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Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman
Autoren: Kevin Maher
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macht.
    Du hättest letzte Nacht vergewaltigt werden können, ist dir das klar? Sie hätten dich von der Straße ins Gebüsch zer-ren, dir die Klamotten runterreißen und dich vergewaltigen können!
    Wir alle lassen unsere Gabeln sinken und starren auf unsere Teller, auf denen wunderbar butterige Kartoffelpuffer mit Bohnen und Würstchen liegen.
    Mam sagt Dad, er soll einen Gang runterschalten, aber er hört nicht auf sie.
    Er lässt sich auf seinen Stuhl fallen, macht sich über ein etwas angebranntes Würstchen her und fängt an, Dinge zu sagen wie: Eine meiner Töchter, bis zum Morgen unterwegs, und kein Typ weit und breit, der sie nach Hause bringt! Was wäre gewesen, wenn sie dich gestern Nacht vergewaltigt und umgebracht hätten, hm? Was wäre dann gewesen?
    Dads Schnurrbart ist hauptsächlich braun, mit ein paar grauen Strähnchen drin. Über die Jahre hat er viele tolle Sachen damit gemacht, er hat ihn zum Beispiel über unseren Bauch gerieben, wenn er einen auf große grabschende Kille-kille-Kitzelmaschine machen wollte, oder er hat eine Riesenshow damit abgezogen und ihn mit zwei Fingern glatt gestrichen, wenn er mit Kunden redete oder auf Weihnachtsfeiern mit hübschen Frauen. Aber wenn er richtig wütend ist, so wie jetzt, dann sieht er damit noch wütender aus, und sein ganzes Gesicht verwandelt sich in einen gruseligen weißen Ball mit drei dunklen Strichen drauf – zwei für die Augen und einen für den Schnäuzer.
    Sarah sagt gar nichts, und das macht Dad noch wütender.
    Du bist nichts weiter als ein dummes Flittchen!, sagt er, und alle schnappen nach Luft. Wir alle wissen, dass es ganz schön schlimm ist, die eigene Tochter so zu nennen. Dad weiß das auch und fängt an wegen dem, was er gerade gesagt hat, zu zittern. Er wischt sich ein wenig Butterspucke vom Schnauzer. Mam fängt an zu weinen.
    Eine Schande, sagt er dann und hält kurz inne, bevor er noch einmal sagt: Und ein Flittchen!
    Susan sitzt neben mir. Sie ist gerade erst fünfzehn geworden und ist laut Mam noch sehr jung für ihr Alter, ein richtiger Softie, ohne einen einzigen harten Knochen im Leib, also fängt sie auch an zu heulen. Mir gegenüber sitzt Siobhan, Sarahs Zwilling, eineiig bis auf die Brüste, die langen Haare und den nicht abreißenden Strom von Bewunderern, und auch sie fängt an, laut aufzuheulen wie eine verrückte alte Dorftrutsche. Fiona und Claire weinen nicht, aber man kann an ihren Gesichtern ablesen, dass es ihnen auch nicht gerade super geht.
    Sarah jedoch ist die Ruhe selbst, lehnt sich einfach zurück und sagt kein Wort.
    Dad wird es müde, sie ein Flittchen zu nennen, und hört auf. Mam schluchzt und sagt ihm, dass ja nun alles vorüber ist und dass sie an ihrem Tisch nichts mehr davon hören will. Doch Dad lässt nicht locker.
    Also?, sagt er und sieht rüber zu Sarah. Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?
    Sarah steht auf, schiebt ihren Teller zur Seite, sieht Dad ins Gesicht und sagt, Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
    Keiner von uns hat eine Ahnung, was sie damit meint, nur Dad hat offenbar begriffen, denn er springt auf und versucht, gleichzeitig nach Sarah und dem Bambusstock in der Ecke zu greifen, während er Schlampe brüllt. Doch Sarah ist viel zu schnell, sie ist schneller oben in ihrem Zimmer und hört hinter verriegelter Tür »La Isla Bonita«, als Dad blinzeln kann. Und du weißt einfach ganz genau, dass er mit dem Gedanken spielt, hoch in ihr Zimmer zu gehen und ihr ordentlich den Hintern zu versohlen. Aber er traut sich nicht. Nicht wenn die Tür schon zu ist, egal, ob sie geknallt wurde oder nicht. Weil wenn die Tür von Sarahs und Siobhans Zimmer zu ist, dann ist sie wie ein Sci-Fi-Schutzschild, dann sollte niemand es wagen, einfach reinzukommen, darauf steht die Todesstrafe, weil sie beide jederzeit direkt dahinter stehen könnten, nur in Hose und BH , weil sie sich gerade mit Impulse-Deo zusprühen wie die Frau im Fernsehen, die für einmal Sprühen eine halbe Dose braucht, obwohl sie dann nur zum Bus rennt. Und wenn sie nur ihren BH anhaben, haben Sarah und Siobhan das Recht, jeden unglücklichen Trottel, der sich durch ihre Tür wagt, aus vollem Hals anzubrüllen, Sachen wie: Verpiss dich! Verpiss dich! Wir sind hier drin, und man sieht unsere Körper, und wir sind Frauen!
    Natürlich holt Mam den Herrn Pfarrer. Diesmal ist es Vater O’Culigeen. Ein junger, mit glänzenden schwarzen Haaren und sonnengebräunter Haut und schwarzen Lederhandschuhen wie die von einem
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