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Nur Fuer Schokolade

Nur Fuer Schokolade

Titel: Nur Fuer Schokolade
Autoren: Jaques Buval
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Verzögerung.
    Dieses Gutachten sagt aus, daß sein intellektuelles Niveau im Grenzgebiet zur geistigen Behinderung liege. Im Moment der Vergewaltigung war seine Zurechnungsfähigkeit jedoch nicht eingegrenzt.
    Die Ärzte stellen fest, daß es sich bei ihm nicht um eine primitive Persönlichkeit handelt, vielmehr sei er sehr berechnend. Er könne als äußerst brutal angesehen werden, da er seine Triebe wohl nicht immer zügeln könne. Man glaubt zu erkennen, daß Leszek noch zu weit schwereren Verbrechen fähig ist. Man ist der Überzeugung, daß diese Tat keine Einzeltat war oder bleiben wird und geht davon aus, daß ihm ein solches Verbrechen jederzeit wieder zuzutrauen wäre.
    Während des Aufenthaltes in der Klinik lernt Leszek eine sehr viel ältere Frau kennen. Renata, die am Down-Syndrom leidet, merkt, daß dieser Mann sehr nett zu ihr ist, und sie verbringt jede freie Minute mit ihm. Er fragt sie immer wieder, ob sie ihn heiraten würde, und das gefällt Renata. Allmählich fällt auch dem Personal das Geplänkel der beiden auf, und sie melden es den Ärzten, die für Leszek zuständig sind. Niemand versteht, wie die beiden zusammenkommen konnten, und doch weiß jeder in der Klinik, daß zwischen der Frauen- und Männerabteilung nicht einmal eine Tür ist. Man legt Leszek nahe, jeden Kontakt mit dieser Frau zu unterlassen, versorgt Renata jedoch mit Antibabypillen.
    Wieder einmal treffen sich die beiden später heimlich in einer größeren Kammer für Reinigungsmittel. Leszek ist am Ziel seiner Wünsche. Daß sie seinen Vorstellungen ohne Widerwillen entgegenkommt, gefällt ihm und er fragt sie:
    »Willst du mich heiraten?«
    Diesmal erhält er auch sofort Antwort. Leszek ist verblüfft, zum erstenmal in seinem Leben vernimmt er: »Ja, sofort!«
    Leszek fühlt sich wie im Himmel, endlich hat er eine Frau gefunden, die ihn heiraten möchte. Endlich, scheint ihm, ist die Zeit der Einsamkeit vorbei. Freudestrahlend vertraut er sich einem Arzt der Klinik an. Immer wieder will er ihm klarmachen, wie sich nun sein Leben verändern wird. Doch der Arzt reißt ihn aus allen Träumen. »Leszek. ihre Freundin Renata ist geistig gestört, und deshalb ist es nicht leicht, sie zu heiraten.«
    Da unterbricht ihn Leszek: »Das macht mir nichts aus. Ich will sie und sie mich auch. Also lassen Sie uns heiraten!«
    »Nein, Renata kann nicht heiraten, da muß ihr Vormund einwilligen, und das ist nicht so einfach, wie Sie glauben.«
    Der Arzt verweist Leszek an die Caritas, die ein Büro in der Klinik hat, um zu überprüfen, ob eine solche Ehe möglich ist.

    Im August wird Leszek entlassen und erfährt durch die Caritas, daß eine Hochzeit zwischen ihm und Renata niemals genehmigt werden wird und jeglicher Kontakt mit ihr unterbunden werden muß. Leszek ist verärgert. Er geht niemals mehr in diese Klinik.
    Die Freundlichkeit seinen Mitmenschen gegenüber indes wird immer ausgeprägter. Er versteht es, mit seiner Höflichkeit gerade ältere Menschen für sich zu gewinnen. Was soll dieser nette und einfältige Mensch anderen auch antun, ist er doch selbst ein so »armes Schwein«. Wie sehr er alle mit seiner Art blendet, sollte sich erst sehr viel später herausstellen.
    So ziehen Monate ins Land, und Leszek genießt jeden Tag auf seine Art. Er streicht von Ort zu Ort und vagabundiert »durch mein Land«, wie er später immer sagt. Sein Land und alles darin gehört ihm, ist sein Eigentum. Leszek bereist ganz Polen, oft zu Fuß, und wenn es der Geldbeutel erlaubt, fährt er auch mit der Bahn oder dem Bus. Von Ort zu Ort, von Stadt zu Stadt, er fühlt sich überall zu Hause.
    Meist reicht seine Rente nicht, weshalb er immer wieder betteln muß. Und immer wieder zieht es ihn zurück nach Osieki. seinen Geburtsort, wo sein Onkel Bogdan die Dachkammer für ihn freihält. Wenn es eine feste Station im Leben von Leszek Pekalski gibt, einen Ort, wo er sich immer wieder wohlfühlt, dann ist es diese kleine Kammer.
    Bogdan lebt schon viele Jahre alleine in seinem Haus und ist froh, ab und zu durch seinen Neffen Leben in sein sonst so ruhiges Zuhause zu bringen. Er ist dem Alkohol verfallen.
    Wodka, sein über alle Sorgen hinweghelfendes Lebenselixier, ist fester Bestandteil seines Lebensmittellagers, auch wenn kein Brot im Hause ist.
    Im oberen Stockwerk befindet sich nur ein Raum, die kleine Dachkammer. Bogdan bemüht sich nie, diese Stufen nach oben zu gehen, um zu sehen, wie Leszek dort haust. Die Einrichtung kennt er, sie ist
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