wort hören, das sie gesprochen haben.«
    »Nachher?« sagte Michael scharf. »Es gibt kein Nach her. Jetzt sofort.«
    »Gut«, sagte Machluf Levi. »Wenn Sie wollen, gehe ich sofort hin. Ich weiß jedenfalls, daß er geweint hat. Er hat geweint wie ein kleines Kind. Und er hat gesagt: ›Wie kannst du nur?‹ Das war, als ich dort vorbeigegangen bin.«
    »Was haben Sie noch gehört?«
    »Ich habe doch nach Ihnen gesucht«, sagte Machluf Levi verlegen. »Er hat noch gesagt: ›Wie konntest du mir das nur verschweigen? ‹ und solche Sachen. Das hat er die ganze Zeit wiederholt.«
    Michael schaute auf seine Uhr und sah, daß sich der große Zeiger der drei näherte. »Ich muß schnell zur Ambulanz«, sagte er. »Tun Sie mir einen Gefallen, gehen Sie in den Speisesaal und sagen Sie Mojsch, daß ich mit ihm sprechen möchte, wenn ich von der Ambulanz zurückkomme, sagen wir in einer halben Stunde, er soll auf keinen Fall verschwinden. Und dann warten Sie einfach vor seinem Zimmer. Lassen Sie es nicht aus den Augen.«
    »Ich persönlich?« fragte Machluf Levi und drehte den Ring an seinem kleinen Finger.
    »Sie persönlich, und passen Sie auf, daß er Sie nicht bemerkt. Verstecken Sie sich in diesem großen Strauch dort, da, wo Jizchak heute nacht gestanden hat.«
    »Was ist das hier«, murrte Machluf Levi. »Spielen wir Kino? Eine Kriminalgeschichte für Kinder? Warum können wir, nicht einfach im Wagen sitzen und zuhören, was sie sagen? Wofür haben wir die Ausrüstung? Wozu sollen wir uns im Gebüsch herumdrücken? Noch dazu im hellen Tageslicht.«
    Michael brachte nur mühsam einen Rest Geduld auf. »Machluf, tun Sie mir den Gefallen und beobachten Sie das Haus dort drüben. Wir haben keine Zeit für etwas anderes. Das müssen Sie mir einfach glauben, Machluf.« Er legte die Hand auf die breite Schulter des Mannes, der mindestens einen Kopf kleiner war als er.
    Das Ambulanzgebäude war leer. Awigail stand am Spülbecken und wusch ein Reagenzglas aus. Das erste, was er wahrnahm, als er die Tür öffnete, war ein Aufleuchten ihrer Augen. Sie trocknete sich die Hände an ihrem strahlend weißen Kittel ab und beeilte sich, die Ärmel wieder herunterzurollen und zuzuknöpfen.
    »Laß jetzt diese Knöpfe, Awigail«, sagte Michael ernst.
    »Warum bist du hergekommen? Bestimmt hat dich je mand gesehen, am Schluß bekommen sie immer alles raus ...«
    »Ich will dich um zwei Dinge bitten, die nicht warten können«, sagte Michael. Zu seiner eigenen Überraschung berührte er ihre Haare, die ihr bis halb auf die Schulter fielen. Er schaute in ihre grauen Augen und sah, daß sie Angst hatte. Nicht die geringste Spur von Freude war in ihrem Blick zu entdecken. Schnell und gewandt wich sie seiner Berührung aus.
    »Awigail«, sagte Michael, »hör genau zu, und dann tu, was ich dir sage, und gehe keinen Schritt vom Telefon weg. Hier, nimm Dr. Kestenbaums Nummer und frage ihn nach einem
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