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No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

Titel: No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)
Autoren: Marijke van Schindel , Joost Smiers
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Diskussionen, die vor allem durch die grundlegenden Veränderungen der Produktions- und Verteilungsprozesse, insbesondere auch durch deren Digitalisierung und Globalisierung erzwungen worden sind. In jüngster Zeit haben sich diese Diskussionen erheblich zugespitzt. Die gesellschaftlichen – nicht nur juristischen – Auseinandersetzungen um ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement), dem in geheimen Verhandlungen ausgehandelten, gegen die sogenannte Internetpiraterie gerichteten Abkommen, das von einigen Staaten in Abstimmung mit der Industrie geschlossen worden ist, sind dafür ebenso ein Ausdruck wie die gesetzgeberischen Verzögerungen des dritten, das Urheberrecht in der Industriegesellschaft betreffenden Korbes der deutschen Urheberrechtsreform. Und auch die Zuwendung vieler Wähler zur Piratenpartei, in deren politischen Konzepten das geistige Eigentum einen zentralen Platz einnimmt und der vorgeworfen wird, sie verträte die Generalforderung, die auch Kernthese dieses Buches ist – die Abschaffung des Urheberrechts –, zeigt die allgemeine Unsicherheit auf, die sich mit Fragen des geistigen Eigentums verbindet. Diese Unsicherheit ist nicht zuletzt auch erkennbar in einer Vielzahl urheberrechtliche Sachverhalte betreffender gerichtlicher Entscheidungen, deren Zahl erheblich zugenommen hat.
    Die diesen Diskussionen zugrunde liegenden tatsächlichen Sachverhalte sind nicht einfach zu gestalten. Sie sind verbunden mit dem grundlegenden Verhältnis von Kultur, Wissen und Eigentum im Prozess der geistigen Produktion. Es ist ganz offensichtlich, dass mit der Entwicklung der modernen Produktivkräfte ein gesellschaftlicher Zustand entstanden ist, der die Frage nach dem Verhältnis von Individualisierung und Vergesellschaftung auf historisch völlig neue Weise stellt. Mit anderen Worten besteht die Kernfrage darin, ob die Möglichkeiten der durch die modernen Produktivkräfte, insbesondere die Digitalisierung, gegebenen Vergesellschaftung der Produktion, Verbreitung und Aneignung geistiger Güter nicht in einem diametralen, ja unlösbaren Gegensatz zu der durch das Recht geschützten privateigentümlichen Aneignung der als Waren existierenden geistigen Güter steht. Dieser grundlegende Widerspruch kennzeichnet die den Gegenstand des modernen Urheberrechts bildenden hochkomplizierten Interessenverhältnisse zwischen Urhebern, Nutzern und der Verwertungsindustrie im digitalen Zeitalter. Eine vernünftige Lösung dieser Widersprüche muss darauf gerichtet sein, einerseits die bestehenden Möglichkeiten eines umfassenden Zugangs der Konsumenten zu Wissen und Kultur zu realisieren, andererseits den Urhebern eine angemessene Vergütung ihrer schöpferischen Leistung und der Verwertungsindustrie einen akzeptablen Gewinn zu sichern. Eine solche Lösung ist gegenwärtig kaum in Sicht.
    Die in der Geburtsstunde des geistigen Eigentums errichtete gesellschaftliche Barriere sicherte den Warencharakter der Ergebnisse der geistigen Produktion. Dadurch wurde dem Produzenten ermöglicht, die Aneignung der Kunstgegenstände wie auch anderer Ergebnisse der geistigen Produktion willkürlich, d. h. im Interesse seiner Verwertungsinteressen zu begrenzen. Sie besteht auch weiterhin und wird rechtlich gesichert. Technisch ist diese zunächst in der Dinghaftigkeit von Kunstwerken liegende Begrenzung, die ihre individualistische Aneignung ermöglichten, längst obsolet. Walter Benjamin hat darauf verwiesen, dass mit der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerkes die individualistischen Grenzen der Aneignung prinzipiell überwunden werden. Im digitalen Zeitalter sind diese Grenzen nicht nur prinzipiell, sondern im Wesentlichen umfassend beseitigt.
    Die gegenwärtige Diskussion über das Urheberrecht oder vielleicht besser gesagt, die rechtliche Gestaltung der interessenbegründeten Beziehungen zwischen Urhebern, Verwertern und Konsumenten muss dies im Auge haben. Sie muss sich aber auch – vor allem bei der Begrenzung zunehmend radikaler und rücksichtsloser Verwerterpositionen – darüber stärker bewusst werden, dass das Urheberrecht von Anbeginn kein Recht der Urheber, sondern der Verwerter war. Am Beginn der rechtlichen Regelung des geistigen Eigentums standen nicht die Rechte der Autoren, sondern das Gewerbemonopol der Drucker und Verleger, vor allem die diesen hoheitlich zugesicherten Druckprivilegien. Damit sich diese Privilegien als besser rechtlich zu sichernde geistige Eigentumsrechte schützen ließen, wurde der Autor
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