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Nur Dumme machen keine Fehler

Nur Dumme machen keine Fehler

Titel: Nur Dumme machen keine Fehler
Autoren: Andreas Schlueter
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Platz und vergrub den Kopf in die Hände. Schon wieder! Falsch, falsch, falsch! Immer machte sie alles falsch!
    „Ein schöner Song mit Pausengong!“, piepste es von irgendwoher.
    Johannas Gesicht hellte sich auf. Sie freute sich so sehr, diese Stimme wieder zu hören, dass sie versehentlich laut ausrief:
    „Wo steckst du?“
    Söngul schaute ihre Freundin verblüfft an. „Ich bin doch hier!“
    Johanna sah sich unauffällig nach Mörfi um. Unter dem Tisch, in der Schultasche, in ihrer Jacke ...
    „Kopf hoch!“, rief Mörfi.
    Johanna hob den Kopf und sah das kleine Fehlerteufelchen. Mörfi hockte oben auf der Tafel. Strahlend zeigte es mit seinem Fehlerwerfer auf das Pausenzeichen, das Frau Richterkamp gerade mit einem viel zu nassen Schwamm von der Tafel wischte.
    Lukas blickte zu Johanna hinüber und grinste über sein breites Pfannenkuchengesicht. Er freute sich immer königlich, wenn andere einen Fehler machten. Leider nicht auf diese Artwie Mörfi, das Fehler über alles liebte und sie für nützlich hielt. Lukas freute sich über die Fehler der anderen, weil er sich selbst dann besser auf deren Kosten in Szene setzen konnte. Er glaubte nämlich grundsätzlich, alles besser zu wissen. Mit schnipsendem Finger meldete er sich, fasste kurz zusammen, wo sie stehen geblieben waren, und machte sogleich einen Vorschlag, wie der Takt zu füllen war, den Johanna leer gelassen hatte.
    Frau Richterkamp himmelte ihren besten Schüler an. Lukas strahlte zurück. Die Lehrerin legte den Schwamm oben auf der Tafelkante ab und nahm ihre Gitarre, um die neuen Noten vorzuspielen. Sie begann am Anfang des Liedes. Wie immer. Selbst wenn nur eine einzige Note zugefügt worden war, spielte Frau Richterkamp das gesamte Stück von Anfang bis zu der neuen Note. So auch diesmal. Bereits nach dem dritten Takt hielt Mörfi sich die Ohren zu.

    „Schkrecklich!“, stöhnte es. „Schrubbeliges Geschrammel!“ Johanna musste lachen. FrauRichterkamp sah verwirrt auf, spielte aber weiter, verzupfte sich an dieser Stelle leicht und begann wegen dieses Fehlers das Stück von vorn. Genug Zeit für Mörfi, den Fehlerwerfer zu laden, kräftig hineinzupusten und die Fehlerblasen quer durchs Klassenzimmer segeln zu lassen. Einige zerplatzten auf Frau Richterkamps Gitarre, andere auf Lukas’ Gesicht und einige auf den Köpfen anderer Schüler.
    „So, alle summen und klatschen mit!“, forderte die Lehrerin die Klasse auf.
    Doch im selben Moment riss die G-Saite der Gitarre. Lukas hatte es zu spät mitbekommen.Übereifrig wie eh und je stand er auf, klatschte rhythmisch in die Hände und wollte laut unterstützend die Hymne summen. Aus seinem Kehlkopf drang nur ein quietschendes Krächzen. Er verschluckte sich und bekam einen Hustenanfall.
    Söngul piepste wie ein Mäuschen, Thomas vor ihr brummte wie ein Bär, Kerstin neben ihm summte ein ganz anderes Lied und Frau Richterkamp nieste auf die Gitarre.
    Mörfi brüllte los vor Lachen, was aber nur Johanna hörte. Doch auch Söngul prustete los ebenso wie viele andere aus der Klasse. Es war zu komisch, wie die Kinder brummten und piepsten, husteten und niesten, krächzten und pfiffen und gleichzeitig die Saiten der Gitarre eine nach der anderen zersprangen.
    Lukas sah sich hilflos um und wusste gar nicht, wie er sich in all dem Chaos ins rechte Licht setzen sollte.
    Frau Richterkamp unterbrach verärgert ihr Spiel und schalt die Kinder, dass Schadenfreudeetwas ganz und gar Abscheuliches wäre.
    Hinter ihr trat Mörfi in Aktion. Das Fehlerteufelchen hatte erkannt, dass Frau Richterkamp den nassen Tafelschwamm nicht, wie es sich gehörte, in die Wasserschale, sondern oben auf die Tafel gelegt hatte. Diesmal benötigte Mörfi nicht einmal seine Fehlerflüssigkeit. Es nahm Anlauf und sprang mit beiden Füßen übermütig seinen Fehlerwerfer schwingend auf den Schwamm. Das herausgequetschte Wasser sickerte an der Tafel herunter und löschte ebenso langsam und unmerklich wie zuverlässig sämtliche Noten an der Tafel.
    „Oh nein! Oh nein!“, rief Frau Richterkamp entsetzt. „Unser schönes Lied!“
    Doch es war schon zu spät. Alle Noten waren als hässliche, schleimige Kreidestreifen an der Tafel zur Unkenntlichkeit verlaufen.

Zengel!
    Nach der Schule konnte Mörfi sich noch immer nicht beruhigen. Es saß auf Johannas Kopf, ließ seine Beine vorn in Johannas Stirn baumeln und äffte immer wieder die verkniffene Miene der Lehrerin nach, ihren entsetzten Blick auf die Tafel, auf der die Noten
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