Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nomaden des Weltalls

Titel: Nomaden des Weltalls
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
mit einem selbst für Menschen ungewöhnlichen Vokabular. Sie kannte kaum mehr gebräuchliche Wörter wie ›Sichel‹, die sie nur in Nachschlagewerken gefunden haben konnte – und während der Reise las sie wenig, wenn überhaupt. Und wenn wir über philosophische Fragen diskutierten, machte sie oft sehr kluge Bemerkungen. Ich vermutete, daß sie einer ziemlich hochstehenden Kultur entstammte, die zu derjenigen der Nomaden in einer gewissen Beziehung stehen mußte.«
    »Da haben Sie durchaus recht«, sagte Esperero.
    »Ja, aber für die Nomaden waren die Lorinyaner Primitive. Sie ... Aber lassen wir das.« Trevelyan seufzte. Jedesmal, wenn man glaubte, die Realität in einem System zum Ausdruck gebracht zu haben, stolperte man über eine neue Tatsache. Der Intelligente muß wachsam sein und darf seinem eigenen Wissen nicht trauen.
    »Es wird Ihnen kein Leid geschehen«, sagte Esperero. Die Sonne ging langsam unter. Überall sah Trevelyan wimmelndes Leben – Tiere, die am Boden krochen, Bäume erkletterten oder auf Flügeln dem Himmel entgegenstrebten. Er hörte das lebhafte Zwitschern und Trillern eines Vogels, und die Alori lauschten, und einer von ihnen pfiff in den gleichen Tönen zurück. Der Vogel antwortete mit anderen Tönen. Es war fast, als sprächen sie miteinander.
    Dann stand ein großes Säugetier an ihrem Weg, das aussah wie eine anmutige Antilope mit blauem Fell. Aus der Mitte des Kopfes wuchs ein spiraliges Horn. Das Tier betrachtete sie mit ruhigen Augen. War Jagd etwas, was es bei den Alori nicht gab?
    »Micah«, sagte Nicki, die hinter Trevelyan ging, »wir Nomaden hätten erkennen müssen, daß die Lorinyaner nicht auf Rendezvous zu Hause waren. Jedes andere Wirbeltier dort hat sechs Beine.«
    Trevelyan wandte sich wieder Esperero zu. »Wo kamen Sie ursprünglich her?«
    »Von Alori. Es ist ein Planet, der – jedenfalls nach astronomischen Maßstäben – nicht allzu weit von hier entfernt ist. Aber er ist ganz anders als Ihre Erde. Deswegen hat sich unsere Zivilisation auch so verschieden von der Ihren entwickelt, daß ...« Esperero hielt inne.
    »Daß eine die andere vernichten muß?« ergänzte Trevelyan ruhig.
    »Ja, so ist es. Allerdings bedeutet das nicht die physische Vernichtung der Wesen, die diese Kultur haben.«
    »Psychisch werden Sie bei mir gar nichts ausrichten!« fauchte Nicki.
    Esperero lächelte. »Niemand wird versuchen, Sie zu irgend etwas zu zwingen. Wir möchten nur, daß Sie Ihre eigenen Schlüsse ziehen.«
    »In welcher Hinsicht sind Sie so verschieden von uns?« fragte Trevelyan.
    »Das zu erklären, würde sehr lange dauern«, sagte Esperero. »Auf eine kurze Formel gebracht ließe sich sagen, daß Ihre Zivilisation auf einer mechanischen Grundlage fußt, die unsere hingegen auf einer biologischen. Oder daß Sie die Natur zu beherrschen versuchen, während unser Bestreben nur ist, als ein Teil von ihr zu leben.«
    »Lassen wir mal die Unterschiede«, sagte Trevelyan. »Wenn Sie nichts von schöpferischem Ingenium halten – jedenfalls auf dem Gebiet des Mechanischen – wie konnten Sie dann Ihren Heimatplaneten verlassen?«
    »Es gab da ein Schiff, das vor langer Zeit landete – ein Erkundungsschiff von Tiundra mit seltsamen, haarigen kleinen Wesen darin ...«
    »Ja, ich weiß.«
    »Die Alori haben eine einheitliche Kultur. Sie entwickelten sich einheitlich, Sie aber nicht. Auch das ist ein Ausdruck der tiefen Verschiedenheit zwischen uns. Unser Volk hatte bereits die Berge erklommen, die über Aloris schützende Wolkendecke hinausragten. Es hatte die Sterne gesehen, und – mit Methoden, die anders waren als Ihre – etwas darüber gelernt. Sie machten die Tiunraner zu ihren Gefangenen und kamen zu dem Schluß, daß sie sich verteidigen mußten.«
    »Aber diese Tiunraner hatten Ihnen doch nichts getan?« meinte Sean.
    »Nein. Aber ... Sie müssen noch warten, müssen viel mehr von unserem Leben sehen. Erst dann können Sie verstehen ... Die Alori nahmen das Schiff und begaben sich damit in den Weltraum. Viele von ihnen wurden geistig oder seelisch krank in dieser fremden Umgebung und mußten zur Heilung zurückgebracht werden. Aber die anderen verfolgten weiter ihren Weg. Sie begegneten noch anderen Tiunranerschiffen – und kaperten drei davon.
    Dann kam kein Schiff von Tiunra mehr, doch wurde klar, daß viele Rassen den Weltraum befahren mußten. Manche davon würden zwangsläufig auch zu uns kommen. Und schon die bloße Tatsache, daß sie Raumschiffe bauten,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher