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Notrufsender Gorsskij

Notrufsender Gorsskij

Titel: Notrufsender Gorsskij
Autoren: K. H. Scheer
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Ge­wiß­heit einen an­de­ren Ver­lauf ge­nom­men.
    Nun, wir hat­ten es ge­schafft. Die Mensch­heit durf­te wei­ter­hin ver­eint blei­ben, auch wenn es ihr hier und da in­fol­ge alt­ge­wohn­ter Ge­bräu­che, Kom­pe­tenz­strei­tig­kei­ten und er­neut auf­fla­ckern­der Miß­trau­ens­kund­ge­bun­gen ver­teu­felt schwer­zu­fal­len schi­en.
    Der Welt­frie­den, die große Ein­heit so­wie das ge­gen­sei­ti­ge Ver­ständ­nis wa­ren in den Ta­gen der de­ne­bi­schen In­va­si­on und des dar­auf­fol­gen­den Hyp­no­an­grif­fes ge­gen AL­LE ge­si­cher­ter und selbst­ver­ständ­li­cher ge­we­sen als in den Ta­gen und Mo­na­ten da­nach. Im noch dün­nen Ge­bälk der Ein­heit al­ler Men­schen knis­ter­te es be­reits ver­däch­tig laut; ein Re­sul­tat der ab­ge­klun­ge­nen Be­dro­hung aus dem Wel­ten­raum.
    Han­ni­bal und ich wa­ren nach dem »Fall Tor­pentouf« zur Süd­seein­sel Hen­der­won ab­kom­man­diert wor­den, um hier pa­ra­psy­chisch auf­ge­frischt zu wer­den. Na­tür­lich soll­te mit der wei­ter­füh­ren­den Schu­lung auch ei­ne Er­ho­lung und Un­ter­hal­tung ver­bun­den sein.
    Des­halb hat­ten wir uns zu ei­nem pri­va­ten Trai­ning ent schlos­sen, bei dem Mi­ke als Schieds­rich­ter fun­gie­ren soll­te.
    Der Stand­kom­man­dant, eben­falls ein Ab­wehr­of­fi­zier, gab sich be­tont zu­rück­hal­tend.
    Ich hat­te sei­nen Be­wußt­seins­in­halt te­le­pa­thisch son­diert und fest­ge­stellt, daß er die »Was­ser­köp­fe mit den Ge­ne­rals­ster­nen auf den Schul­ter­stücken« zum Teu­fel wünsch­te. Sein Pro­gramm sah an­ders aus. Au­ßer­dem ge­fiel es ihm nicht, daß Tor­pentouf ei­ni­ge Elek­tro­ni­ker zur Über­wa­chung der Schu­ß­er­geb­nis­se und Se­ri­en­auf­stel­lung ab­be­ru­fen hat­te.
    Die­ses Wis­sen hat­te mich nach­denk­lich ge­stimmt. Miß­gunst und Neid ge­hö­ren zur Psy­che des Men­schen wie Freu­de, Schmerz und Lie­be. Warum aber konn­te sich der Cap­tain nicht da­zu über­win­den, uns den klei­nen Spaß auf­rich­tig zu gön­nen? Sei­ne Ab­wehr­män­ner wa­ren froh, daß sie un­ter der Tro­pen­son­ne der süd­li­chen Halb­ku­gel nicht aus­ge­rech­net kurz nach der Mit­tags­zeit schi­ka­niert wur­den. Viel­leicht hat­te Mi­ke auch des­halb den Vor­schlag zu ei­nem pri­va­ten Trai­ning ge­macht.
    Tor­pentouf gab nicht auf. Er konn­te so hart­nä­ckig sein, daß man ihn als läs­tig emp­fand.
    »Wie­so über­se­hen, Han­ni­bal? Ich ha­be recht.«
    Han­ni­bal wink­te ab und schlen­der­te auf mich zu.
    Ich lag im Schat­ten ei­ni­ger Pal­men und blin­zel­te zu den Kro­nen hin­auf. Sie wieg­ten sich wie Traum­tän­zer im vom Pa­zi­fik ein­fal­len­den Wind. Das Licht- und Schat­ten­spiel der zwi­schen den Blät­tern hin­durch­fal­len­den Son­nen­strah­len wirk­te fas­zi­nie­rend und be­ru­hi­gend zu­gleich.
    Ru­he – das war es, was wir nach den Stra­pa­zen der letz­ten Mo­na­te such­ten und was man uns ver­spro­chen hat­te.
    Bei un­se­ren Ur­lau­ben war aber stets der »So­ge­nannt-Fak­tor« im Spiel ge­we­sen; ei­ne Be­griffs­fin­dung mei­nes Kol­le­gen Ma­jor MA-23.
    Han­ni­bal warf die läs­ti­ge Ja­cke zur Sei­te und ließ sich ne­ben mir auf die aus­ge­brei­te­te De­cke sin­ken. Wol­lüs­tig schnau­fend reck­te er die Ar­me.
    »Das Ba­by­ge­sicht will nicht be­grei­fen«, klag­te er. »Gibt es das? Er fragt doch tat­säch­lich, warum ich nicht den Ge­wehr­schüt­zen hin­ter dem Baum an­ge­nom­men ha­be.«
    »Hast du ihn denn wirk­lich recht­zei­tig ge­se­hen?« er­kun­dig­te ich mich geis­tes­ab­we­send.
    Han­ni­bal rich­te­te sich auf die El­len­bo­gen auf, dreh­te sich auf den Bauch und schau­te mir in die Au­gen.
    Sein Gnom­ge­sicht schweb­te so dicht über mir, daß ich sei­nen Atem spür­te. Aus­nahms­wei­se ver­zich­te­te er auf sein be­rühmt-be­rüch­tig­tes Grin­sen, das er im Ver­lauf der har­ten Dienst­jah­re als Mas­ke ent­wi­ckelt hät­te.
    Ihm trau­te nie­mand den GWA-Schat­ten mit un­er­hör­ten Son der voll­mach­ten zu. Ein Mann, der aus­sah wie der Klei­ne, konn­te ein­fach kein Mit­glied die­ser Ein­satz­trup­pe sein – zu­min­dest kein
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