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Ob das wohl gutgeht...

Ob das wohl gutgeht...

Titel: Ob das wohl gutgeht...
Autoren: Robert Tibber
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von der kommenden Woche an Zusammenarbeiten würden.
    Fred sagte, daß ich ein kaltblütiger Mensch sei und wann die Chose beginnen solle, und die Ärztekammer bestätigte seine Ernennung auf mehr konventionelle Weise. Ich fragte Sylvia, wann wir in das Lorbeerbaum-Haus umziehen könnten, an das sie ihr Herz gehängt hatte, und nach vielen Ausflüchten gestand sie, daß man noch immer beim Ausschachten sei. Sie war indessen sicher, daß es höchstens noch einige Monate dauern würde. Sie hatte mehr Vertrauen in die britischen Arbeiter als ich. Penny und Peter waren über beides begeistert, sowohl über die Aussicht auf einen Umzug als über Freds Kommen, und Eugenie, die nicht mehr tun konnte, als mit ihren Armen zu winken und uns ein kleines, zahnloses Lächeln zu schenken, gab überhaupt keinen Kommentar ab. Ich erzählte ihr, daß sie die einzige im Haus mit Verstand sei, worauf sie kicherte, und daß Fred wahrscheinlich nicht länger als eine Woche bei uns sein würde, worauf sie zu schreien begann und Sylvia auf die Beine brachte.
    »Was hast du ihr denn wieder angetan?«
    »Sie in den Armen gewiegt.«
    Sie holte Eugenie aus ihrem Bettchen. »Was hat der böse Dad-dad-Daddie mit dir gemacht?« Sie sah mich vorwurfsvoll an.
    »Freud hätte dir einige Antworten geben können«, sagte ich.
    »Nun, glücklicherweise ist er nicht hier. Du sprichst genau wie Robin. Das ist doch alles Quatsch.«
    Robin war an Psychiatrie sehr interessiert gewesen.
    »Sylvia, ich weiß wirklich nicht, warum du dich in letzter Zeit so ausdrückst.«
    »Und ich weiß nicht, was mit dir geschehen ist.«
    Ich streckte meine Arme nach dem Baby aus. »Gib sie mir eine Minute, ehe sie durch deine Kritik an ihrem Vater einen unheilbaren Schaden davonträgt.«
    »Unheilbarer Blödian. Du hast die Masern, Mumps und was weiß ich noch.«
    Ich legte mein Jackett ab und warf es auf das Bett, von wo Sylvia es mit spitzen Fingern entfernte, als sei ich mit Leprakranken in Berührung gekommen. Ich spaßte mit Eugenie, und sie besprudelte mein Hemd mit saurer Milch. Sylvias sarkastische Bemerkung beantwortete ich mit einem strafenden Blick, und sie forderte Eugenie zurück mit jener typischen, besorgt-eifersüchtigen Geste der Mütter dieser Welt.
    »Du mußt dich umziehen«, sagte sie. »Du riechst nach saurer Milch.«
    »Das lohnt jetzt nicht mehr. Reib mich mit einem Tuch ab. Ich habe heute keine Patienten.«
    »Im Wartezimmer sitzt ein junges Mädchen.«
    »Was will sie denn?«
    »Sie sagt, du hättest sie herbestellt.«
    »Ich?!«
    »Wegen der freien Sekretärinnenstelle.«
    »Wie heißt sie?«
    »Lulu.«
    »Lulu — und wie noch?«
    »Nur Lulu«, sagte Sylvia und blickte mich forschend an.
    Ich knöpfte nach den Tönen des Kinderlieds »Wer ist Mamas kleines Didel-Dum?« mein Hemd auf. Man hätte meinen können, daß Sylvia nie zuvor ein Kind gehabt hatte. Mit den Zwillingen war sie vernünftig umgegangen, war eine beinahe über-kompetente Mutter gewesen. Gegenüber unserer kleinen Adoptivtochter Eugenie schien sie alle Vernunft zu vergessen und hatte selbst Dr. Spocks »Leitfaden für Kindererziehung« völlig in den Wind geschlagen. Sie ruinierte sich völlig, ließ Eugenie nicht einen Augenblick lang schreien, ohne sie sofort auf den Arm zu nehmen, sie bewachte eifersüchtig jeden Eindringling im Kinderzimmer und gestattete keiner Menschenseele, Eugenie zu füttern.
    »Du wirst einmal ernten, was du gesät hast«, warnte ich sie, aber sie war zu vernarrt in Eugenie, ihren kleinen Liebling, um auf meine Warnung zu hören.
    Ich nahm an, daß ich nach Freds Auftreten auf alles gefaßt zu sein hatte. Meine letzte Sprechstundenhilfe, Miss Simms, blond, dick, fünfzigjährig und mit zwei rechten Händen versehen, war gegangen, um ihre Mutter auf der Insel Wight zu pflegen. Was meine Anzeige betraf, so hatte ich darauf nur eine Antwort, die von Fred, erhalten. Wer wollte schon in einem vorstädtischen Bezirk arbeiten, wenn die Großstadt auf einen wartete, deren Straßen bekanntlich mit Gold gepflastert sind! Wahrscheinlich ein ältliches Wesen, dessen Familie erwachsen war und das die Kurzschrift schon verlernt hatte. Ich hatte nicht mit Lulu gerechnet.
    Wie Fred schien sie mir in der Praxis völlig deplaziert. Sie schien mir eher dem Titelblatt einer Illustrierten entsprungen. Ich konnte nicht erkennen, ob sie nur ein Hemd trug, aber ich beschloß, es als eines dieser Mini-Mini-Kleider anzusehen, eine Verkürzung des Mini. Sie hatte schwarzes Haar,
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