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nmp12

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Titel: nmp12
Autoren: Unknown
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Eva mit ihren Töchtern, nur
für Erwachsene... “
    Nicht einmal mehr das. Auch die
Gaukler sind weggezogen. Die Vertreibung aus dem Paradies, das Urteil von
Paris.

    Ich nehme den Bus Nr. 56 und
steige in St. Mandé aus, einem der ganz wenigen Vororte von Paris, die
freundlicher wirken als die Stadt intra muros, diesseits der Umgehungsstraße,
die Paris ringförmig umschließt.
    „ Von einer ländlich klingenden Kirchturmuhr schlägt es Mitternacht,
friedlich und beruhigend. Die Nacht ist rabenschwarz in der Rue
Louis-Lenormand. Keine Neonlampen. Kein Mond. Und keine Hoffnung, daß er im
Laufe der Nacht aus den dichten Wolken hervorkommt .“ ...und auch keine
Hoffnung, die Villa zu finden, in der Nestor Totenwache für Simone Blanchet
hält. Malet hat gemogelt. Eine Rue Louis-Lenormand gibt es nicht. Oder gab es
sie einmal und heißt heute Rue de l’Europe, oder so ähnlich, nachdem ja auch
schon die Straße der Republik heute den Namen des General de Gaulle trägt?
Nein, auch alteingesessene Bewohner von St. Mandé kennen keine Rue
Louis-Lenormand. Aber eine Villa, wie die von Burma beschriebene, von Malet
erdachte, die mag man sich hier schon vorstellen.

    Also doch wieder zurück nach
Paris. In die Rue du Gabon zum Beispiel. Es muß reine Willkür gewesen sein, den
kleinen westafrikanischen Staat ausgerechnet am Rande einer stillgelegten
Bahnlinie im Osten von Paris mit einem Straßennamen zu ehren. Es ist eine
Straße mit Bäumen. Das 12. sei das Arrondissement, meint Burma, mit den meisten
Bäumen. Mag sein. Mag gewesen sein. Straßenbäume, wie sie gewöhnlich und
unkorrekt heißen. Eine Bahnlinie, Straßenbäume, Häuser. Aber es fährt kein Zug
mehr vorbei. Mitte des vorigen Jahrhunderts war die „petite ceinture“
eingeweiht worden, die Ringbahn, die Paris umrundete, parallel zu den
Boulevards. Die Métro kam erst später. Aber Mitte der 30er Jahre unseres
Jahrhunderts hatten die Métro und die Autobusse die Ringbahn überflüssig
gemacht. Sie war unrentabel geworden. Schade drum. 1983 wollte der
sozialistische Oberbürgermeister-Kandidat Quilès die Ringbahn wiederauferstehen
lassen. Quilès verlor — sicher nicht wegen der Ringbahn — und seitdem verrotten
die rostigen Schienenstränge weiter vor sich hin. Im Westen, in Auteuil,
funktioniert noch eine Teilstrecke. Nur Stammkunden wissen es und nutzen sie.
    Die meisten der knapp 30
Bahnhöfe sind verschwunden. An manchen Stellen sind die Schienen und die
Viadukte auch verschüttet. Nicht so an der Rue du Gabon. Dort ist die Zeit
stehengeblieben. Auch wenn natürlich kein Schild an der Haustür den Namen von
Charles Montolieu trägt. Seltsam — an einer Phantomstrecke zu wohnen, deren
Schienen keinen Zug mehr führen, seit mehr als fünfzig Jahren. Endstation
Sehnsucht? Nicht einmal eine Zwischenstation.
    „ Die
Rue Tourneux ist eine ziemlich abschüssige Straße zwischen der Rue
Claude-Decaen und der Avenue Daumesnil. An der Ecke zur Avenue wohnt Geneviève
Lissert. “
    Kein Problem, das Haus zu
finden. Auch nicht das Haus der Simone Blanchet in der Rue Brèche-aux-Loups.
Die Häuser, jedenfalls die, die man stehengelassen hat, strahlen hier etwas gleichförmiges aus. Verwechselbar wie die Damen, die Burma
über den Weg laufen oder die ihm im Weg stehen. Wenn es sich nicht gerade um
seine Sekretärin Hélène handelt. Aber die spielt diesmal nur eine unsichtbare
Rolle. Abermals kreuzen Schienen meinen Weg, unterquere ich hinter der Rue de
Charenton die Ausfallstrecke nach Lyon. Und dann stehe ich vor dem verlassenen
Dorf von Bercy. Rue de Médoc und Rue de Champagne, Cour St. Emilion und
Cour Margaux. Drei
oder vier Dutzend ineinander übergreifende Straßen und Gäßchen, rechtwinklig
angeordnet wie auf dem Reißbrett, auf einem Areal von rund iooo Metern in der Länge
und 400 Metern in der Breite. Rundum von einem Zaun eingegrenzt. Wem zum Schutz
— oder Schutz vor wem?
    Bercy war ein Dorf am Rande von
Paris. Jenseits der Zollgrenze gelegen. Hier hatten die Staatsbediensteten
Schnüffler kein Recht, einen gesalzenen Obolus auf das süße Gesöff zu erheben,
das die Händler aus der weiten Provinz in die Hauptstadt liefern wollten. Also
mieteten die Lieferanten aus Burgund und Bordeaux eilfertig errichtete
Lagerhallen an und respektierten nur allzugern die Auflage, die vielen hundert
Kastanien, Platanen und Linden nicht anzutasten, garantierten sie doch den
erwünschten Sonnenschutz für die mit kostbarem Naß gefüllten Weinfässer.

    Aber
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