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Nippon-Connection

Nippon-Connection

Titel: Nippon-Connection
Autoren: Michael Crichton
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Eintreffen die Führung übernehmen.«
    »Okay.«
    »Mich stellen Sie gar nicht erst vor, Sie erwähnen mich überhaupt nicht. Sie dürfen nicht mal in meine Richtung sehen.«
    »Okay.«
    »Ich bin ein Niemand. Sie allein haben die Verantwortung.«
    »In Ordnung.«
    »Es empfiehlt sich, so formell wie möglich aufzutreten. Stehen Sie gerade, und lassen Sie Ihre Anzugjacke immer zugeknöpft! Wenn man sich vor Ihnen verbeugt, verbeugen Sie sich auch, und zwar genauso tief und genauso lange. Ihre Verbeugung muß immer genau die gleiche sein.«
    »Okay«, sagte ich.
    »Wenn Sie mit den Japanern sprechen, denken Sie daran, daß sie nicht gern verhandeln! Für sie ist das viel zu direkt. Untereinander vermeiden sie es, wo immer sie können.«
    »Okay.«
    »Machen Sie möglichst wenig Bewegungen. Am besten halten Sie Ihre Arme immer an den Seiten. Japaner empfinden ausladende Gesten als bedrohlich. Sprechen Sie langsam, mit leiser, ruhiger Stimme!«
    »Okay.«
    »Wenn es geht.«
    »Okay.«
    »Es wird Ihnen vielleicht schwerfallen. Japaner können einen sehr verunsichern, und heute abend wird das mit großer Wahrscheinlichkeit so sein. Versuchen Sie Ihr Möglichstes! Aber was immer auch geschieht, verlieren Sie auf keinen Fall die Nerven!«
    »Ja, gut.«
    »Das wäre ein extrem unpassendes Verhalten.«
    »Geht in Ordnung«, sagte ich.
    Connor lächelte. »Ich bin überzeugt, Sie werden Ihre Sache gut machen. Wahrscheinlich brauchen Sie meine Hilfe gar nicht. Aber wenn Sie nicht weiterkommen, werde ich sagen: ›Vielleicht kann ich helfen.‹ Das ist dann das Zeichen, daß ich die Gesprächsführung übernehme. Von diesem Augenblick an rede nur noch ich. Ich möchte, daß Sie dann kein Wort mehr sagen, auch wenn man Sie direkt anspricht. Okay?«
    »Okay.«
    »Selbst wenn Sie sprechen möchten - Sie lassen sich nichts mehr entlocken.«
    »Ich verstehe.«
    »Noch etwas: Egal, was ich tue, Sie dürfen kein Erstaunen zeigen. Ganz egal, was ich tue.«
    »Okay.«
    »Sobald ich übernommen habe, stellen Sie sich halbrechts hinter mich. Setzen Sie sich niemals hin! Und schauen Sie nie herum; Sie dürfen keine Sekunde lang unkonzentriert wirken. Denken Sie daran: Sie kommen aus einer ganz anderen Kultur als die Japaner. Alles, was Sie tun, hat eine Bedeutung für sie.
    Jede Einzelheit Ihrer äußeren Erscheinung und Ihres Auftretens fällt auf Sie zurück, auf die Polizei und auf mich als den Älteren und senpai.«
    »Okay, Captain.«
    »Irgendwelche Fragen?«
    »Was ist ein senpai?«
    Connor lächelte.
    Wir fuhren an den Scheinwerfern vorbei die Rampe hinunter, die zur Tiefgarage führte.
    »In Japan«, erklärte mir Connor, »ist ein senpai ein älterer Mann, der einen jüngeren Mann, einen sogenannten kōhai, führt. Solche senpai-kōhai-Beziehungen sind etwas durchaus Übliches. Wenn ein älterer und ein jüngerer Mann zusammenarbeiten, wird diese Konstellation meist vorausgesetzt. Bei uns erwarten sie wahrscheinlich auch dergleichen.«
    »So eine Art Meister und Lehrling?« fragte ich.
    »Nicht ganz. Die senpai-kōhai-B eziehung ist ein bißchen anders geartet: eher wie ein fürsorglicher Vater sich gegenüber seinem Sohn verhält. Vom senpai wird erwartet, daß er seinem kōhai gegenüber Nachsicht walten läßt und alle jugendlichen Exzesse und Fehltritte des Jüngeren toleriert.« Connor grinste. »Aber ich bin sicher, daß Sie mich vor solchen verschonen werden.«
    Wir hatten das Ende der Rampe erreicht und überblickten den flachen, weiten Raum der Tiefgarage. Connor sah stirnrunzelnd durch die Scheibe. »Wo sind die denn alle?«
    Die Garage des Nakamoto Tower war voller Limousinen, deren Chauffeure lesend an den Wagen lehnten oder sich miteinander unterhielten. Aber es waren keine Polizeiautos zu sehen. Normalerweise ist der Tatort eines Mordes angestrahlt wie ein Weihnachtsbaum, und es herrscht reger Betrieb: ein halbes Dutzend Streifenwagen, der Leichenbeschauer, Sanitäter und was sonst noch alles dazugehört.
    Hier war nichts davon auszumachen. Man fühlte sich wie in der Garage eines Hauses, in dem gerade eine Party stattfindet: Schicke Leute standen in Gruppen herum und warteten auf ihre Autos.
    »Interessant«, sagte ich.
    Wir hielten an. Die Parkwächter öffneten die Türen. Ich stieg aus und trat auf einen weichen Teppich. Unter den Klängen leiser Musik gingen Connor und ich Richtung Aufzug. Elegant gekleidete Leute kamen uns entgegen: Männer im Smoking, Frauen in teuren Abendgarderoben. Und in der Nähe der
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