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nmp12

Titel: nmp12
Autoren: Unknown
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Blinddarm wird er jetzt keinen
Ärger mehr kriegen! Der Arm muß an zehn verschiedenen Stellen gebrochen sein,
aber die Hand ist in tadellosem Zustand. Keine Schramme. Eine gepflegte Hand
mit einem Siegelring. Die wächserne Hautfarbe des Todes läßt noch auf sich
warten. Noch ist die Hand sonnengebräunt. Auch das Gesicht ist gebräunt (soweit
man das beurteilen kann!). Aber damit kann man nichts anfangen. Erinnert mich
nur an den üblichen Scherz über besondere Kennzeichen: ein großer Mann mit
Armbanduhr. Jedenfalls weiß ich immer noch nicht, warum mich der Kerl von der
Achterbahn schmeißen wollte!
    „Was gefunden?“ fragt der Flic.
    „Nichts. Nie was mit ihm zu tun
gehabt. Außer eben.“
    In diesem Augenblick wird die
neugierige Menge von den Polizisten geteilt. Zwei Männer in Zivil kommen durch
die Gasse auf uns zu. Kein Zweifel, wer oder was sie sind. Plötzlich, ich weiß
nicht warum, scheint es mir so, als hätte ich diese Situation schon mal
erlebt... obwohl auf einer anderen Ebene... ein kleiner Unterschied... wie im
Traum. Mein Schutzengel und seine Kollegen grüßen militärisch die
Neuankömmlinge.
    „Also, was ist los?“ fragt
einer der beiden schroff. Ein junger Bursche, ziemlich klein, dafür aber ‘ne
große Nase. Wenn er sich schneuzt, muß er das Gefühl haben, einem Freund die
Hand zu geben.
    Man erklärt ihm, was los ist.
Ich bin natürlich der Star. Zwergnase sieht mich prüfend an. Das ist alles.
Auch die Leiche kriegt seinen Adlerblick zu spüren. Aber der ist das scheißegal.
Die spürt nichts mehr. Der Adlerblick kehrt wieder zu mir zurück.
    „Inspektor Garbois vom 12.
Arrondissement“, stellt er sich vor. „Ich würde gerne Ihre Version hören. Aus
Ihrem Mund. Mit wenigen Worten.“
    Ich geb ihm die Zusammenfassung
des Dramas. Ich geb ihm auch meine Papiere. Er sieht sie sich an, schiebt sie
in seine Tasche, brummt etwas vor sich hin. Dann brummt er etwas lauter, für
mich:
    „Üble Geschichte, was?“
    Ich widerspreche nicht.
    „Sehr gut“, urteilt er
händereibend.
    Üble Geschichten scheinen ihm
wohl zu gefallen. Er wendet sich an den denkenden Flic:
    „Den Toten schon durchsucht?“
    „Ja, Inspektor.“
    „Papiere?“
    „Hier, Inspektor.“
    Garbois überfliegt sie und
steckt sie zu meinen.
    „Geben Sie mir auch die Waffe
des Mannes.“
    Der Mann, der bin ich. Auch meine
Kanone verschwindet, hopp !, in seiner Tasche. Das sind
keine Taschen, sondern Säcke. „Die Frau?“
    „Zu Rothschild gefahren.“
    „Ausgezeichnet.“
    Das muß wohl der sein, den man
den Maigret von Bel-Air nennt. Oh, Scheiße! Bei so einem steht mir noch allerhand
bevor.
    „Ausgezeichnet. Sie sorgen
dafür, daß die Leiche und alles weggeschafft wird, ja?“
    „Ja, Inspektor.“
    „Tja, dann...“
    Garbois macht eine
weitausholende Bewegung.
    „...woll’n wir mal!“
    Das heißt: Richtung Rue du Rendez-Vous,
Kommissariat. Jedenfalls für einige. Die meisten Polizisten, ein Angestellter
der Achterbahn als Zeuge und der arme kleine Nestor. Die Achterbahn wird nicht
mitgenommen, aus Platzmangel.
    Verdammt! Wenn ich mir das
überlege... wär Hélène, dieses Biest, in dem Zug gewesen, in dem sie sitzen
sollte, dann würd ich jetzt zusammen mit ihr einen guten alten Whisky trinken,
mir ihre Geschichtchen über Cannes und Grasse anhören und das Spiel des
gedämpften Lichtes auf der gebräunten Haut ihrer Arme und ihres Dekolletés
beobachten.
    Stattdessen wär ich nicht nur
beinahe von einem Unbekannten die Achterbahn runtergeschubst worden, sondern
rase neben dem finsteren Inspektor Garbois in einem noch finsteren
Polizeiwagen, der nach Uniformstoff riecht, die Avenue du Trône entlang. Zum
Verrücktwerden.
     
    * * *
     
    Was ist los? Was ist passiert?
Die Fragen hört man heute ziemlich oft. Natürlich auch, als wir aussteigen.
Einer von den Flics, die im Kommissariat geblieben sind, opfert sich. Man
erzählt ihm, daß jemand von der Achterbahn gefallen ist.
    „Im Ernst? Sind wohl drauf
abonniert...“
    „Wieso abonniert?“
    „Na ja, letztes Jahr gab’s auch
‘n Unfall. Das junge Mädchen. Erinnerst du dich nicht?“
    „Doch, doch. Aber das war ein
Unfall. Und das Mädchen war nicht tot. Nur ziemlich ramponiert. Aber heute...
das ist schon ernster. Und komplizierter. Zwei haben sich oben geprügelt, im
Wagen. Einer ist runtergefallen. War sofort tot.“
    Und ich stehe hier und bin
nicht tot. Also kann ich nur der sein, der den anderen runtergeschmissen hat.
Neugierig werd ich
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