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Nora Roberts

Nora Roberts

Titel: Nora Roberts
Autoren: Töchter der See
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ein Ding der Unmöglichkeit. Und ich war ihm dankbar. Seine Eltern waren natürlich außer sich, aber er behauptete, er brächte sie schon dazu, die Sache positiv zu sehen. Und so, wie Colin nun einmal war, denke ich, hätte er es tatsächlich geschafft, hätten sie nicht auf dem Heimweg aus dem Urlaub einen tödlichen Autounfall gehabt. Also gab es nur noch uns beide und dich. Ich schwor mir, ihm ein Zuhause zu schaffen, ihm eine gute Frau und eine willige Geliebte zu sein. Ich schwor mir, nie wieder an Tommy zu denken, doch das gelang mir nicht. Ich brauchte Jahre, um zu verstehen, daß es keine Sünde, daß es nicht schändlich, daß es kein Mangel an Loyalität gegenüber meinem Ehemann war, an den Mann zu denken, der meine erste Liebe gewesen war.«
    »Gegenüber deinem Ehemann«, sagte Shannon in reglosem Ton. »Er war dein Ehemann, aber mein Vater war er nicht.«
    »Oh, doch, das war er.« Zum ersten Mal enthielt Amandas Stimme eine Spur von Zorn. »Und behaupte nie wieder etwas anderes.«
    Shannons Stimme war voller Bitterkeit, als sie erwiderte: »Du hast mir doch selbst gerade etwas anderes erzählt, oder etwa nicht?«
    »Er hat dich bereits geliebt, noch ehe du überhaupt geboren warst, hat uns beide, ohne zu zögern und ohne falschen Stolz, als seine Familie akzeptiert.« Amanda sprach so schnell, wie es ihr bei ihren Schmerzen möglich war. »Ich sage dir, es hat mich beschämt, einem Mann nachzutrauern, den ich niemals haben konnte, während einer der feinsten Männer, den man sich vorstellen konnte, an meiner Seite war. Aber am Tag deiner Geburt, als ich ihn sah, wie er dich in seinen großen, unbeholfenen Händen hielt und dich voller Bewunderung und voller Stolz betrachtete, als ich die Liebe in seinen Augen sah, mit der er dich so vorsichtig, als seist du aus Glas, hin und her zu wiegen begann, verliebte ich mich in ihn. Und von dem Tag an bis heute habe ich ihn so geliebt, wie eine Frau einen Mann überhaupt nur lieben kann. Und er war dein Vater, so wie Tommy es hätte sein wollen, aber es nicht sein konnte. Falls es für uns je irgend etwas zu bedauern gab, dann, daß wir nicht mehr Kinder haben konnten, um mit ihnen ebenso glücklich zu sein wie mit dir.«
    »Und das soll ich einfach so akzeptieren?« Sich an ihren Zorn zu klammern war weniger schmerzlich, als der Trauer nachzugeben, die sie ob der Lüge, auf die ihr Leben gegründet war, empfand. Shannon starrte die Frau im Bett an, die nun eine Fremde für sie war, ebenso wie sie sich selbst als Fremde sah. »Ich soll so weitermachen, als wäre nichts passiert?«
    »Ich möchte, daß du dir Zeit läßt, damit du es später einmal akzeptieren und vielleicht sogar verstehen kannst. Und ich möchte, daß du weißt, daß wir dich geliebt haben, alle drei.«
    Shannon sah ihre Welt als einen großen Scherbenhaufen vor sich, und all ihre Erinnerungen, alles, woran sie einmal geglaubt hatte, schienen nichts weiter als spitze Splitter zu sein, an denen sie sich schmerzlich stach. »Akzeptieren? Daß du mit einem verheirateten Mann geschlafen und dich hast schwängern lassen und, nur um dich zu retten, den ersten Mann geheiratet hast, der dich darum bat? All die Lügen, die du mir mein Leben lang erzählt hast, all die Täuschung, all den Betrug?«
    »Du hast ein Recht darauf, wütend zu sein.« Mühsam un terdrückte Amanda den körperlichen und den seelischen Schmerz.
    »Wütend? Denkst du, das, was ich empfinde, ist etwas so farbloses wie Wut? Gott, wie konntest du das nur tun?« Entsetzt und verbittert wirbelte sie auf dem Absatz herum. »Wie konntest du mir das all die Jahre verschweigen, mich all die Jahre denken lassen, ich wäre jemand, der ich nicht bin?«
    »Du bist doch dieselbe, die du immer gewesen bist«, sagte Amanda verzweifelt. »Colin und ich haben getan, was unserer Meinung nach das Beste für dich war. Wir waren uns nie sicher, wie wir es dir sagen sollten oder wann. Wir ...«
    »Ihr habt sogar darüber gesprochen?« Von ihren Gefühlen überwältigt, fuhr Shannon wieder zu der gebrechlichen Frau auf dem Bett herum. Sie verspürte das gräßliche, schockierende Bedürfnis, den zusammengesunkenen Körper zu packen und zu schütteln. »Ist heute der Tag, an dem wir Shannon erzählen, daß sie ein kleiner Fehler war, der mir an der Westküste von Irland unterlaufen ist? Oder paßt es morgen vielleicht besser?«
    »Du warst kein Fehler. Niemals. Du warst ein Wunder. Verdammt, Shannon ...« Amanda unterbrach sich und rang nach Luft, da
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