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Nix als Ärger mit dem Kerl!

Nix als Ärger mit dem Kerl!

Titel: Nix als Ärger mit dem Kerl!
Autoren: Edna Schuchardt
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Beine baumeln ließ. Als sie ihn erkannte, stellte sie ihr Rad ab und ging zu ihm.
    "Puh!" Erschöpft ließ sich Wilma auf die Bank fallen. "Ich kann nicht mehr. Diese Hitze ist ja unerträglich." Sie schielte zu ihrem Nachbarn. "Machst du auch eine Pause?"
    Roger schüttelte den Kopf, ohne aufzusehen. Seine Haltung drückte Kummer aus. Es schnitt Wilma ins Herz, als sie die schmalen, kaum vorhandenen Schultern sah, die traurig herunterhingen wie die Flügelchen eines kranken Vogels.
    "Ärger?" forschte sie mitleidig.
    Endlich hob Roger den Kopf. Jetzt erst sah sie, dass er geweint hatte.
    "Mhm-mhm." Traurig blickte er wieder auf seine Schuhspitzen. "Mit wem?" fragte Wilma weiter. "Haben sich deine Schulkameraden gegen dich verschworen oder macht deine Lehrer Stress? Oder hast du eine Arbeit verhauen?"
    Roger holte zitternd Luft. Dann wandte er ihr erneut das Gesicht zu. Ernste Kinderaugen musterten Wilma, so als überlegte der Junge, ob er ihr trauen konnte.
    "Ich hab eine drei in der Rechenarbeit", gab er schließlich Auskunft. "Papa wird schimpfen."
    "Wegen einer DREI?" Wilma traute ihren Ohren nicht. "Komm, Roger, eine Drei ist doch okay." Sie lachte leise. "Meine Eltern wären froh gewesen, wenn ich in Mathe mit einer Drei nach Hause gekommen wäre. Bei mir reichte es immer nur zu einem Vier-Minus, höchstens mal einer Vier."
    Rogers Augen wurden groß.
    "Und deine Eltern haben nicht geschimpft?" fragte er verwundert.
    "Mhmmm..." Wilma überlegte, ob sie die Wahrheit sagen sollte. "Na ja, also glücklich waren sie nicht darüber. Weißt du, meine Schwester, die war immer der Klassenprimus. Die hat fürchterlich gelernt und gepaukt, damit sie bei den Besten war. Mich hat die Schule nicht so interessiert."
    Roger hatte interessiert zugehört. Wilma konnte ihm ansehen, dass eine Frage auf seiner Seele brannte, die er jedoch nicht zu stellen wagte.
    "Mathe konnte ich überhaupt nicht leiden", fuhr sie fort, als Roger weiterhin schwieg. "Das war mir viel zu trocken. Aber Deutsch, Biologie und Kunst, da war ich Spitze, das habe ich gerne gemacht. Hast du Lieblingsfächer?"
    Roger nickte eifrig.
    "Erdkunde, Zeichnen, Musik mag ich am liebsten." Wieder ein bedrückt klingender Seufzer. "Aufsätze schreibe ich auch gerne, aber ich mache immer so viele Fehler und dann bekomme ich trotzdem schlechte Noten, obwohl die Geschichten gut sind, sagt Frau Bäumler."
    "Ist Frau Bäumler deine Klassenlehrerin?"
    "Mhmmm." Roger nickte. "Sie mag mich nicht."
    "He, woher weißt du das?"
    "Weil sie immer mit mir schimpft." Roger richtete sich auf. "Wenn die anderen schwätzen oder was falsch machen, dann sagt sie bloß 'jetzt müsst ihr aber mal aufpassen' oder 'das ist nicht so schlimm, ich erkläre euch das noch mal'. Aber ich brauche bloß mal den Mark – der sitzt neben mir, weißte – was zu fragen, schon schimpft sie los. Und wenn ich was falsch mache, dann sagt sie, dass ich dumm bin und wieder nicht aufgepasst habe."
    Nette Lehrerin, dachte Wilma bissig. Wieso besetzten solche "Pädagogen" wertvolle Planstellen, während wirklich gute Lehrer stempeln gingen?
    Laut fragte sie: "Weiß dein Papa das?"
    Roger ließ den Kopf hängen.
    "Ach, Papa!" Er winkte ab. Eine Geste, die deutlich sagte, wie das Verhältnis zwischen Vater und Sohn stand.
    "Nun, du solltest ihm das erzählen", riet Wilma entrüstet. "So etwas darf eine Lehrerin nicht sagen. Sowas darf überhaupt niemand sagen. Weißt du was? Wer über andere Leute sagt, sie seien dumm, ist es selber."
    Roger hob den Kopf und sah Wilma aus großen Augen an. Offensichtlich überraschte ihn Wilmas Sicht der Dinge.
    "Das klingt aber ziemlich frech", bemerkte er schließlich misstrauisch. "Papa sagt immer, dass man Erwachsenen nicht widersprechen soll."
    "Oh, Mann!" rutschte es Wilma heraus. Hastig schluckte sie den Rest des Satzes hinunter, was zur Folge hatte, dass ihr die Worte buchstäblich im Halse stecken blieben.
    "Du widersprichst ja nicht", versuchte sie, so ruhig wie möglich zu erwidern. Wir reden nur mal über die Sache, nicht wahr? Und wenn deine Lehrerin zu dir sagt, dass du dumm bist, dann ist das mindestens genauso frech, als wenn du zu ihr sagen würdest, dass sie dumm ist. Nicht nur Erwachsene haben das Recht auf Fairness und Höflichkeit, so sehe ich das jedenfalls."
    Darüber musste Roger erst einmal eingehend nachdenken. Schließlich hob er den Kopf und sah Wilma eindringlich an. Als er endlich den Mund öffnete, um die Frage zu stellen, die ihm schon seit
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