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Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs
Autoren: Arto Paasilinna
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schwebte über dem Hügel. Un-ten ruhte der lange Ukonjärvi-See, dessen schimmernde Eisfläche in der warmen Frühlingssonne immer dunkler wurde. Abends hackten die Männer Löcher ins Eis und fingen Hechte für eine Fischsuppe. Hinter dem proviso­
    rischen Holzlager errichteten sie zwei Mannschaftszelte als Unterkunft, und auf dem nahe gelegenen Gehöft des Bauern Matolampi konnten sie die Sauna benutzen.
    In der Woche darauf wurde das Fundament gemacht. Toropainen wies den Baggerfahrer an, in dem ungefro­ renen Sandboden für jede Ecke der Kirche eine zwei Meter tiefe Grube auszuheben. So entstanden vierund­ zwanzig Gruben, zwischen denen Sockelgräben von einem Meter Tiefe gezogen wurden. Dann wurde das Fundament verschalt. Die Männer drückten kilometer­ weise Formstahl in die Fundamentgrube, ehe die Be­ tonmasse, die Eemeli von auswärts bestellt hatte, hi­ neinkam. Dort, wo der künftige Altar stehen sollte, wurde ein Betonboden gegossen, mit einer Vertiefung zum Einmauern des Grundsteins. Dazu diente ein rus­ sischer Zinkeimer, der mit mehreren aktuellen Lokalzei­ tungen gefüllt wurde, hinzu kamen eine Kopie der Gründungsurkunde der Asser-Toropainen-Stiftung sowie die Pelzmütze, die Asser zuletzt getragen hatte. Danach hielt der Gemeindedirektor von Sotkamo eine Rede und warf ein paar Kellen Mörtel in die Grube. Eemeli fügte seinen Anteil mit der Schaufel hinzu, und der Rest wurde aus der Schubkarre hineingeschüttet. Irgendjemand schlug vor, einen Psalm zu singen, da man doch ein Gotteshaus errichte. Aus dem Gesang wurde allerdings nichts, da keiner der Männer auch nur ein einziges Wort, geschweige denn die Melodie eines Kirchenliedes kannte. Man versuchte, die Bäuerin Mato­ lampi zum Singen zu überreden, die für einen öffentli­ chen Auftritt jedoch zu schüchtern war. Doch immerhin veranlasste das Ereignis die Lokalzeitungen, Stiftungsdi­ rektor Eemeli Toropainen zu interviewen, der dabei besonders lobende Worte für seine tüchtigen und fähi­ gen Arbeiter fand.
    Das Bäumefällen am Hiidenvaara war beendet, und die Waldarbeiter kamen zur Baustelle, um Bretter und Bohlen zurechtzusägen. Eine ganze Woche lang sang die Kreissäge auf dem Kirchenhügel, und nur ein einziger kleiner Finger musste dabei dran glauben. Die Unfall­ versicherung entschädigte den Betroffenen allerdings großzügig für seinen Verlust.
    Am ersten Mai war schließlich das Fundament fertig, die Holzware gesägt und ein Drittel der Balken behauen. Eemeli Toropainen bezahlte einen Teil der Männer aus, mit den restlichen fuhr er nach Nurmes zur Maifeier. Dort, in der kleinen Provinzstadt, fand sich allerhand Zeitvertreib. Es ging sogar ziemlich hoch her. Eemeli sang, die Männer grölten.
    Nach zwei Tagen kehrten sie zu Äxten und Beilen zu­ rück. Eemeli hatte in Nurmes’ bestem Hotel übernach­ tet, die Zimmerleute im Polizeiarrest.
    In der Woche nach dem ersten Mai bestellte Eemeli Toropainen in der Denkmal- und Glockengießerei von Seinäjoki eine zweihundertzwanzig Kilo schwere Glocke für seine Kirche. Der technische Direktor der Gießerei versicherte ihm, dass der Klang einer Glocke von diesem Gewicht bei ruhigem Wetter mindestens anderthalb Kilometer weit zu hören sei. Eemeli befand das für aus­ reichend. Und der Direktor versprach, ihm die Glocke bis zum Herbst zu liefern.
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    Eine Kreuzkirche aus Balken zu errichten ist nicht ganz so einfach, wie eine Ufersauna zusammenzuhauen. Eemeli Toropainen standen jedoch erfahrene Zimmer­ leute aus seiner ehemaligen Fabrik zur Seite, die sämtli­ che Blockbautentypen beherrschten. Die Männer ent­ schieden sich für Schwalbenschwanzzimmerung. Das ist eine komplizierte dichte Fuge. Wenn das Gebäude vier­ undzwanzig Ecken hat, teils Außen- und teils Innenwin­ kel, bedeutet das eine Menge Arbeit. Anfangs wurde die Motorsäge zu Hilfe genommen, dann jedoch kam man zu dem Schluss, dass die Zimmerung schöner und dichter werde, wenn man sie von Hand machte, auch wenn es so ein wenig länger dauerte.
    Eemeli Toropainen erinnerte sich, in einem Buch ge­ lesen zu haben, dass Antti Hakala vor über zweihundert Jahren manchmal innerhalb eines Sommers einen Kirchenbau hochgezogen hatte. Natürlich hatte er dabei Männer aus der ganzen Gemeinde zur Hilfe gehabt, trotzdem musste das Arbeitstempo enorm gewesen sein. Ob vielleicht Gott persönlich mitgeholfen hatte? Egal, Eemeli beschloss, dem Beispiel zu folgen. Wenn es damals möglich gewesen war, eine Kirche in
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