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Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit
Autoren: Colin Forbes
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»Dies sind die beiden einzigen Männer, die auf die Beschreibung passen«, sagte er müde. »Wir haben am Schreibtisch gesessen und gearbeitet, seit ich Ihr Zimmer verlassen habe. Daß es kein Franzose sein darf, hat die Sache nur noch schwieriger gemacht« Nash warf einen Blick auf die beiden Akten. Einer der Namen war Jules Beaurain, ein Belgier. 
    »Belgien ist nicht Frankreich«, sagte Fischer hoffnungsvoll. Der zweite Name war der, an den Nash selbst gedacht hatte.
     »Wir werden Druck ausüben müssen, um diesen Mann zu bekommen«, sagte Nash nachdenklich. »Es kann sein, daß mir gerade eingefallen ist, wie das am besten zu bewerkstelligen ist. Bringen Sie mir Einzelheiten über alle Bewerbungen von Ausländern um Sicherheitskontrakte in den USA. Bringen Sie sie gleich …«
     »Es ist Samstag …«
    »Das sehe ich auf dem Kalender. Rufen Sie die Leute zu Hause an und bringen Sie sie auf Trab. Sagen Sie, es sei ein Notfall - und grüßen Sie schön von mir …«
    »Das werden sie zu schätzen wissen«, sagte Fischer und verließ das Büro, um seine Frau anzurufen. Auch sie würde es zu schätzen wissen, da war er völlig sicher.
    Nachdem er in seinem Büro wieder allein war, zog Nash einen Kugelschreiber aus der Tasche und gab sich seiner Vorliebe für das Kritzeln von Porträts hin. Aus dem Gedächtnis zeichnete er eine Brustbild-Skizze von einem Mann, den er einmal gut gekannt und trotz einiger Meinungsverschiedenheiten respektiert hatte. Als die Skizze fertig war, fügte er eine Bildunterschrift hinzu. Alan Lennox. Abwehrexperte. Brite.
     Viertausendachthundert Kilometer entfernt, auf der anderen Seite des Atlantik, in London, war es Samstagabend, als Alan Lennox den Schlüssel in dem Chubb-Sicherheitsschloß umdrehte, prüfend an die Türklinke zu seinem Büro griff und einen Augenblick sinnend das Schild an der Wand anstarrte. Lennox Security Company Limited. An der Börse waren die Aktien auf dreieinhalb Pfund pro Stück geklettert, und es sah so aus, als würden sie noch weiter steigen; Gesellschaften, die Sicherheit verkauften, erlebten gerade einen kleinen Boom. Der Himmel mochte wissen, weshalb, aber die City machte seit kurzem einen Kult aus ihnen. Vielleicht weil sie ›exportorientiert‹ waren, wie die weisen, kleinen Männer das nannten, die Börsenempfehlungen veröffentlichten. In der ganzen Welt waren große Industriekonzerne dazu übergegangen, Briten mit der Bekämpfung von Industriespionage und der Entwicklung von Sicherheitskonzepten zu betrauen. Briten, so meinte man, seien unbestechlich. Auch eine Glaubensvorstellung. Lennox überlegte, ob es nicht ein guter Moment zum Verkaufen war - wenn er erst einmal den großen Vertrag mit dem amerikanischen Ölkonzern unter Dach und Fach hatte, um den er sich bemühte. Mit dem Vertrag in der Tasche würden die Aktienkurse in den Himmel gehen.
     Er war der einzige Mann, der sich im Gebäude aufhielt - samstags pflegten nur Geschäftsführer zu arbeiten. Er fuhr mit dem Fahrstuhl zur Leadenhall Street hinunter und ging in das Unwetter hinaus, das über London losgebrochen war. Er holte seinen Citroën DS 23 aus der Tiefgarage und fuhr durch dichte Regenschleier zu seiner Wohnung am St. James’ Place. Dabei sagte er sich, daß dieser Abend nicht dazu angetan sei, einen alleinstehenden Mann zum Ausgehen zu ermuntern. Nach der Ankunft in seiner mit antiken Möbeln eingerichteten Wohnung zog Lennox seinen Zweihundert-Guineen-Mantel aus und goß sich einen großen Scotch ein. Sein nächstes Problem: Er mußte entscheiden, ob er essen gehen oder sich ein Steak aus dem Kühlschrank grillen sollte.
     Lennox war fünfunddreißig Jahre alt und Geschäftsführer des erfolgreichsten internationalen Sicherheitsunternehmens in London. Er war ein mittelgroßer, gut gebauter Mann, der sich mit täuschender Langsamkeit bewegte; wenn es sein mußte, reagierte er schnell wie ein Fuchs. Er war dunkelhaarig und trug sein Haar kürzer, als es Mode war; seine kräftigen Augenbrauen waren ebenfalls dunkel. Seine Augen waren sein auffallendstes Merkmal: dunkel und träge, blickten sie dennoch wachsam in die Welt und nahmen nichts als selbstverständlich hin. »Es liegt in der Natur meines Jobs, mißtrauisch zu sein«, sagte er einmal. »Ein Mann namens Marc Grelle hat mir in Marseille einmal gesagt, ich hätte den Kopf eines Polizisten; ich nehme an, er hatte recht …«
     Lennox war in Paris geboren. Seine Mutter war Französin gewesen, sein Vater ein kleiner
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