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Nur ein Jahr, Jessica!

Nur ein Jahr, Jessica!

Titel: Nur ein Jahr, Jessica!
Autoren: Berte Bratt
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entbehren. Falko hat Gott sei Dank keinen.“
    „Ach ja, richtig! Mein Mann hatte einen, deswegen finde ich den Vergleich gut. Im Ernst, Jessilein, das Problem ist ja furchtbar! Hast du Petersilie im Haus?“
    „Nur getrocknete. Damit kann man ihn nicht spicken.“
    „Nein, das geht nicht. Ja, was machen wir dann? Das nackte Hammelfleisch ohne Knoblauch, ohne Petersilie, Jessikind, das ist ein Kündigungsgrund! Warte mal – mach ein bißchen Speiseöl heiß und rühre etwas Majoran, Zitronensaft, Salz und Thymian hinein und reibe den Braten mit der Mischung ein. Hoffentlich wird er dann genießbar.“
    „Tausend Dank, Tante Christiane, du bist die ideale Patentante! Wie geht es euch übrigens?“
    „Oh, wir sind klein und häßlich und einsam, wir vermissen unsere Donnerstagsmädchen. Wir freuen uns auf den Semesterbeginn, wenn wir euch wiederhaben!“
    „Ihr seid rührend, Tante Christiane. Also, wieviel Öl?“
    „Eine halbe Tasse und von den Gewürzen je einen knappen Teelöffel. Kind – das ist ja nicht zu glauben, kein Knoblauch im Haus…“
    Ich hatte gerade das Teewasser aufgesetzt und holte die Butter aus dem Kühlschrank. Abends tranken Frau Ingwart und ich immer Tee bei den Fernsehnachrichten, aßen fertige Brote und hatten es urgemütlich.
    Ich mußte mich jetzt beeilen, es war schon Viertel vor acht.
    Dann hörte ich Autogeräusch. Nanu, der Wagen hielt ja hier! Besuch für uns? Das gehörte zu den ganz großen Seltenheiten. Manchmal schaute eine Nachbarin herein, aber Besuch per Auto! Und Falko war doch erst für morgen eingeladen! Ich mußte hinausschauen. Und im nächsten Augenblick hätte ich Käse, Buttermesser und Brot fallen lassen und rannte auf die Straße.
    „Tante Christiane! Ist das eine Überraschung! Was führt dich hierher?“
    „Deine Sorgen, mein Kind. Ich bringe dir Knoblauch!“
    Eine kleine Plastiktüte wurde mir in die Hand gedrückt.
    „Tante Christiane, du bist einmalig! Zwanzig Kilometer zu fahren, um einer vergeßlichen Patentochter Knoblauch zu bringen! Komm doch rein, wo ist Bicky?“
    „Zu Hause bei Isa. Ihr habt doch das Katzenvieh hier, und Bickys Verhältnis zu Katzen ist wie das eines leidenschaftlichen Anglers zu einer Bachforelle. Aber ich will euch nicht stören, Kind, ich wollte ja nur…“
    „Rede keinen Unsinn, Tante Christiane!“ Ich zog sie mit in den Hausflur.
    Frau Ingwart hatte uns wohl gehört und kam uns entgegen. „Nein, Frau von Waldenburg, wie reizend! Kommen Sie doch herein! Jessica, machen Sie schnell noch ein paar Brote zurecht!“
    Frau Ingwarts Begeisterung war so groß, daß Tante Christiane in der nächsten Minute im Schaukelstuhl saß und Frau Ingwart schon die dritte Teetasse auf den Tisch gestellt hatte.
    „Weißt du, Jessica“, Tante Christiane schmunzelte, „ich glaube, du hast Glück mit deinem Ferienjob gehabt! Bei einer solchen Hausfrau möchte ich auch Hausgehilfin sein!“
    „Du kannst dich ja darum bewerben, Tante Christiane. Beim Semesteranfang kommt Reni zurück, und ich werde entlassen.“
    „Und das ist Ihr Glück“, erklärte Frau Ingwart lachend. „Dann können Sie endlich mehr Geld verdienen und brauchen nicht für die paar lächerlichen Kröten zu arbeiten, die Sie hier als Gehalt erhalten!“
    Tante Christiane sah mich verwundert an. Ich hatte sie ja noch nicht über meine veränderten Pläne informiert! Ich hatte nur einmal mit ihr gesprochen und von meiner Eins im Physikum erzählt und gesagt, ich würde in den Semesterferien für Renis Schwiegermutter den Haushalt führen.
    Aber jetzt mußte wohl die Wahrheit heraus. Also holte ich tief Luft und begann: „Ja, siehst du, Tante Christiane, es hat sich einiges bei mir geändert. Ich werde ein Jahr mit meinem Studium aufhören und dafür Hausarbeit machen, das heißt in erster Linie kochen.“
    „Sag mal, du hast wohl einen Vogel!“ rief Tante Christiane. „Jetzt, wo du gerade deine wunderbare Eins unter Dach und Fach hast! Daß du mir bloß nicht so einen Unsinn machst!“
    „Frau von Waldenburg“, sagte Frau Ingwart mit ihrer sanften, warmen Stimme. „Ich glaube, es ist besser, daß Jessica Ihnen die ganze Geschichte erzählt!“
    „Ja, das ist bestimmt besser!“ erklärte Tante Christiane.
    Dann erzählte ich – Tante Christianes Augen wurden immer größer und immer runder. Als ich meinen Bericht beendet hatte, war sie an der Reihe, tief Luft zu holen.
    „Jessica“, sagte sie endlich, „du bist ein Schaf!“
    „Meine Eltern sind anderer
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