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O-Män - fast fantastisch

O-Män - fast fantastisch

Titel: O-Män - fast fantastisch
Autoren: Residenz
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aus und verfällt ins Träumen. So könnte ein Tag im Leben von Super-Otto aussehen: Er springt dynamisch aus dem Bett, vollführt im bleichen Licht der Morgensonne diverse Freiübungen, duscht kalt (um sich abzuhärten) und gurgelt mit Papas extra-minzfrischem Mundwasser. Danach brüllt der gestählte Körper nach einem gesunden Frühstück. Schoko-Schembas, die zum Glück stark und schlau machen, sind eine gute Wahl. Super-Otto beruhigt seine besorgte Mutter, dass ihm auf dem Schulweg schon nichts passieren wird, schnallt sich sein Glitzercape um und verlässt durch das Wohnzimmerfenster die elterliche Wohnung, in der Hoffnung, dass kein Gegenwind herrscht. Die Zeit bis zur großen Pause überbrückt Super-Otto mit komplizierten taktischen Überlegungen, während er begeistert den Ausführungen seiner Lehrer lauscht. Nachdem er sich mit Vanillemilch erfrischt hat, ist es Zeit für eine erste Patrouille durch das Schulhaus. Die findet schwebend statt (wegen der Anti-Gravitations-Stiefel, natürlich!). Wie ein Adler stößt Super-Otto auf den Schüler Pfitzner hernieder, der sofort von einem verschreckten Erstklässler ablässt und winselnd davonläuft. Ist das Vormittags-Pensum erfüllt, schätzt der geschäftige Superheld es sehr, wenn ihm seine hübsche Freundin Cheyenne Blue Haselnötter den Nacken krault und ihn dabei gelegentlich mit Schokoladenstückchen füttert. Mittagspause. Jetzt gilt es, die am Vormittag verbrannten Kalorien dem gestählten Körper wieder zuzuführen. Nach einer kurzen Meditation und dem Zuklappen der Hausübungshefte macht sich Super-Otto Punkt 14:30 auf zu Professor Schläfrich. Mit scharfem Blick kauft er den beiden ostanatolischen Kampfdackeln den Schneid ab. Seine Befehle geradezu herbeisehnend, hängen sie an seinen Lippen und folgen ihm brav auf seiner täglichen Patrouille. Er durchstreift den Augarten und dessen nähere Umgebung, um dem Bösen Einhalt zu gebieten. Dabei beantwortet er ganz nebenbei unzählige SMS seiner unzähligen Verehrerinnen. Das Ende des Tages krönen tiefschürfende Gespräche mit Fräulen Rehlein, der Comic-Händlerin seines Vertrauens. Zufrieden kehrt Super-Otto pünktlich zum Abendessen zurück in die heimatlichen Gefilde. Er küsst seine alten Eltern auf die Stirn, vollführt einige Kung-Fu-Shaolin-Übungen, die Geist und Körper reinigen, und geht rechtschaffen müde zu Bett. Was für ein Held!

Mission: Superheld
    Ottos ganze Leidenschaft gilt seit einiger Zeit Comics und Filmen. Vor allem den Comics und den Filmen, in denen seltsam kostümierte Menschen seltsam kostümierte Bösewichte jagen, vorzugsweise solche mit spektakulärem Equipment. Da trifft es sich sehr gut, dass sich genau schräg gegenüber von Ottos Wohnhaus eine so genannte Romanschwemme befindet. Das ist eine sehr altmodische Einrichtung, Romanschwemmen gibt es nur noch selten. Was schade ist; es sind nämlich sehr interessante Läden. Dort kann man Comics und Heftromane aus zweiter Hand kaufen, verkaufen oder eintauschen. Diese Romanschwemme hat sogar DVDs im Angebot, ebenfalls gebraucht und deswegen taschengeldtauglicher als anderswo. Es riecht heimelig warm nach brüchigem, billigem Papier, nach Staub und ein bisschen nach Moder. Dazu weht ein zarter Hauch nach Tannen und Fichten durch den Laden; der kommt von den Duftbäumen, die die Besitzerin, Fräulein Rehlein, zur Mottenabwehr in den Regalen verteilt.
    Otto verehrt Fräulein Rehlein, denn sie weiß sehr gut, was sie verkauft. Sie ist sozusagen mit den gängigen Superhelden auf Du und Du und gibt immer die besten Empfehlungen ab. Otto hilft manchmal im Laden aus, und das sehr gerne; da darf er die neuesten Lieferungen als Erster durchstöbern. Fräulein Rehlein sieht einigermaßen abenteuerlich aus, mit ihrem faltigen Gesicht unter der riesigen, auftoupierten Frisur. Sie trägt gerne viel bunten Schmuck, der bei jeder Bewegung glitzert und leise klingelt. Außerdem spricht Fräulein Rehlein seltsam verdreht. Das findet Otto sehr interessant. Toll und bedeutungsvoll. Es hat schon fast etwas Feierliches, wenn Fräulein Rehlein, eine filterlose Zigarette zwischen den Lippen, drei riesige, goldene Armreifen mit bunten Steinen ums magere Handgelenk, das Comicheft eintütet, das Otto – nach ausführlicher, halblaut geführter Diskussion mit sich selbst – erstanden hat. Wenn sie krächzt: „Zwei Euro es geradeaus macht, das Comicheft, junger Ondruschka! Einen guten Tag ich noch wünsche!“ Nach solch einem Einkauf bei Fräulein
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