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Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)

Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)

Titel: Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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hinweg, bis er Lee entdeckte.
    Mit einem kleinen, höflichen Lächeln auf den Lippen beobachtete sie den Sprecher, doch ihr Blick verriet sie. Er war dunkel und eifrig. Im Schoß öffnete und schloss sich ihre Hand um einen Bleistift. Ein Bündel von Nerven und Energie, eingehüllt in eine sehr dünne Schicht Selbstvertrauen, dachte er.
    Zum zweiten Mal spürte Lee seinen Blick, und zum zweiten Mal musste sie sich umdrehen, und ihre Blicke trafen sich. Wieder tauchte die schwache Linie zwischen ihren Brauen auf, als sie sich ganz offensichtlich fragte, was er hier im Saal mache. Lässig an die Wand gelehnt, starrte Hunter zurück.
    „Seine Karriere stieg unaufhörlich, seit der Veröffentlichung seines ersten Buches vor erst fünf Jahren. Seit diesem ersten Titel, ,Was dem Teufel gebührt’ hat er uns das Vergnügen bereitet, uns mit jedem neuen Buch in Angst und Schrecken zu versetzen.“ Bei der Erwähnung des Titels verstärkte sich das Gemurmel. Hunter blickte weiter unverwandt zu Lee und sie blickte stirnrunzelnd zurück. „Sein letztes Buch ,Der stille Schrei’, steht immer noch unanfechtbar auf Platz eins der Bestsellerlisten. Wir fühlen uns besonders geehrt, bei uns in Flagstaff diesen Schriftsteller begrüßen zu dürfen – Hunter Brown.“
    Zweihundert Menschen klatschten überschwänglich und füllten den Saal mit gespannter Erwartung. Lässig löste sich Hunter von der Wand und ging auf die Bühne zu. Er sah, wie der Bleistift aus Lees Hand auf den Boden fiel. Hunter bückte sich und hob ihn auf.
    „Halten Sie sich besser daran fest.“ Fest sah er in ihre großen Augen, die das Staunen nicht verbergen konnten. Als er ihr den Stift zurückgab, wurde aus ihrem Staunen Wut.
    „Sie sind ein …“
    „Ja, aber sagen Sie es mir lieber später.“ Hunter stieg die Bühne hinauf, trat hinter das Podium und wartete auf das Ende des begeisterten Applauses. Wieder ließ er den Blick über dieMenge wandern, dieses Mal mit einer so ruhigen Intensität, dass alle Geräusche erstarben. Man hätte eine Stecknadel zu Boden fallen hören können, als er mit seinem Vortrag begann.
    Vom ersten Wort an hatte er sie in seinem Bann und hielt sie vierzig Minuten lang gefangen. Niemand lehnte sich zurück, niemand gähnte, niemand schlich schnell für eine Zigarette hinaus. Mit zusammengebissenen Zähnen wusste Lee, dass sie ihn verachtete.
    Gegen den Drang ankämpfend, aufzuspringen und hinauszumarschieren, saß Lee steif auf ihrem Stuhl und machte sich peinlich genaue Notizen. An den Seitenrand kritzelte sie eine perfekt wiedererkennbare Karikatur von Hunter hin – mit einem Dolch durch den Kopf. Das vermittelte ihr große Befriedigung.
    Als er zehn Minuten für Fragen bewilligte, war Lees Hand die erste, die in die Luft schoss. Hunter sah sie direkt an, lächelte und rief jemanden drei Reihen hinter ihr auf.
    Professionelle Fragen beantwortete er professionell, persönlichen wich er aus. Lee musste widerstrebend sein Geschick darin bewundern. Er verriet keine Unsicherheit, zeigte kein Zögern und absolut keine Neigung, sie aufzurufen, obwohl ihre Hand unablässig oben war und ihre Augen ihm giftige, kleine Pfeile zuschossen. Ich bin Reporterin, erinnerte sich Lee. Reporter kommen zu nichts, wenn sie auf Höflichkeit bauen.
    „Mr. Brown“, begann Lee unaufgefordert und erhob sich.
    „Entschuldigung.“ Bedächtig lächelnd, wehrte er mit einer Handbewegung ab. „Ich fürchte, wir sind schon über die Zeit. Viel Glück für Sie alle.“ Unter jubelndem Applaus verließ er das Podium und den Raum. Als sich Lee endlich zum Ausgang durchgekämpft hatte, hatte sie von allen Seiten genügend Lob über Hunter Brown gehört, um ihre schon brodelnde Wut zum Kochen zu bringen.
    Diese Frechheit, dachte sie, als sie es schließlich bis zum Gang geschafft hatte. Diese unglaubliche Frechheit. Es machte ihr nichts aus, im Schachspiel zu verlieren. Sie konnte damitumgehen, in ihrer Arbeit kritisiert und in ihrer Meinung in Frage gestellt zu werden. Insgesamt hielt sich Lee selbst für einen vernünftigen Menschen mit einem normalen Anteil an Eitelkeit. Das Einzige, was sie nicht hinnehmen konnte, nicht würde, war, sich zum Narren halten zu lassen.
    Rachegedanken drängten sich ihr auf, hässliche, gemeine Rachegedanken. Oh ja, dachte sie, als sie sich durch die dichte Menge von Hunter Browns Fans kämpfte, ich werde meine Rache bekommen, irgendwie, auf irgendeinem Weg.
    Jetzt musste sie erst einmal allein sein, um ihre hitzige
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