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Nuramon

Nuramon

Titel: Nuramon
Autoren: J Sullivan
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aber war es anders. Hier in der Menschenwelt, auf ewig getrennt von Albenmark, konnte er sich den Tod nicht erlauben. Denn welcher Elfenmutter sollte er wiedergeboren werden? Ohne die verbindenden Pfade würde seine Seele den Weg nach Albenmark nicht finden, und da es in der Welt der Menschen keine anderen Alben kinder mehr gab, würde seine Seele auf der Suche nach einem neuen Körper, in den sie sich kleiden konnte, für immer ruhelos sein. Davor fürchtete er sich mehr als vor allem anderen.
    Nuramon schaute zu den Teredyrern. Zweiunddreißig Männer und Frauen, allen voran Gaeremul, warteten auf sein Zeichen. Der Mut, den er draußen an der Quelle im Wald noch in ihren Augen gesehen hatte, war längst dem Zweifel gewichen. Auch Nuramon zweifelte. Noch immer konnte er nicht fassen, dass Yangor Yurgaru, der Ratsälteste von Teredyr, sich auf seinen Plan eingelassen hatte. Es musste die Verzweiflung gewesen sein. Sonst hätten sie ihm, einem Sonderling, nicht die besten Krieger zur Seite gestellt und damit die eigenen Reihen geschwächt, um einen Überraschungsangriff zu wagen.
    Nuramon ging in die Hocke, legte die Handflächen auf den Boden, und ein Kribbeln kroch seine Arme empor. Erst als er seine magischen Kräfte fließen ließ, kehrte sich das Kribbeln um, und er spürte die Albenpfade und den Albenstern. Die Zauberwege trafen nicht nur hier aufeinander, sondern auch draußen in Dayra, der Welt der Menschen, die er früher meist Die Andere Welt genannt hatte. Sein Blick verschwamm, als er sich mit seinen magischen Sinnen darauf konzentrierte, was an ihrem Bestimmungsort vor sich ging. Schließlich sah er es: Das rote Banner der Feinde wehte im Wind, keine zwanzig Schritte entfernt von dem Albenstern, aus dem sie heraustreten würden. Es war das Hauptlager der Feinde.
    Nuramon löste sich vom Boden, dann trat er bis an den Albenpfad heran, der senkrecht emporführte und den das Tor, das er schaffen wollte, scheinbar verdrängen würde. Schließlich nickte er Gaeremul zu.
    »Macht euch bereit«, rief dieser und schlug mit der Faust klatschend in die Hand. Die Krieger sammelten sich, prüften ihre Waffen, und manche beteten sogar zu ihren Ahnen. »Für Teredyr!«, sprachen sie einander zu und klopften sich gegenseitig auf die Schultern. Nur Nuramon zu berühren wagte keiner von ihnen.
    Als die Krieger sich in seinem Rücken gesammelt hatten, konzentrierte Nuramon sich auf den Torzauber. Er hatte ihn oft gesprochen. Die alten Fehler mit den Folgen, die ihn und seine ehemaligen Ge fährten zu Opfern der Zeit gemacht hatten, vermied er. Ein ungeübter oder geschwächter Zauberer mochte versagen, und dann vergingen beim Überschreiten der Schwelle mit einem Augenblick Stunden, Monate oder sogar Jahre. Doch hier gab es keine magischen Fesseln, die den Albenstern umgaben; hier gab es nur die sich kreuzenden Lichtpfade, die seinen Zauber begierig aufnahmen. Nuramon wandte viel magische Kraft auf, damit das Tor lange genug geöffnet bleiben würde. Er spürte die Pforte, noch ehe sie sich aus dem Boden erhob und den senkrechten Albenpfad überdeckte. Das Licht des Tores schob sich einfach über das Grau des Zauberpfades.
    Nuramon zog sein Schwert. Es war eine magische Klinge, die Jahrtausende überdauert hatte. Als Emerelle noch nicht Königin von Albenmark gewesen war, hatte er zu ihren Kampfgefährten gezählt, und sie hatte ihm dieses Schwert zum Geschenk gemacht. Die Teredyrer schauten neugierig auf die makellose Waffe, und Nuramon hob sie und wandte sich dem Licht zu, um hindurchzuschreiten, doch Yargir kam ihm zuvor. »Bei Warlyrn!«, rief er und stürmte voran. Der Name seines Urahnen war nicht einmal verklungen, da war Yargir bereits im Weiß des Tores verschwunden.
    Nuramon folgte ihm, und kaum war er vom Licht umfangen, spürte er die Welt der Menschen. Wiesenduft stieg ihm in die Nase, Angstschreie schwollen zu einem gewaltigen Chor an. Wie ein Fä cher öffnete sich der wolkenlose Sommerhimmel über ihm, während der Boden aus der Tiefe zu ihm emporzuschießen schien; gerade rechtzeitig, dass seine Füße festen Grund fanden. Hügel und Berge rasten über das grüne Grasland herbei und verharrten in der Distanz. Zugleich schoben sich regungslose Gestalten aus dem Boden. Als wären sie auf einen Schlag erwacht, rührten sie sich und wichen zurück.
    Es waren die Krieger aus dem Königreich Varmul, die Feinde, die es zu besiegen galt. Das Licht des Tores strahlte auf ihren Gesichtern und funkelte in ihren Augen
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