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Nore Brand 03 - Racheläuten

Nore Brand 03 - Racheläuten

Titel: Nore Brand 03 - Racheläuten
Autoren: Marijke Schnyder
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waren offen, und Frau Schmid vom Nachbarhaus spielte mit Schwung ihre Choräle auf dem Flügel. Das würde bis zehn dauern. Dann tauchte die erste Privatschülerin auf, und der musikalische Schwung würde die Flucht durch die Hintertür ergreifen.

    Jacques schaute sie nur leicht erstaunt an, als sie wieder vor ihm stand. »Schon wieder zurück?«
    Dass sie um diese Zeit längst nach Interlaken unterwegs sein musste, war nicht bis zu ihm durchgedrungen.
    »Ich war eigentlich noch gar nicht weg«, sagte sie.
    Jacques zog die Augenbrauen hoch.
    Plötzlich schien er sich zu erinnern. »Ah, da war ja dieses Mädchen mit der Schildkröte. Hat sie das Tier wieder gefunden?«
    Nore schaute ihn fassungslos an.
    »Wir haben am Samstagabend darauf angestoßen. Du warst auch auf dem Balkon.«
    Sie dachte an die allesverschlingenden Schwarzen Löcher in seinem geistigen Universum.
    »Ja, ja, natürlich, jetzt wo du das sagst.« Jacques wandte sich ertappt ab. »Kann ich dir einen Kaffee machen?«
    »Immer, das weißt du auch«, sagte sie. Sie spürte ihre Ungeduld.
    Was hatte die Kleine gefragt? ›Wann geht er wieder?‹
    Er blieb kurz stehen.
    »Übrigens, Bastian hat angerufen. Er wollte mir nicht sagen, was los ist.«
    »Klang es dringend?«
    Er hob die Schultern. »Keine Ahnung.«
    »So etwas hört man doch aus der Stimme.«
    »Wenn ich Stimmen lesen könnte, dann hätte ich einen anderen Beruf«, erwiderte er und tauchte wieder in seine Schreibarbeit ab.
    »Noch etwas, dein Handy summt pausenlos, und du gehst nie ran.«
    Nino Zoppa hatte ihr ein neues besorgt. Gegen ein Abendessen in der Brasserie Bärengraben. Es gab doch gewisse Vorteile, musste sie zugeben. Man kam rascher an Informationen. Und mittlerweile dachte sie öfter daran, dieses Ding in ihre Tasche zu stecken.
    Man muss sich nicht gegen alles wehren. Tai-Chi sei Dank wusste sie das. Falscher Widerstand raubt deine Kräfte. Nütze den Schwung der Dinge. Bleib im Fluss der Zeit. Schone deine Kraft und gehe in den Schwung des Feindes, nimm ihn auf und schlage damit zurück.
    »Bleib im Fluss der Zeit.«
    Rätselhafte Weisheit war das, doch auf ihre Situation übertragen, bedeutete sie vermutlich ganz einfach, kauf dir ein Handy und nütze seine Vorteile. Oder so etwas ähnlich Naheliegendes.
    Der Übersetzer des Tai-Chi-Lehrbuches musste einen miserablen Tag erwischt haben.

    Bastian Bärfuss war erleichtert, als er ihre Stimme hörte.
    »Nore, endlich. Bist du schon in Interlaken?«
    Er wartete nicht auf ihre Antwort. »Hör zu, das mit diesem Kurs eilt nicht so sehr. Es wäre gut, wenn du Nino etwas auf die Finger schauen würdest. Du bist ja auf dem Laufenden über den Fall Meier.«
    »Nino muss man nicht mehr auf die Finger schauen. Er kann mehr als viele von uns«, gab sie zurück. »Gibt es denn etwas Neues?«
    Bastian Bärfuss beantwortete ihre Frage nicht. »Ich hätte die Sache selber übernehmen sollen.«
    Er war einen Moment still. »Aber ich kann nicht, Nore, ich werde es dir später erklären, es gibt Gründe. Wir müssen sehr diskret vorgehen. Immerhin geht es um TTC, eine Traditionsfirma, die wieder Tritt gefasst hat. Man redet vom Gang zur Börse.«
    Sie gab sich unbeeindruckt und unwissend. »Es wird also wieder richtig ermittelt? Aber du weißt, dass ich jetzt dabei bin, meine Ermittlungsmethoden zu überdenken und zu aktualisieren. Jetzt …«
    Bastian Bärfuss unterbrach sie ungeduldig. »Hör zu, Nore, ich werde dir Schützenhilfe geben, Nore. Falls du die brauchst. Gegenüber dem Chef, meine ich. Übrigens, ich habe gesehen, dass unser Neuer in Interlaken einen Auftritt hat. Er hat schließlich Kriminalistik studiert. Der sollte schon etwas erzählen können.«
    »Das wusste ich nicht. Schade, dass ich das verpasse. Er kann besser reden als ermitteln.«
    Bärfuss schien verunsichert. »Bist du jetzt unterwegs? Nach Interlaken?« Er lachte. »Ich würde sagen, du hast irgendwo Kaffee getrunken und Zeitung gelesen …«
    Nore Brand war drauf und dran, ihm zu erklären, wie sie die Zeit verbracht hatte. Im letzten Moment hielt sie sich zurück.
    »Nein«, unterbrach sie ihn rasch. »Ich hatte einen Grund. Es gibt Gründe, die uns schweigen lassen. Zumindest vorübergehend.«
    Sie hörte noch, wie Bastian Bärfuss die Luft einzog, dann beendete sie das Gespräch und legte das Handy auf den Tisch.
    Wie du mir, so ich dir.

    In diesem ruhigen Quartier passierten plötzlich Dinge. Der Radius betrug nicht mehr als 700 Meter. Eine Schildkröte
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