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Niceville

Niceville

Titel: Niceville
Autoren: Carsten Stroud
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darauf, nicht zu kotzen. Deitz, an einen Eisenring am Boden gekettet, hatte die klobigen Fäuste in den Gürtel gegraben und fixierte mit seinen kleinen schwarzen Augen Nicks Gesicht, die dicken Lippen fest zusammengepresst. Nick erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Ihre enge Verbindung die letzten paar Monate über hatte beiden Männern Gelegenheit gegeben, den anderen aus neuer Perspektive zu betrachten. Wo einst heftige Abneigung und Verachtung vorgeherrscht hatten, gab es nun offenen Hass.
    Ihre Strecke, Deitz’ letzte Tour, in diesem Monat jedenfalls, führte von Cap City direkt nach Niceville, eine Entfernung von zirka fünfzig Meilen.
    Der Konvoi bewegte sich mit vorsichtigen 90   Stundenkilometern durch das Tiefland unterhalb von Niceville, die vierspurige Straße gesäumt von Murraykiefern und Pampasgras. Zwischen den Kiefern hindurch konnte man das Licht der Sonne auf der gewellten Oberfläche des Tulip River glitzern sehen, der sich durch das Ackerland im Westen des Highway wand.
    Das Licht war dunstig und golden, klassischer Spätherbst in den Südstaaten; lange Schatten glitten über die Straße, während im Westen langsam die Sonne unterging. Durch die gesprungene Windschutzscheibe des Überstellungswagens konnte Nick vor den klobigen Konturen der beiden Deputy US -Marshals auf den Vordersitzen hinter dem Stahldrahtgewebe einen großen schwarzen Suburban sehen, ohne Abzeichen, fünfzig Meter vor ihnen vielleicht. In dem Suburban saßen zwei FBI -Typen aus Cap City, in Kevlar gewickelt, hellwach und angespannt, gerüstet für die Bärenjagd.
    Wenn Nick nach rechts durch die hinteren Fensterschlitze blickte, konnte er dicht hinter ihnen einen stahlgrauen Wagen der State Police sehen, mit voller Festbeleuchtung, und durch die Windschutzscheibe blickten ein paar schwer bewaffnete Cops zurück.
    Ungefähr 60   Meter darüber leistete ihnen der Chopper von der State Police Gesellschaft, den Reed Walker jetzt wirklich gut hätte gebrauchen können. Die beiden Marshals – Bradley Heath, der große Blonde mit den schulterlangen Haaren, und Shaniqua Griffin, die bullige Schwarze – waren die gleichen, die La Motta, Munoz und Spahn in den CNN -Nachrichten gesehen hatten. Die beiden waren erst seit einem Monat Partner und einander herzlich zuwider, so dass im Laster nicht das kleinste bisschen Fröhlichkeit aufkam. Nick starrte wieder Byron Deitz an und Byron Deitz starrte einfach zurück.
    Reed machte sich in seinem Geschirr bereit und ließ die Muskeln spielen. Aus der Ferne ertönte über dem Wind im Pampasgras das Geheul von Sirenen … sein Funkgerät sprang wieder an … »Charlie Six, auf Einsatzfrequenz wechseln.«
    Reed tat es.
    Der Ausbruch von adrenalingeladenem Geplapper und abgehackten Wortwechseln überraschte ihn nicht. Einen durchgegangenen Viper auf dem Interstate hatte man nicht alle Tage. Der ganze Betrieb lief auf Hochtouren. An Tagen wie diesem würde man dafür bezahlen, hier arbeiten zu dürfen.
    »Echo Five mir hat gerade ein schwarzer Viper die Türen abgerissen Fahrer nicht zu erkennen fährt in westlicher Richtung an Wegmarke 354 …«
    »Roger«, eine andere Stimme unterbrach – weiblich – klang nach Kris Lucas – der Hundeführerin … »Liege ungefähr eine Viertelmeile zurück …«
    »Ist so schnell an mir vorbei, dass ich dachte, ich stehe …«
    »Bist du gleich zum Pissen ausgestiegen …«
    Hinter den Stimmen konnte Reed hören, wie Kris’ Motor die Luft ausging und der Hund – der Conan hieß – hinten völlig durchdrehte.
    »Keine Chance, ich bleibe an ihm dran – ich komme nicht über 240 und er ist ein schwarzer Punkt, der immer kleiner wird – ist Charlie Six da draußen?«
    Reed fuhr langsam die Auffahrt entlang, der Wagen zitterte leicht in der scharfen Kurve, er hielt sich so niedrig, dass der Viper ihn nicht würde sehen können – er wollte diesen Ach-du-Scheiße-wo-kommt-der-denn-jetzt-her- Effekt, wenn er aus dem Nichts auftauchte und sich ihm an die Stoßstange hängte – und Wegmarke 354 bedeutete, dass dieser Viper nur noch fünf Meilen entfernt war.
    Wenn er so schnell war, dass er den Hundewagen von Kris Lucas in den Straßengraben fegte, würde er diese fünf Meilen in weniger als drei Minuten schaffen. Reed konnte jetzt das schrille Jaulen eines getunten Rennmotors hören und ein leises Heulen im Wind – Sirenen weit dahinter.
    Er griff zum Funkgerät.
    »Hundewagen, hier Charlie Six – ich kann ihn hören. Ich nehme ihn
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