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Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Titel: Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)
Autoren: Tricia Rayburn
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lag auf dem Nachttisch neben einer halbvollen Wasserflasche. Ich trank und las gleichzeitig die SMS.
    Bemerkenswerte Bates-Info Nr. 48: Der Notendurchschnitt unserer Neulinge liegt bei 2,3.
    Grinsend simste ich zurück.
    Bemerkenswerte Boston-Info Nr. 62: Mein Durchschnitt ist 2,0. Vielleicht sollte ich sofort am Bates College anfangen, bevor meine Zensuren in den Keller gehen. Bis demnächst, freu mich schon.
    Ich las den Text noch einmal durch und zögerte. Eigentlich sollte ich damit aufhören, so … herumzuflirten und unsere Beziehung am Leben zu halten. Je länger ich das Ende hinauszögerte, desto schlimmer würde es werden. Aber wenn ich nicht antwortete, würde Simon sich bestimmt Sorgen machen, oder? Ja, natürlich. Also drückte ich auf »Senden« und lief dann nach unten.
    »Da ist ja unsere junge Dame!«, rief Mom, als ich in die Küche kam. Dabei schaute sie mich nicht an. Sie saß am Tisch und halbierte frische Erdbeeren. »Kaum zu glauben, dass unser Küken schon das letzte Highschool-Jahr vor sich hat, was?«
    Die Bemerkung war an Dad gerichtet, der am Küchentresen gehackte Schokolade in eine Schüssel mit Pfannkuchenteig schüttete. Bevor er antworten konnte, warf sie einen Blick auf mich und sprang in die Höhe.
    »Vanessa, Schatz, ist etwas passiert?«
    Sie griff nach meinem Arm, doch ich wich in weitem Bogen aus, schnappte mir eine Handvoll Schokokrümel und ließ mich auf einen Stuhl fallen. Dad betrachtete mich, als ich an ihm vorbeikam, und bemerkte natürlich dasselbe wie Mom, gab aber keinen Kommentar ab.
    »Probier mal.« Paige schob mir einen Teller voller Croissants mit Zimtfüllung über den Tisch. »Louis würde vor Eifersucht platzen.«
    Damit meinte sie den Chefkoch von Bettys Fischerhaus. Sie erwähnte seinen Namen so nebenbei, als würden wir unser Frühstück gleich um die Ecke einnehmen anstatt dreihundert Meilen von Winter Harbor entfernt.
    »Vanessa.« Mom hatte sich vor mir aufgebaut. »Deine Kleidung sieht aus, als hättest du wochenlang darin geschlafen.«
    »Im letzten Jahrgang bügelt niemand mehr seine Schuluniform. Das gehört sozusagen zum Übergangsritus.«
    »Unsinn, Justine hat ihre Uniform immer …«
    Sie senkte den Blick. Nichts konnte ein Gespräch schneller beenden als Justines Name.
    »Bist du schon aufgeregt, weil du heute wieder zur Arbeit gehst?«, wechselte ich das Thema und griff nach einem Teller mit Rührei. »Ist ja schon eine Weile her.«
    Statt eine Antwort zu geben, fragte Mom: »Paige, kann ich dir noch etwas bringen? Kaffee? Müsli?«
    Paige schaute mich an, während meine Mutter im Raum herumwuselte. Mom goss eine Tasse Kaffee ein und vergaß sie auf der Anrichte, wusch einen Teller ab und ließ ihn zurück ins Spülwasser fallen, holte eine Müslischachtel aus dem Schrank und tauschte sie gegen den Orangensaft im Kühlschrank aus.
    »Deine Mutter nimmt sich noch ein bisschen länger frei«, erklärte Dad, der mit einem Stapel Pfannkuchen neben mir aufgetaucht war.
    »Noch länger als zwei Monate?«
    »Sie hat gesagt, dass sie zu Hause sein will, wenn du aus der Schule kommst.«
    »Aber das hat sie nicht mehr gemacht, seit …«
    Ich brach mitten im Satz ab. Eigentlich hatte ich sagen wollen: »… seit Justine und ich in der Grundschule waren«, doch der Name meiner Schwester wurde höchstens einmal pro Mahlzeit erwähnt. Bei Moms Zustand wollte ich gar nicht wissen, was sie tun würde, wenn ich gegen dieses ungeschriebene Gesetz verstieß.
    »Um auf das ursprüngliche Thema zurückzukommen«, sagte Dad mit lauter, fröhlicher Stimme, spießte zwei Pfannkuchen auf und ließ sie auf meinen Teller fallen. »Nein, ich kann auch kaum glauben, dass unser kleines Mädchen schon das letzte Highschool-Jahr vor sich hat.«
    Ich starrte auf mein Frühstück und fühlte meine Wangen brennen. Unser kleines Mädchen . Wie konnte er das sagen? Noch weniger verstand ich, wie Mom solche Sätze über die Lippen brachte. Wurde das Lügen zur Routine, wenn man siebzehn Jahre Übung darin hatte?
    »Kann ich bitte das Salz haben?«, fragte ich.
    Paige reichte mir das Fässchen. Als Dad sich wieder dem Herd zugewandt hatte und Mom gerade den Kopf in den Kühlschrank steckte, würzte ich mein Essen reichlich nach, sogar die Pfannkuchen. Mit der Schokolade waren sie sowieso viel zu süß gewesen.
    Das restliche Frühstück verlief ohne Zwischenfälle. Dad hörte auf, am Herd herumzubrutzeln. Mom rannte nicht länger herum, sondern setzte sich tatsächlich hin und aß.
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