Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition)
Autoren: Christos Tsiolkas
Vom Netzwerk:
und frisch. »Und kauf du dir auch eins.«
    Richie nickte. Fußball, Eis essen, spazieren gehen. Das war alles, was er wollte, wieder Kind sein. Er wünschte, Rosie würde ihn nie mehr loslassen.
    »Gegen elf müsste ich fertig sein.«
    »Kein Problem. Ich bin gern mit Hugo zusammen.«
    »Er auch mit dir.«
    »Weil er ein Frechdachs ist.« Er fuhr Hugo durchs Haar. »Stimmt doch, oder, Kumpel? Du bist doch ein kleiner Frechdachs?«
    »Ich bin kein Frechdachs«, protestierte er gut gelaunt. Richie wartete mit Rosie auf der Veranda, während Hugo seinen Ball suchte. Die Sonne brannte vom Himmel, es war jetzt schon heiß. Er wollte nicht an Hector denken. Fußball, Eis essen, draußen sein. Er durfte auf keinen Fall an Hector denken. Diese Schmach war nicht zu ertragen, sie zerriss ihn förmlich.
     
    Sie spielten ungefähr eine Stunde lang im Park. Die körperliche Betätigung und die Tatsache, dass er ständig auf Hugos Launen eingehen musste, lenkten ihn so weit ab, dass er den Vorfall am Morgen vergessen konnte.
    Danach gingen sie rüber in die Queens Parade und aßen ein Eis. Während Hugo von Peter Pan und Pinocchio erzählte, piepte Richies Handy. Es war eine SMS von Lenin, der fragte, ob sie zusammen zur Arbeit gehen wollten. Richie sah auf die Uhr. Es war kurz vor elf. Er musste Hugo nach Hause bringen.
    Hugo schüttelte energisch den Kopf. »Nein, ich will noch bleiben.«
    »Tut mir leid, kleiner Mann. Ich hab es deiner Mutter versprochen.«
    Der Junge guckte böse und verschmierte mit dem Finger Eis auf dem Tisch. »Nein«, erklärte er trotzig. »Ich geh nicht nach Hause.«
    Ich will auch nicht nach Hause, kleiner Mann, am liebsten würde ich für immer mit dir hier sitzen bleiben. »Was hältst du davon, wenn ich dich huckepack nehme?«
    Hugos Gesicht hellte sich auf. »Den ganzen Weg?«
    Richie zögerte. Hugo war jetzt vier. Er war kein Baby mehr. »Bis ich umkippe.«
    Hugo schob das Eis beiseite. »Ich bin fertig«, verkündete er und stand auf.
    Richie ging in die Knie, und Hugo sprang auf seinen Rücken. »Scheiße«, stöhnte Richie, »du wirst ja immer schwerer.«
    »Du hast das S-Wort gesagt.«
    »Sei froh, dass ich nicht das F-Wort gesagt habe.«
    Hugo hielt sich an Richies Hals fest, zog sich ein Stück höher und flüsterte ihm ins Ohr. »Fuck.«
    »Psst.« Richie lachte. Er hielt Hugos Hände. »Fertig?«
    »Fertig.«
    Wiehernd setzte sich Richie in Bewegung, Hugos Jauchzen in den Ohren.
     
    Sie standen an der Ampel zur Gold Street, als Hugo den alten Mann anspuckte. Er schien direkt einem alten Schwarz-Weiß-Film entstiegen zu sein. Trotz der Hitze trug er ein Jackett, ein gebügeltes weißes Hemd mit Krawatte und einen altmodischen Hut. Sie standen nebeneinander und warteten darauf, dass es Grün wurde. Für sein Alter hielt der Mann sich ungewöhnlich gerade. Er sah Hugo an und lächelte.
    »Ich bin größer als du«, rief Hugo.
    Der alte Mann schmunzelte. »Du bist ja auch im Vorteil. Das ist ungerecht.«
    Richie hatte höflich gelacht. Plötzlich bemerkte er den entsetzten Gesichtsausdruck, er dachte, der Mann bekäme vielleicht einen Herzinfarkt, und geriet in Panik. Er wollte Hugo gerade absetzen, als er sah, wie der Alte sich die Spucke von der Wange wischte. Dem ersten Schock folgte eine kaum auszuhaltende Enttäuschung.
    Hugo brach in schallendes Gelächter aus. »Erwischt«, höhnte er.
    Der Mann antwortete nicht.
    Richie packte Hugo am Arm. »Hugo, entschuldige dich.«
    Er wandte sich an den alten Herrn. »Tut mir furchtbar leid, Sir.«
    »Nein.« Hugo hielt das Ganze immer noch für einen Witz und lachte.
    »Hugo, du entschuldigst dich jetzt sofort.« Er drückte fester zu.
    »Nein.« Hugo versuchte, seinen Arm zu befreien.
    »Sag, dass es dir leid tut.«
    »Will ich aber nicht.«
    »Sofort!«
    Hugo fing an zu zappeln, sodass Richie Angst hatte, er könnte herunterfallen. Er griff nach seinem Bein. Im selben Augenblick holte Hugo mit dem anderen Fuß aus und streifte den alten Mann an der Schulter. Wieder stand der Mann nur da und reagierte nicht. Wahrscheinlich hatte es nicht wehgetan, aber man sah ihm an, wie entsetzt und hilflos er war.
    Richie fühlte sich schuldig. Er packte Hugo, setzte ihn ab und hielt seine Hand fest. Hugo merkte, dass er offenbar zu weit gegangen war, und fing an zu schniefen und zu protestieren. Am liebsten hätte Richie ihm den Arm ausgekugelt.
    »Sir«, wiederholte Richie mit zitternder Stimme. »Es tut mir wirklich furchtbar leid.«
    Zwischendurch war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher