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Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Titel: Nur wenn du mich hältst (German Edition)
Autoren: Susan Wiggs
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hatte alle Begriffe richtig, bis auf exhumiert . Sie ließ es ihn drei Mal buchstabieren und dann in einen Satz einsetzen. Die Katzen exhumierten einen toten Fisch und hatten ein übel riechendes Festmahl .
    Es war ein ganz normaler Morgen, und er hätte die Einzelheiten vermutlich längst vergessen, wenn sich nicht im Nachhinein herausgestellt hätte, dass es ihr letzter gemeinsamer Tag gewesen war. Er war wie immer zur Schule gegangen, hatte sich wie jeden Tag mehr schlecht als recht durch Unterricht, Lunch, Pausen und Hausaufgabenzeit geschlagen. Der Albtraum begann in der letzten Stunde. Mrs Alvarez kam und holte ihn aus dem Naturwissenschaftsunterricht heraus. Die Assistenzlehrerin erklärte ihm, dass es in der Verpackungsfirma seiner Mutter eine Razzia gegeben hatte und dass seine Mutter dem ICE – dem Immigration and Customs Enforcement, der Einwanderungs- und Zollbehörde – übergeben worden war.
    AJ hatte nie wirklich über das Wort verhaftet nachgedacht, doch er lernte schnell, dass es im Falle seiner Mutter hieß, dass sie wie vom Erdboden verschwunden war.
    Anfänglich hatte Mrs Alvarez nicht sonderlich besorgt gewirkt. Sie war sicher gewesen, dass man jemanden schicken würde, der sich um ihn kümmerte. Beinahe jeder hatte Verwandte oder Leute aus der Kirche. Alle bis auf ihn. Er war das einzige Kind eines Einzelkindes. Seine Großmutter lebte auf der mexikanischen Seite des Tals. Bruno, sein ehemaliger Stiefvater, hatte sich seit seinem Auszug nicht mehr blicken lassen. Das war schließlich der Grund dafür, dass er in ein Flugzeug Richtung Norden gesetzt worden war, um zu einem Vater zu fliegen, den er noch nie getroffen hatte.
    „Das ist echt irre“, sagte Chelsea. „Und total unfair. Sie hat doch nichts falsch gemacht.“
    Zu schade, dass Chelseas Meinung nicht zählte.
    Ohne dass er sie eingeladen hatte, zog sie sich einen Stuhl zu ihm heran und fing an, im Internet zu surfen. Sie war wie ein Hund auf der Suche nach einem Knochen und tippte Wörter wie Einwanderungsgesetz und Einbürgerung ein und versuchte herauszufinden, wie es sein konnte, dass seine Mom an einem Tag noch wie ein ganz normaler Mensch gelebt hatte und am nächsten wie eine Verbrecherin behandelt wurde. Wie er wollte sie hauptsächlich herausfinden, wie man es ihr ermöglichen könnte, in die USA zurückzukehren und zu bleiben.
    „Schreiben wir einen Brief an euren Kongressabgeordneten. Wie heißt er?“
    „Keine Ahnung.“
    „Dann finden wir es heraus.“
    Chelsea war mit dem Internet ziemlich gut, und innerhalb kürzester Zeit hatte sie über die Website einem Abgeordneten und dem Senator von Texas eine E-Mail geschickt. Die gleiche Nachricht ging auch an die Abgeordneten von New York raus.
    „Hier steht, gewisse medizinische Fälle rechtfertigen eine Ausnahmegenehmigung“, fuhr Chelsea fort, „wenn es eine Krankheit ist, die nur ein besonderer Arzt in den USA behandeln kann.“ Beide beugten sich näher zum Bildschirm und starrten auf die Vorher-Nachher-Fotos von siamesischen Zwillingen, die operativ getrennt worden waren. Die Familie stammte von einem entfernten Atoll im Pazifik, und die Operation war von einem berühmten Chirurgen am Vanderbilt durchgeführt worden.
    „Das ist nichts, was meiner Mom helfen kann“, sagte AJ. Er war erleichtert, als Chelsea diese Website schloss. Obwohl die Geschichte ein Happy End hatte, hatten ihn die Fotos verstört.
    „Kann sie beweisen, dass ihr in ihrem Land Gefahr droht?“, fragte Chelsea. „Wie wäre es, wenn sie vorübergehendes Asyl beantragt?“
    Asyl. Das Wort hatte letzte Woche auf der Vokabelliste gestanden. Ein Ort, an dem verrückte Menschen festgehalten wurden. Die Verrückten haben die Kontrolle über das Asyl übernommen .
    „Das geht nicht“, sagte er.
    „Wie wäre es denn hiermit? Bingo.“ Sie druckte eine Seite aus und reichte sie ihm. „Gib das Bo.“
    AJ überflog den Artikel. „Ja, sicher. Er heiratet sie, damit sie in den USA bleiben kann.“
    „Das könnte funktionieren.“
    „Oder auch nicht.“
    „Hast du schon mal mit ihm darüber gesprochen?“
    AJ fiel es schwer, überhaupt über irgendetwas mit Bo zu sprechen. Ab und zu gelang es ihnen, eine Verbindung zueinander herzustellen, wie zum Beispiel, als sie den Schneemann gebaut hatten. Und an dem Tag, an dem Bo nach New York gekommen war, um ihn zu holen. Da hatte er eine Verbindung gespürt und sich in seinen Armen sicher gefühlt. Diese Umarmung war gut und tröstend gewesen. In solchen
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