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Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci

Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci

Titel: Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci
Autoren: John Vermeulen
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Vorwort

    Bis zum heutigen Tag forschen Kunstexperten und solche, die sich dafür halten, ja sogar ernsthafte Historiker nach verborgenen Bedeutungen im Werk Leonardo da Vincis, und Romanautoren machen gerne von diesem geheimnisumwitterten Stoff Gebrauch. Nicht von ungefähr hat jüngst der »Da Vinci Code« einen gewaltigen Kassenerfolg erzielt.
    Natürlich war Leonardo nicht irgendwer. Man kann ihn zweifellos nicht nur als Künstler, sondern auch – oder vielleicht sogar vor allem – als Wissenschaftler und Techniker genial nennen. Lebte er heute, hätte er wahrscheinlich den Stellenwert eines Einstein oder eines Hawking. Viele seiner erstaunlichen Erfindungen waren ihrer Zeit voraus und ließen sich nur deshalb nicht verwirklichen, weil das technische Umfeld im ausgehenden fünfzehnten und beginnenden sechzehnten Jahrhundert bei weitem noch nicht reif dafür war. Eine besondere Obsession Leonardos war zum Beispiel die Kunst des Fliegens. Er entwarf die verschiedensten »Flugmaschinen« bis hin zu einem Helikopter und soll sogar einige davon gebaut haben. Ob er je eine tatsächlich ausprobiert hat, ist unter Historikern freilich strittig. Manche halten es für denkbar – Leonardo soll damit einen Berg hinuntergesegelt sein –, andere tun es als frei erfunden ab.
    Weil er sich darüber im Klaren war, dass man mit so einem Flugkörper durchaus eine Bruchlandung machen konnte, tüftelte Leonardo auch eine Art Fallschirm aus. Man hat ihn unlängst nachgebaut und ausprobiert, und er funktionierte tatsächlich. Ferner scheint Leonardo so etwas wie einen automatischen Menschen entwickelt zu haben, den allerersten Roboter der Geschichte. Für das Theater konzipierte er raffinierte bewegliche Kulissen. Er entwarf Brücken und Schleusen und Pumpen, wie sie zum Beispiel noch heute rund um Antwerpen dazu dienen, die E17 trockenzulegen. Einen Panzerwagen hat er sich ausgedacht und eine Metalllegierung für Achslager, die das Schmieren überflüssig machte.
    Revolutionäre Erfindungen zuhauf, und als wäre das nicht schon genug, war Leonardo, ohne je eine dahingehende Ausbildung gemacht zu haben, Mathematiker und Anatom. Aufgrund seiner Leichensektionen barg der menschliche Körper für ihn wahrscheinlich weniger Geheimnisse als für so manchen Mediziner seiner Zeit.
    Das faszinierendste künstlerische Werk Leonardo da Vincis dürfte nach wie vor seine Mona Lisa sein, von ihm selbst wohl seinerzeit La Gioconda tituliert. Über die Identität dieser Lisa und ihr rätselhaftes Lächeln haben sich schon unzählige seriöse und weniger seriöse Experten den Kopf zerbrochen. Im vorliegenden Buch werden Sie nun endlich mehr darüber erfahren, denn die Diskussionen und Kontroversen in der Welt der »Spezialisten« kommen dem Romanschreiber, der sich die interessantesten Möglichkeiten herauspicken kann, natürlich sehr gelegen.
    Wie in allen meinen historischen Romanen ist es mir jedoch vor allem darum gegangen, das Wesen des Menschen Leonardo da Vinci zu ergründen, mir vorzustellen, wie er war und wie er redete und agierte, wie er zu seiner Zeit, in der das sicherlich nicht leicht war, mit seiner Homosexualität umging und auch mit seiner Einsamkeit, nachdem er als uneheliches Kind von seiner Mutter verstoßen worden war. Ich habe mir ausgemalt, wie wohl sein Umgang mit seinen weiblichen Modellen ausgesehen hat, zumal er ja ein sehr attraktiver Mann gewesen sein soll, und wie es bei seinen Aufenthalten an verschiedenen Herrscherhöfen zugegangen sein könnte.
    Bei alledem habe ich natürlich immer die bekannten Daten und Fakten berücksichtigt, denn wie Leonardo da Vinci gesagt haben könnte: Auch die schlichte Wahrheit muss nicht langweilig sein.

    John Vermeulen, Mai 2009

1

    Es hatte morgens sachte geregnet, willkommener Niederschlag für die reiche Vegetation in der Umgebung von Vinci. Aber nun stachen die ersten Sonnenstrahlen durch eine tiefblaue Wolkenlücke. Vom Hof, ja sogar von der Fassade des aus dem örtlichen gelbgrauen Stein erbauten Pächterhauses stieg feiner Dampf auf. Die feuchte Luft duftete stark nach Lavendel und Minze.
    Caterina schob den Holzwagen mit ihrem Jungen in die Sonne hinaus und schloss die Haustür hinter sich. Seit Leonardo wenige Wochen alt war, hatte sie es sich angewöhnt, regelmäßig einen langen Spaziergang mit ihm zu machen. Immer stieg sie die nächstgelegene Anhöhe hinauf, um dort den kleinen Leonardo auf den Arm zu nehmen und mit ihm auf den bunten Flickenteppich der Ländereien und
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