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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren
Autoren: Batya Gur
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Michael, wie seine innere Stimme ihm Wörter wie »Gefahr« und »Vorsicht« zuflüsterte. Schließlich hob Beni den Kopf. Er fuhr sich mit der Hand, an der ein dicker Ehering prangte, über die glatt rasierte Wange, starrte dann seine Hand an und sagte zögernd: »Wäre es nicht einfacher, wenn du deine Jerusalemer Beziehungen ... Ach, egal.«
    »Es hängt zuviel davon ab«, sagte Michael in dem Ge fühl, daß die Zeit drängte. »Ich kann jetzt nicht nach Leuten und Beziehungen suchen. Ich will es noch heute hier haben.«
     
    »Ich habe gedacht, Sie hätten es eilig«, sagte Nahari mit einem Blick auf seine Uhr. »Erst vor einer halben Stunde haben Sie wieder mal gesagt, jede Minute hier bedeute Gefahr dort.«
    Sie standen in dem breiten Flur vor Naharis Zimmer, und Michael sagte: »Es ist wirklich schade um die Zeit, aber Beni ist schon unterwegs, er wird noch heute damit zurückkommen. Ich weiß nicht, wann ich selbst mit Jojo sprechen kann, aber wenn Sie Zeit haben, könnten Sie sich vielleicht darum kümmern, wie Sarit mit ihm weiterkommt.«
    »Das werde ich heute nicht schaffen«, sagte Nahari pompös. »Ich bin in einer Viertelstunde mit dem juristischen Berater verabredet, aber ich glaube nicht, daß irgend etwas passiert, wenn Sie erst heute abend mit ihr sprechen.«
    Michael hob mit einer verzweifelten Gebärde die Hand und rannte zum Parkplatz.
    Jedesmal wenn sein Blick auf den Tachometer fiel und er sah, daß die Nadel zwischen hundertdreißig und hundert vierzig Stundenkilometern hin und her schwankte, versuchte er, den Fuß vom Gas zu nehmen und seine innere Stimme zu beruhigen, die den Ton von Awigails Stimme angenommen hatte. Und wenn er den bekannten Schmerz in den Kiefern fühlte, steckte er sich wieder eine Zigarette an. Je näher er dem Kibbuz kam, um so stärker wurde der Druck, der auf ihm lastete. Als er das Auto vor dem Speisesaal geparkt hatte, mußte er sich dazu zwingen, nicht sofort zur Ambulanz zu rennen. Warum glaubst du eigentlich, daß ihr etwas passieren könnte? fragte er sich fast laut, während er mit schnellen Schritten zum Sekretariat lief. Dort sah er einen Zettel, der unter dem Schild »Sekretariat« hing, auf dem mit großen Buchstaben geschrieben war: »Komme gleich«.
    Er bekam fast keine Luft mehr, als er die Tür zur Buchhal tung neben dem Sekretariat aufmachte. Eine Frau saß in dem Büro und telefonierte. Sie schaute ihn fragend an, ignorierte aber völlig seine verzweifelten Blicke und seine laut gestellte Frage, sondern beendete in aller Ruhe ihr Gespräch. Dann erst konnte er sie fragen, wo Mojsch sei, und sie sagte: »Er ist für ein paar Minuten weggegangen. Er hat nicht gesagt wohin, nur daß er gleich wieder da ist.«
    Gegen alle Sicherheitsmaßnahmen, die er selbst aufgestellt hatte, bat er sie um das interne Telefonverzeichnis und wählte die Nummer der Ambulanz, mit dem Rücken zu der Frau, die sehr beschäftigt tat. Sie hatte ihn nicht gefragt, wer er war, aber als sie ihm das Telefonbuch hingehalten hatte, hatte er an ihrem Gesichtsausdruck – zusammengepreßte Lippen, zur Seite gewandte Augen – und der Bewegung, mit der sie auf das Telefon deutete, gemerkt, daß sie Bescheid wußte und daß ihre ganze Geschäftigkeit nur vorgetäuscht war. Aber auch das konnte ihn nicht zurückhalten. Als er Awigails erschrockenes »Hallo« hörte, brachte er nur mit erstickter Stimme ein »Guten Morgen« heraus.
    »Man könnte sagen, es ist schon Mittag«, sagte Awigail, und in dieser Antwort lag etwas so Beruhigendes, daß Mi chael sich auf den Stuhl der Frau gegenüber setzte, die damit fortfuhr, in Papieren herumzublättern, und sich dabei kein Wort entgehen ließ. Michael spürte ein plötzliches Zittern, als seine Muskeln sich entspannten.
    »Ich wollte nur wissen, ob es etwas Neues gibt«, sagte er, jedes Wort genau abwägend.
    »Nicht direkt«, sagte Awigail vorsichtig. »Ich habe ge rade jemanden hier, aber ich würde mich freuen, wenn wir in etwa einer halben Stunde miteinander sprechen könn ten.«
    »Ich werde kommen«, sagte Michael gegen alle inneren Stimmen, die ihn zur Vorsicht mahnten. Auf der anderen Seite der Leitung war es still. Er sah Awigails verletzliches Gesicht vor sich, wußte sogar, daß sie sich jetzt die Haare zurückstrich. Er konnte die zarte Halslinie vor sich sehen, die schmale Hand, die mit der typischen Bewegung in den Schwall aus glatten, braunen Haaren griff.
    »Ist das vernünftig?« hörte er sie plötzlich vorsichtig und
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