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Nippon-Connection

Nippon-Connection

Titel: Nippon-Connection
Autoren: Michael Crichton
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wartete, wechselte ich das Hemd und zog meinen guten Anzug an. Dann klingelte wieder das Telefon. Es war Fred Hoffmann, Einsatzleiter im Bereich Innenstadt, ein kleiner, zäher Kerl mit grauen Haaren. »Hör mal, Pete, ich glaube, du könntest Unterstützung brauchen.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Sieht ganz so aus, als hätten wir da einen Mordfall, in den Japaner verwickelt sind. Könnte heikel werden. Wie lange bist du schon Kontakt-Officer?«
    »Seit einem halben Jahr ungefähr.«
    »Ich an deiner Stelle würde mir in dieser Sache einen erfahrenen Mann zur Seite stellen. Hol Connor ab, und fahr mit ihm zum Tatort!«
    »Wen?«
    »John Connor. Der Name dürfte dir doch wohl bekannt sein.«
    »Klar«, sagte ich. Jeder in unserer Abteilung kannte diesen Namen. Der Mann war eine lebende Legende, der versierteste Officer des Sonderdezernats. »Aber ist der nicht längst im Ruhestand?«
    »Er ist für unbestimmte Zeit beurlaubt, aber er arbeitet noch an den Fällen mit, in die Japaner verwickelt sind. Ich glaube, er könnte sehr hilfreich für dich sein. Weißt du was, ich rufe ihn selber an, dann kannst du schon mal losfahren und ihn abholen.«
    Hoffmann gab mir die Adresse.
    »Okay, danke.«
    »Und noch was: Verdeckte Kommunikation in diesem Fall, okay, Pete?«
    »Gut. Wer hat das angeordnet?«
    »Ist einfach besser so.«
    »Wie du meinst, Fred.«
    Verdeckte Kommunikation, das hieß die Finger vom Funktelefon zu lassen, damit unsere Übermittlungen nicht von den Medien abgefangen werden konnten, die den Polizeifunk ständig abhörten. In bestimmten Situationen war das durchaus angebracht. Wenn beispielsweise Liz Taylor mal wieder ins Krankenhaus ging, wechselten wir auf verdeckte Kommunikation über. Oder wenn etwa der Sohn irgendeines Prominenten bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, schalteten wir auf verdeckte Kommunikation, um sicherzustellen, daß die Eltern benachrichtigt wurden, bevor die Fernsehteams ihnen die Tür einrannten. Daß die verdeckte Kommunikation jedoch jemals bei einem Mordfall angeordnet worden war, hatte ich noch nie gehört.
    Ich ließ also, während ich Richtung Innenstadt fuhr, das Funktelefon in Ruhe und hörte Radio. Man hatte einen dreijährigen Jungen angeschossen, er sei jetzt von der Hüfte abwärts gelähmt, hieß es. Das Kind sei zufällig während eines Überfalls auf einen Supermarkt von einer verirrten Kugel ins Rückgrat getroffen worden, und es …
    Ich schaltete auf einen anderen Sender und erwischte eine Talk-Show. Vor mir tauchten schon die Lichter der Wolkenkratzer auf, deren Spitzen im Dunst verschwanden. Bei der Ausfahrt San Pedro verließ ich den Freeway.
    Das einzige, was ich über Connor wußte, war, daß er eine Zeitlang in Japan gelebt und sich dort Kenntnisse der japanischen Sprache und Kultur erworben hatte. In den sechziger Jahren war er der einzige Officer gewesen, der fließend Japanisch sprach, obwohl Los Angeles schon damals die meisten Japaner außerhalb des Mutterlandes zählte.
    Inzwischen verfügt das Los Angeles Police Department über mehr als achtzig Officers, die Japanisch können - und über noch mehr, die wie ich die Sprache zu erlernen versuchen. Connor war vor einigen Jahren ausgeschieden. Aber die Kontakt-Officers, die mit ihm zusammengearbeitet hatten, stimmten alle darin überein, daß er der beste war. Er war berühmt für seine Schnelligkeit; manchmal hatte er einen Fall innerhalb von Stunden gelöst. Er stand im Ruf, ein geschickter Detective und ein hervorragender Vernehmer zu sein, der aus Zeugen Informationen herausholte, die sonst keiner bekam. Am meisten aber lobten die Kollegen seine unparteiische Vorgehensweise. Einer sagte mal zu mir: »Wenn man es mit Japanern zu tun hat, ist das immer ein Drahtseilakt. Früher oder später fällt da jeder runter, entweder auf der einen Seite oder auf der anderen. Manche finden die Japaner toll und sagen, sie könnten gar kein Unrecht begehen, für andere wiederum sind sie miese Gauner. Connor dagegen hält immer die Balance. Er bleibt in der Mitte und weiß immer ganz genau, was zu tun ist.«
    John Connor wohnte im Industriegebiet an der Seventh Street in einem großen, noch aus Ziegelsteinen errichteten Lagerhaus neben einem Lastwagendepot. Der Aufzug in dem Gebäude funktionierte nicht. Ich ging zu Fuß in den dritten Stock und klopfte an Connors Tür.
    »Ist offen«, sagte eine Stimme.
    Ich betrat eine kleine Wohnung. Das Wohnzimmer, in dem sich niemand befand, war im japanischen
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