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Nur für Schokolade

Nur für Schokolade

Titel: Nur für Schokolade
Autoren: Jaques Buval
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würde Leszek im Gefängnis besonders hart treffen, denn damit wäre seine Rente gestrichen und er könnte sich bis zur Abzahlung der Gesamtstrafe keinerlei Vergünstigung mehr in der Anstalt erkaufen.) Leszek Pekalski nimmt all die Ausführungen des Staatsanwaltes gelangweilt hin, er wackelt auf seinem Stuhl, gähnt und kratzt sich und verzieht geringschätzend seine Mundwinkel. Sobald ihn der Staatsanwalt anspricht, bohrt er demonstrativ in der Nase, schneidet Grimassen und lacht.
    Das Gericht beendet diesen Verhandlungstag und ordnet das Plädoyer von Leszeks Verteidigern für den nächsten Tag an.
    Der Staatsanwalt ist sichtlich geschafft, als er den Gerichtssaal verläßt. Den umstehenden Reportern gibt er nur zu verstehen:
    »Ich bin müde, sehr müde in Sachen Leszek Pekalski. Ich habe meinen Schreibtisch von allen Unterlagen des Falles befreit und warte nur noch auf das Urteil, das meiner Meinung nach nur auf lebenslängliche Haft hinauslaufen kann.«

    255
    Das Plädoyer der Verteidigung
    Die beiden Rechtsanwälte, die Leszek Pekalski zu verteidigen haben, betreten an diesem Donnerstag, dem 5. Dezember 1996, das Gerichtsgebäude und schlängeln sich durch die vielen Reporter hindurch zum Saal 114.
    Keinem der anwesenden Journalisten geben sie Auskunft, welche Strafe sie am heutigen Tage für den Angeklagten als gerecht beantragen werden. Auf die Frage: »Wie fühlt man sich, Herr Rechtsanwalt, eine solche Bestie verteidigen zu müssen?« erhält niemand eine Antwort.
    Einer der beiden Anwälte hält das Plädoyer für Leszek Pekalski, er übernimmt die Aufgabe, um die ihn niemand in diesem Saal beneidet.
    »Nein, Leszek bekam von keinem Menschen Besuch«, sagte der Gefängnisdirektor einmal. Und dies traf auch auf seine Verteidiger zu. Sie hatten, außer im Gerichtssaal, noch nie Kontakt zu Leszek Pekalski, der gespannt den Ausführungen folgt. »Die 249seitige Anklageschrift, x-mal gekürzt und verlängert, ist ein Riesenkoloß, aber dieser Koloß steht auf sehr wackeligen Beinen. Die Fundamente dieser Anklageschrift bestehen aus den Geständnissen Leszek Pekalskis zu den Taten. Alles schien gefestigt und die Polizei und die Staatsanwaltschaft fühlten sich sicher durch das Geschwätz eines Kranken. Die zittrigen Beine dieses Kolosses fielen jedoch um, durch den Widerruf Leszeks all dieser Geständnisse.
    Den größten Schaden in dieser Sache verursachte die Polizei.
    Sie hat die Beweise zu selbständig gesammelt und zu
    selbständig Entscheidungen getroffen. Wo sind die vielen Gutachten, die man hätte erstellen müssen, wo die Analysen der Gerichtsmedizin über Sperma, Blut oder Hautspuren von Opfern und Angeklagtem?
    Alles konzentrierte sich auf die Geständnisse und nicht auf Beweise, die so leicht zu beschaffen gewesen wären.

    256
    Eineinhalb Jahre schickt man Leszek Pekalski von einer psychiatrischen Anstalt zur anderen. Verwirrt von allen fremden Einwirkungen und anderen Patienten gesteht er erneut und widerruft zugleich.
    Jedes Polizeirevier in Polen suchte nach einem Mord, den man diesem Angeklagten unterjubeln könnte, nur um die Aufklärungsrate in die Höhe zu schrauben. Längst war ein Opfer gefunden, um sich selbst von der Unfähigkeit
    reinzuwaschen. Ein Schuldiger war gefunden für alles, was in Polen an Morden verübt wurde, aber einen Beweis hat man nicht gesucht, nur Geständnisse. Im Falle Iwona R. gesteht der Angeklagte in einer Rekonstruktion mit dem Herrn Staatsanwalt, daß er die junge Frau getötet und ihr eine Uhr abge-nommen hat, die er verschenkt habe. Der Herr Staatsanwalt erkundigt sich nach der Farbe der Uhr, dem Zifferblatt, aber nach der Zeugin, die bestätigen könnte; daß sie die Uhr erhalten hat, wird nie gefragt oder ermittelt. Leszek gesteht in diesem Falle, das Opfer mit dem Handtaschengurt ermordet zu haben und demonstriert es auch noch vor der Staatsanwaltschaft und der Polizei, aber ein gerichtsmedizinisches Gutachten, daß das Opfer mit diesem Gurt wirklich getötet wurde, wurde nicht eingeholt, obwohl das Beweisstück
    vorhanden war. Es wäre eine Leichtigkeit gewesen, einen echten Beweis gegen Leszek Pekalski zu bekommen, doch man verzichtete darauf, es genügte ja das Geständnis.
    Was wäre denn gewesen, wenn einer der Gutachter Leszek Pekalski für unzurechnungsfähig erklärt hätte?
    Hat man dabei, als man den Angeklagten von einem
    Psychiater zum anderen geschickt hat, nie daran gedacht?
    Die Staatsanwaltschaft hätte es dann schriftlich gehabt, daß all
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