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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament
Autoren: Liza Marklund
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zuckte die Achseln. Q wandte sich ab und tippte auf seinem Handy herum. Schweigend wartete sie, während Q sein Telefonat führte und genervt Befehle erteilte.
    »Sie bringen mich in eine beschissene Situation, wenn Sie mir verbieten zu schreiben«, sagte Annika.
    »Mir blutet das Herz«, sagte Q.
    »Was wird mein Chef sagen?«, fuhr Annika fort. »Was würden Ihre Vorgesetzten sagen, wenn Sie sich weigerten, in einem Verbrechen zu ermitteln, weil ich es Ihnen verboten hätte, damit ich über Sie schreiben kann?«
    Q setzte sich ebenfalls und seufzte tief.
    »Sorry«, sagte er und schaute sie ein wenig schuldbewusst an. Er zögerte einen Augenblick, dann sagte er: »Fragen Sie mich etwas, vielleicht kann ich Ihnen eine Antwort geben.«
    »Was soll das denn?«, fragte Annika.
    »Sie dürfen ja sowieso nicht drüber schreiben«, sagte er und lächelte zum ersten Mal.
    Sie dachte kurz nach.
    »Warum hat man die Schüsse nicht gehört?«, fragte sie.
    »Sie waren zu hören, Sie haben es doch selbst gesagt.«
    »Aber nur als Püffe.«
    »Eine Pistole mit Schalldämpfer passt gut in eine Handtasche, wie Sie sie beschrieben haben. Und Sie können sich wirklich nicht an ihr Aussehen erinnern? Ihre Haare oder ihr Kleid?«
    Augen, nur die Augen, und der Träger.
    »Sie muss ja Haare gehabt haben, sonst wäre es mir aufgefallen, aber ich kann mich an nichts Besonderes erinnern. Dunkel, glaube ich. Jedenfalls trug sie das Haar nicht offen. Vielleicht hatte sie es hochgesteckt? Und das Kleid? Tja, sie muss wohl ein Kleid angehabt haben. Ich habe nichts Spezielles bemerkt, also hat sie wohl ungefähr wie alle anderen ausgesehen. Wie ist sie denn in den Goldenen Saal gekommen? Wissen Sie das?«
    Q blätterte in seinen Unterlagen.
    »Wir überprüfen gerade, ob sie möglicherweise auf der Gästeliste stand, mehr wissen wir nicht. Es gibt noch andere Zeugen, die aussagen, dass die betreffende Person auch ein als Frau verkleideter Mann gewesen sein könnte. Was sagen Sie dazu?«
    Ein Mann? Annika musste kichern.
    »Es war eine Frau«, sagte sie.
    »Warum sind Sie sich da so sicher?«
    Annika betrachtete die Protokollbände von 1964.
    »Sie hat zu mir hochgeschaut, also muss sie kleiner gewesen sein als ich. Wie viele Männer sind das schon? Außerdem hat sie sich schnell und leicht bewegt.«
    »Und das tun Männer nicht?«
    »Nicht mit solchen Absätzen. Man muss schon eine Menge Übung haben, um sich darauf so frei zu bewegen wie sie.«
    »Und haben Sie ihre Absätze gesehen?«
    Annika erhob sich und hängte sich ihre Tasche über die Schulter.
    »Nein, aber ich habe davon einen blauen Fleck auf dem rechten Spann. Bitte, können wir nicht später noch mal telefonieren?«
    »Und wo wollen Sie jetzt hin?«
    Widerwillig blieb sie stehen, hatte Beklemmungen, trotz der Größe des Raums.
    »In die Redaktion. Ich muss schließlich Bescheid sagen. Oder können Sie auch ein Berufsverbot über mich verhängen?«
    »Sie müssen noch runter zur Täterprofilgruppe von der Kripo, damit die ein Phantombild erstellen können.«
    »Sind Sie wahnsinnig? In ein paar Stunden habe ich Deadline, Jansson ist wahrscheinlich schon völlig fertig.«
    Q stellte sich vor sie, er sah unendlich erschöpft aus.
    »Ich bitte Sie, meine Liebe«, sagte er.
    Die Tür wurde geöffnet, und ein uniformierter Polizist betrat den Kleinen Kollegiensaal. Einen Augenblick dachte sie, es wäre derselbe Mann, der sie schon zur Vernehmung begleitet hatte, aber es war ein anderer, seinem Kollegen zum Verwechseln ähnlich. Ein Vollblut-Schwede, ein breitschultriges Prachtexemplar frisch von der Polizeischule.
    In der Türöffnung blieb sie stehen, drehte sich um und sah den Kriminalhauptkommissar an.
    »Haben Sie mich allen Ernstes
schlagzeilengeil
genannt?«, fragte sie.
    Er winkte sie aus dem Zimmer, ohne aufzublicken.
    Sie drückte sich an dem Prachtexemplar vorbei, griff nach dem Kabel des Headsets und fischte das Handy aus den Tiefen ihrer Tasche. Der Polizist sah aus, als wollte er protestieren, doch sie richtete den Blick starr auf das Ende des Korridors und rauschte ab.
    »Wo in aller Welt hast du dich rumgetrieben?«, zischte Jansson, bevor sie etwas sagen konnte.
    »Vernehmung«, sagte sie leise und hielt das Mikrofon einen Millimeter vom Mund entfernt. »Ich hatte eine Art Feindberührung. Sie glauben, dass der Mörder mir auf den Fuß getreten hat.«
    Bei jedem Schritt mit dem linken Fuß spürte sie den Schmerz.
    »Glänzend! Seite acht und neun, was hast du sonst
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