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Niceville

Niceville

Titel: Niceville
Autoren: Carsten Stroud
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der Staatsgrenze zu uns auf Roadrunner macht. Haben ihn an einer Abzweigung verloren. War bei der letzten Sichtung in unsere Richtung unterwegs, 40   Meilen östlich von deinem Standort vielleicht, auf dem Interstate Richtung Westen.«
    Dieser Funkspruch ging an Reed Walker, weil er am Steuer eines Ford Police Interceptor mit 365   Pferdestärken saß, der ihn in weniger als fünf Sekunden von null auf hundert brachte, und der Nordosten des Staates war sein Einsatzgebiet.
    Der Wagen war dunkelblau, mit Polizeiabzeichen, die nur zu erkennen waren, wenn das Licht aus einem bestimmten Winkel einfiel. Ein abgerundetes Geschoss mit dicken fetten Rädern und einem NASCAR -reifen Überrollkäfig aus Stahl. Der Look war bucklig aufgemotzt, wie auf Steroiden. Das Auto war untersetzt und fies und kompakt und hatte große Stoßdämpfer aus Stahl vorne, Notlaufreifen und einen LED -Lichtbalken, der in Betrieb so hell war, dass man ihn meilenweit sehen konnte. Seine Höchstgeschwindigkeit war geheim, aber bei den Testfahrten auf der Trainingsstrecke drüben in Pinchbeck hatte Reed 305 rausgeholt und gemerkt, dass der Wagen nach mehr schrie. Und er hätte ihm auch mehr gegeben, wenn der Streckenboss ihn nicht gestoppt hätte.
    Das Teil war aber bestimmt schnell und stabil genug, allem die Türen abzureißen, was Räder hatte. Und manchem, was Flügel hatte, noch dazu. Reed liebte diese Mühle mehr als ein Hundeführer seinen Partner mit der kalten Schnauze.
    Reed machte eine volle Kehrtwende und trat das Gaspedal wieder durch, während Marty Coors ihm die Beschreibung durchgab.
    »Georgia zufolge handelt es sich um einen Dodge Viper …«
    Schlage ruhig, mein Herz!
    »Mattschwarz. Kennzeichen aus Kansas, Wunschkennzeichen – Hotel Alpha Romeo Lima Echo Quebec Uniform India November – Harlequin ? – Halter ein Robert Lawrence Quinn – geboren 13.   Juni 1965. Kein Haftbefehl, keine Vorstrafen. Kennzeichen registriert auf einen Chipa Edition Viper … Herrgott … hier steht, dieses Teil bringt es auf 320   km/h – glaubst du, du kannst es mit dem Wagen aufnehmen?«
    »Wie ein wilder Stier. Ich bin jetzt an der Auffahrt. Haben wir schon Sichtkontakt?«
    »Unsere Jungs nicht, aber vor ein paar Minuten haben mehrere Anrufer einen schwarzen Sportwagen gemeldet – konnten die Marke nicht ausmachen, zu schnell, um das Kennzeichen zu erkennen – bei Wegmarke 345   Richtung Westen …«
    »Dann kommt er direkt auf mich zu. Lege mich hier an der Böschung auf die Lauer …«
    »Den Anrufern zufolge war das Auto vorbei wie ein geölter Blitz …«
    »Kriegen wir Luftunterstützung?«
    »Negativ, Reed. Fliegt Begleitschutz für einen Gefangenentransport …«
    »Byron Deitz? Macht Nick dem noch immer den Babysitter?«
    »Mhmm. Sitzt gerade mit ihm im Überstellungswagen. Sie sind auf dem Rückweg von einer der üblichen Auslieferungsanhörungen.«
    »Dann kriege ich also keinen Chopper?«
    »Du bist auf dich gestellt, Charlie Six – bitte warten …«
    Marty Coors schaltete sich weg.
    In der folgenden Stille saß Reed am Steuer, nahm die Welt rundherum in sich auf und betrachtete sie, als könnte dies sein letztes Stündlein sein. Das Nachmittagslicht fiel von der Seite auf den Interstate – lange blaue Schatten aus dem Kiefernwald krochen auf den Asphalt. Auf einer Lichtung konnte er eine kleine Herde Weißwedelhirsche sehen, die den Kudzu und die Wildblumen abgrasten. Im Herbst kamen sie immer von der Belfair Range herunter.
    Der Verkehr auf dem Interstate war spärlich, nur ein paar Minivans und Geländewagen und ab und zu ein Transporter oder Tankwagen. Leichter Verkehr war gut. Wenn dieser Viper auftauchte – und er war jetzt jeden Augenblick fällig –, würde die Jagd mitten in den Sonnenuntergang gehen, und ein verirrter Zivilist, im blendenden Licht verborgen, konnte ihm den Garaus machen. Reed dachte: Kann ich einen Viper fangen?
    Der Gefangenentransporter der US -Marshals – eine klotzige Blechbüchse auf schwammigen Reifen – zuckelte schaukelnd den Cap City Thruway entlang wie ein großes blaues Nashorn auf einem Skateboard. Das Reifengeräusch auf der Straße und das rhythmische Klopfen des Dieselmotors füllten das Wageninnere mit Lärm. Irgendwo musste es ein Leck geben, Rückstoß aus dem Auspuff wehte herein und machte die Luft im Gefangenenabteil heiß und stickig.
    Nick Kavanaugh saß auf einer Stahlbank einem mürrischen und schweigenden Byron Deitz gegenüber und konzentrierte sich vor allem
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