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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne!
Autoren: Kristina Steffan
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Schwangerschaftshormon. Und wenn das da ist, ist es da!«
    In diesem für mich so bedeutenden Moment fliegt die Küchentür auf, und das Plappermaul Julian betritt die Bühne.
    »Mama!«, kräht er fröhlich. »Wolln Apelsap!«
    Entgeistert starre ich meinen Neffen an. Die Apokalypse bricht über mich herein, und der Bengel verlangt nach Apelsap. Völlig ungerührt steht Andrea auf, fischt zwei bunte Plastikbecher aus der Geschirrspülmaschine und gießt Apfelsaft hinein. Julian langt mit seinen kleinen Händchen danach, doch sie hält die Becher außer Reichweite und sagt zu mir: »Ich bringe ihnen den Saft, sonst landet er auf dem Teppich.« Mit diesen Worten zieht sie mit dem immer noch krähenden Julian von dannen. Schon klar, der Teppich ist nicht abwaschbar.
    Regungslos bleibe ich sitzen und starre die offene Küchentür an. Eine halbe Minute später ist sie wieder da und setzt sich wieder hin, als wäre nichts gewesen.
    »Paula, du bist ziemlich sicher schwanger. Von wem?«, fragt sie und zieht dabei eine Augenbraue in die Höhe.
    »Äh«, stottere ich und kann noch den Apfelsaftgeruch wahrnehmen, der in der Küche hängt.
    »Hm?«, brummt sie mich auffordernd an und greift wieder nach dem Unglück verheißenden Schwangerschaftstest.
    »Olaf«, seufze ich. Sie nickt zufrieden und schenkt mir ein Lächeln. Auch wenn es sie erfreut – das ist alles andere als gut. Olaf und ich sind nämlich seit genau achtundzwanzig Tagen nicht mehr zusammen. Weil ich mich von ihm getrennt habe. Weil er nämlich wollte, dass ich für ihn und nach seinen Regeln die genetische Reproduktion beginne. Was ich wiederum nicht wollte. Meine Verweigerung in diese Richtung ist auch schuld daran, dass wir in diesem Jahr genau ein Mal Sex hatten. Den Beziehungs-Beendungs-Sex, der für das blaue Kreuz verantwortlich ist.
    Ich stecke echt tief in der Scheiße. Da brauche ich fast zweihundertachtzig Tage, um mich von ihm zu trennen, und jetzt das.
    »Ich will auch Martini«, japse ich und mache Anstalten, vom Stuhl zu rutschen, um auf den Kühlschrank zuzurobben. Ich persönlich habe nämlich kein Problem mit alkoholischen Getränken vor der Tagesschau, aber meine Schwester packt mich fest am Arm.
    »Alkohol in der Schwangerschaft geht gar nicht!«, zischt sie mich an.
    »Aber das hier ist eine Notsituation, außerdem weiß ich doch gar nicht, ob ich schwanger bleibe«, jammere ich und versuche ihr meinen Arm zu entreißen. Sie wirft mir einen vernichtenden Blick zu und lockert ihren Griff nicht einen Millimeter. Es muss einen Pitbull in unserer Ahnengalerie geben.
    »Willst du abtreiben?« Ihre blauen Augen sprühen Funken. Ich erstarre und denke: »Will ich abtreiben?«
    Schließlich sage ich matt: »Ich weiß doch erst seit einer halben Stunde, dass ich schwanger bin. Ich muss überhaupt erst mal wieder anfangen zu denken.«
    »Entschuldige«, sagt sie und lässt endlich meinen Arm los. Vermutlich hat sie bei ihrer »Schützt das ungeborene Leben«-Aktion einen dunkelblauen Fleck auf meinem Oberarm hinterlassen. »Du hast recht. Komm erst mal zu dir.«
    Dafür bleibt mir allerdings nicht allzu viel Zeit, denn durch die geschlossene Küchentür dringen plötzlich heftige Kampfgeräusche zu uns. Ich vermute rivalisierende, rollige Katzen hinter dem Spektakel. Andrea vermutet einen Kleinkrieg innerhalb der Brut und steht zügig auf, um Schlimmeres zu verhindern. Ich folge ihr ins Wohnzimmer, wo Klara und Julian ineinander verkeilt und laut brüllend über den Couchtisch kullern.
    Andrea greift beherzt und sehr mutig ein, während ich ein lautes »Tschüss!« rufe und fluchtartig das hübsche Eigenheim meiner Schwester verlasse.
    Im Auto fällt mir auf, dass ich »das Plus« vergessen habe. Da ich aber eine natürliche Abneigung gegen lärmende Kleinkinder habe und vermute, dass der Kampf noch nicht vorbei ist, fahre ich ohne Plus nach Hause. Es geht mir jetzt zwar nicht besser, aber zumindest bin ich nicht mehr so panisch.
    Langsam kehrt die Denkfähigkeit in mein schockbedingt leer gefegtes Hirn zurück, und ich mache einen Abstecher zur Apotheke. Der Apotheker schaut bei meiner Bestellung etwas irritiert aus der weißen Wäsche, und ich fühle mich genötigt, ihm zu erklären, dass gleich zwei von meinen Freundinnen glauben, schwanger zu sein. Außerdem, füge ich hinzu, soll man ja laut Arzt mindestens zwei Tests machen. Um ganz sicherzugehen. Freundlich lächelnd verlasse ich die Apotheke wieder, um im Auto erneut in Tränen
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