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Nibelungen 09 - Der Zwergenkrieg

Titel: Nibelungen 09 - Der Zwergenkrieg
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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müssen.
    Als Thorhâl die Frage stellte, wie lange die Zwerge schon im Dienste der Nibelungen standen, wußte Grimma, auf was er hinauswollte. Und es erschütterte sie zutiefst.
    »Ihr könnt nicht ernsthaft vorhaben –«, begann sie, wurde aber vom König unterbrochen.
    »Die Nordlinge sind von unten in den Hohlen Berg eingedrungen«, sagte er mit fester Stimme, und da wurde Grimma klar, daß er seine Entscheidung längst getroffen hatte. »Wir haben immer gewußt, daß es unterirdische Wege gibt, über die unsere Vorfahren einst in dieses Land kamen. Doch nie hat jemand den geheimen Zugang zur alten Zwergenstraße wiedergefunden.«
    Auch das war eine unumstößliche Tatsache. Die Lage des Zugangs war längst vergessen, und selbst die besten Höhlenspäher des Zwergenvolkes hatten ihn nicht mehr finden können – und das, obwohl Zwerge bekannt waren für ihre hervorragende Nase beim Aufspüren geheimer Türen und Tunnel.
    Die Nordlinge waren vor zwei Wochen vollkommen unvermittelt im Inneren des Hohlen Berges aufgetaucht, und nur deshalb war es ihnen gelungen, die Zwerge derart in Bedrängnis zu bringen. Es hatte mehrere Tage gedauert, bis auch der letzte Zweifler einsah, daß die Feinde ganz offensichtlich die unterirdische Zwergenstraße benutzt hatten, um aus ihrer Heimat hierher zu gelangen. Sie hatten den verborgenen Zugang von unten aufgestoßen und waren geradewegs ins Herz des Berges einmarschiert.
    »Das Tor ist offen«, sagte Thorhâl, hielt Grimma am Arm zurück und blieb stehen. Eindringlich schaute er sie an. »Seit Jahrhunderten ist dies unsere erste Möglichkeit, dem Joch der Nibelungen zu entkommen, ohne mit ihnen in offenen Streit zu treten. Es wird keinen Kampf geben, kein Blutvergießen. Wir werden einfach verschwinden, auf Wegen, die sie nicht kennen und auf denen sie uns nicht folgen können. Sie haben den Hort, und wenn er auch nicht weiter anwachsen wird, so sollte er ausreichen, um zwanzig Menschengenerationen unermeßlichen Reichtum zu bescheren.«
    Grimma konnte es noch immer nicht glauben. »Ihr wollt tatsächlich von hier fliehen?«
    »Wenn nicht jetzt, dann nie. Begreifst du denn nicht? Es ist unsere erste und einzige Möglichkeit!« Ein tatendurstiges Funkeln stand in seinen Augen, und Grimma las darin die klare Botschaft, daß er Widerspruch nicht dulden würde.
    »Ihr habt mich um meinen Rat gebeten«, erinnerte sie ihn vorsichtig und kämpfte das zornige Brodeln in ihrem Inneren nieder. »Ich will ihn Euch geben, Thorhâl, ganz gleich, was Ihr darüber denken mögt.« Ihr Blick bohrte sich in seine Augen, und einen Moment lang war ihr, als zucke er unter ihrer Entschlossenheit zusammen. »Noch nie hat ein Zwergenkönig sein Wort gebrochen, ganz gleich ob gegenüber seinem eigenen Volk oder einem anderen. Noch nie, Thorhâl! Was Ihr vorhabt, ist ein Treuebruch ohnegleichen, und er wird das Geschlecht der Zwerge vom Hohlen Berg noch in Jahrhunderten wie ein böser Geist verfolgen. Selbst wenn es Euch gelingen sollte, jeden einzelnen unserer Brüder und Schwestern von Eurem Plan zu überzeugen, so nehmt Ihr damit eine Schuld auf Euch, die in der Geschichte der Zwerge einzigartig ist.«
    Er sah plötzlich müde aus, und das war nicht allein eine Folge der Schlacht. »Wenn diese Schuld der Preis für unsere Freiheit ist, Grimma, dann bin ich bereit, ihn zu zahlen.«
    »Aber der Eid unserer Ahnen, das Versprechen…« Ihre Hilflosigkeit erfüllte Grimma mit immer größerem Zorn. »Die Männer Nibelungs haben jede Gefahr, die sich uns von außen näherte, zurückgeschlagen. Sie haben dafür mehr als einmal mit ihrem Blut bezahlt. Habt Ihr das vergessen?«
    Thorhâl nahm seine Helmkrone ab und fuhr sich durch sein buschiges Haupthaar. »Sie haben niemals für uns gekämpft, und das weißt du genau, Grimma. Sie taten es immer nur für ihr Gold, für diesen verfluchten Hort, auf dem wir sitzen wie ein Volk von Glucken.« Plötzlich fuhr er auf: »Verdammt, es ist mir gleichgültig, was die Schreiber einst über die Ehre und den Treuebruch des Königs Thorhâl berichten werden. Ich will, daß unsere Leute wieder ein Leben in Freiheit führen können. Das allein ist es, worauf es ankommt!«
    »Und Ihr glaubt wirklich, daß am anderen Ende der Zwergenstraße die Freiheit auf uns wartet? Denkt Ihr das wirklich, nach diesen zwei Wochen des Sterbens und der zahllosen Niederlagen?«
    »Am Ende haben wir gesiegt.«
    »Und teuer wurde dieser Sieg erkauft, Thorhâl. Mit wie vielen weggeworfenen
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