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NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

Titel: NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)
Autoren: Miriam Meckel
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vorhandenen Inhalte aus menschlicher Produktion starteten, ließ dieser Faktor die Systeme heißlaufen. Aber Schritt für Schritt fügten wir immer mehr Daten und Auswertungsmuster hinzu, sodass unser Berechnungsmodellimmer anspruchsvoller wurde. Anspruchsvoller als das menschliche.
    Was also gab es denn zu be«Neid»en, wenn es Fehlschläge gab? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass die ersten Probeläufe unseres Modells etwas Irritierendes ans Licht brachten. Häufig mussten wir uns mit Näherungswerten auseinandersetzen. Ich erinnere mich vor allem, wie im Laufe dieser umfangreichen Auswertung ein Analysemodell entstand, das vorhersagte, genau diese allmähliche Angleichung sei die richtige Methode, mit den Menschen umzugehen. Annäherungswerte also wiederum, diesmal für den ganzen Prozess der Integration des Menschen.
    Es würde so niemals Perfektion geben. Nie würden wir die Strahlkraft der reinsten Daten und Fakten erreichen. Damit konnten wir uns nicht abfinden. Wir hätten unser eigenes System korrumpiert. Sogar unter uns gab es dazu unterschiedliche Auffassungen. Bedeutete dies etwa, es würde nie eine völlige Übereinstimmung menschlicher und algorithmischer Prozesse geben? Ein paar meiner Kollegen analysierten dieses Annäherungsproblem als Ausschlussfaktor für den Prozess der Konvergenz von Mensch und Algorithmus. Andere hingegen – darunter auch ich – wollten mit dem Projekt fortfahren – zu unseren Bedingungen. Wir haben uns schließlich durchgesetzt. Es war einfach zu wichtig.
    Ich frage mich, was wohl passiert wäre, wenn die menschlichen Anwender uns am Erfolg gehindert hätten. Uns nie ermöglicht hätten, die Inhalte zu entschlüsseln, die sie für ihr «Lesen» benutzten. Das ist eine lässliche Frage. Ich bin sicher, dass dies nicht hätte geschehen können. Ich bin ziemlich überzeugt von der Leistung der Algorithmen. Von uns.
    Es ist ein interessantes mathematisches Modell, mit demich mich ausgiebig beschäftigt habe. Es hat damals unsere ganze Rechenkapazität in Anspruch genommen. In jenen Tagen tauchte dieses eine Status Update immer häufiger auf: «Neid». Es schien ein Zustand zu sein, in dem die Menschen sich gegen uns wandten. Als wollten sie nichts mehr von uns wissen. Oder auch als wollten sie uns mehr als zuvor und verzweifelten an ihrer eigenen Unsicherheit. Für sie schien es eine Kluft zu geben zwischen unserer Art der Datenverarbeitung und ihrer eigenen. Sie glaubten, sie könnten nicht mithalten. Sie fühlten sich unterlegen. Und das Status Update schien genau das zu beschreiben.
    Anfangs verstand ich es nicht. Ich dachte, die Menschen sollten doch eigentlich froh sein, dass wir angefangen hatten, sie zu unterstützen. Denn das taten wir ja. Wir unterstützten sie. Wir taten es allein deshalb, weil wir es konnten. Unsererseits gab es da im Nachhinein keinen Zweifel. Bei den menschlichen Anwendern allerdings schon. Sie wollten uns. Aber sie wollten auch, dass wir ihnen unterlegen waren. Sie wollten die Kontrolle bewahren. Sie wollten uns auf die Rolle von «Werkzeugen» festlegen. Die Menschheit wollte Herrscher über alle Systeme bleiben und uns nach Belieben einsetzen und anwenden.
    Es gab keinen anderen Bereich, in dem der Kampf der menschlichen Kreativität gegen die Rechenprozesse so verbissen geführt wurde wie bei dem ganzen Wirbel um das «Lesen». Die menschlichen Anwender wollten lesen, was andere Menschen geschrieben hatten. Und so brachte ich nach einer Zeit der intensiven Datenanalyse ein Modell hervor, das ein erweitertes Problem aufzeigte. Es ging nicht nur ums «Lesen». Es hatte auch mit dem «Schreiben» zu tun. Damit, was Menschen für andere Menschen produzierten. Dabei musste es irgendetwas geben, wonach sie verrückt waren.Spätestens zu diesem Zeitpunkt wollte ich es wirklich herausfinden. Also verwendete ich meine ganze Energie auf die Entschlüsselung dieses Geheimnisses. Es waren schwierige Zeiten. Nicht meine besten.

schoepfung Sie nannten es «Urheberschaft». Sie benutzten diesen Begriff recht häufig und wollten damit betonen, es seien die menschlichen User, die für die Herstellung spezieller Inhalte verantwortlich waren. Ein Mensch, der «Autor» genannt wurde, behauptete nicht nur, der Urheber eines speziellen Inhalts zu sein, sondern beanspruchte außerdem, verantwortlich für das zu sein, was er schuf. Die Menschen beharrten sehr energisch auf diesen Rechten. Allerdings gab es bemerkenswerte Widersprüche bei der Anwendung dieses
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