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Nur ein Hauch von dir

Nur ein Hauch von dir

Titel: Nur ein Hauch von dir
Autoren: S. C. Ransom
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folgten meinem Blick, und ich bemerkte, wie sie sich vor Überraschung weiteten. Seine Hand zuckte zu seinem eigenen Handgelenk, und ich sah, dass er einen identischen Armreif trug. Ein anderer Ausdruck trat auf sein Gesicht. War das Angst? Er schaute wieder mich an und kam näher.
    »Cool bleiben«, sagte ich ganz leise zu mir selbst und versuchte, ein bisschen weniger verschreckt auszusehen und dafür mehr gelassen und interessant. Ich probierte es mit einem unverbindlichen Halblächeln. Er war wirklich umwerfend attraktiv, und ich konnte mir nicht vorstellen, was er von mir wollte, doch es war die Sache wert, zu versuchen seine Aufmerksamkeit noch einen Augenblick länger zu halten.
    Er schien innerlich mit sich zu kämpfen und runzelte die Stirn, doch dann lächelte er mit einem eigenartig verwunderten Ausdruck zurück. Wenn er lächelte, war er sogar noch attraktiver – mit einem markanten kleinen Grübchen in der einen Backe und seinen blendend weißen Zähnen.
    »Hallo«, flüsterte ich und überraschte mich selbst damit. Er stand weiter da, lächelte nun etwas zuversichtlicher, sagte jedoch nichts. Das würde schwieriger werden, als ich mir vorgestellt hatte. Vielleicht sprach er gar kein Englisch?
    »Alex!«, rief eine Stimme hinter mir. Grace blickte mich ganz seltsam an. »Kommst du …?«
    »Gleich«, erwiderte ich über die Schulter und versuchte, den Blickkontakt zu meiner schweigenden Bekanntschaft nicht zu verlieren.
    »Weißt du, ich arbeite an einem Kunstprojekt …«, fing ich an, brach aber gleich wieder ab. Wie bescheuert war das denn? Nicht gerade die Art von aufregendem Gespräch, das bei jemandem wie ihm das Interesse wachhalten könnte. Erst jetzt bemerkte ich, dass er einen merkwürdigen bodenlangen Umhang trug, der mit einer dicken Kordel um den Hals befestigt war. Verrückt. Das wäre ja mal wieder typisch für mich: ein Mönch.
    Es wirkte, als wollte er etwas sagen, doch bevor er sprechen konnte, tauchte eine Gruppe deutscher Touristen mit einem Fremdenführer auf, der von dem Guckloch im Dach der Kuppel erzählte. Der Führer war direkt hinter dem Jungen, zeigte nach oben und ging rückwärts, während er zu seiner Gruppe sprach. Es war offensichtlich, dass sie gleich zusammenstoßen würden, und deshalb streckte ich instinktiv die Hand aus, um den Umhangjungen aus dem Weg zu ziehen. Doch in dem Moment, in dem ich seinen Arm berührt hätte, empfand ich ein leichtes Kribbeln, und meine Hand glitt geradewegs durch ihn hindurch. Ich zog sie zurück, als hätte ich einen elektrischen Schlag bekommen. Das war doch nicht möglich! Verwundert schaute ich den Jungen an. In seinem Gesicht kämpften verschiedene Gefühle miteinander. Eines war eindeutig Vergnügen – er lächelte –, doch gleichzeitig sah er bestürzt aus.
    Nach ein paar Sekunden gingen die Touris weiter, so dass er nicht mehr Gefahr lief, zertrampelt zu werden. Ich musste mich geirrt haben, entschied ich. Es war einfach nicht möglich, dass meine Hand wirklich durch ihn hindurchgeglitten war – Menschen waren massiv, also musste es eine rationale Erklärung geben. Ich versuchte erneut, einen guten Satz zu finden, um ins Gespräch zu kommen.
    »Ich, hm, … du hast den gleichen Armreif wie ich.« Ich zeigte auf mein Handgelenk und dann auf seines. Er blickte auf seinen Reif und dann mir direkt in die Augen.
    Er konnte nicht viel älter sein als ich, doch diese wunderschönen Augen zeigten unglaublichen Kummer und Schmerz. Er hob den Arm, um mir sein Handgelenk zu zeigen. Sein Reif schien meinem völlig zu entsprechen. Ich ging zwei Schritte auf ihn zu, um die beiden Schmuckstücke miteinander zu vergleichen. Plötzlich schien die Luft um ihn herum zu flimmern, und dann war er weg. Hektisch blickte ich mich um, doch er war vollkommen verschwunden. Stattdessen stand Grace gleich hinter mir, die Arme verschränkt und mit einem eigenartigen Ausdruck im Gesicht.
    »Wo ist er hin?«, wollte ich wissen und suchte weiter die Gruppen von Touristen ab, die an uns vorbeitrieben.
    »Wer?«, fragte Grace verwundert.
    »Dieser Typ. Der mit dem Umhang. Wo ist er hin?«
    »Ich hab keinen mit Umhang gesehen.«
    »Musst du aber. Er war direkt hier vor mir. Ich hab mit ihm gesprochen …«
    »Alex«, sanft legte Grace ihre Hand auf meinen Arm, »du hast hier ganz alleine gestanden, und hast mit dir selbst geredet. Deshalb bin ich wieder hergekommen.«
    »Aber er hat genau hier gestanden, der bestaussehendste Typ, den ich je gesehen hab
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