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New York - Love Story

New York - Love Story

Titel: New York - Love Story
Autoren: Katrin Lankers
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Geschenke
unter den Weihnachtsbaum legen, und dem von einer Sekunde
auf die andere der Glaube an den Weihnachtsmann
genommen wurde. Es ist nicht so, dass ich Pedro nicht mag.
Er ist immer freundlich zu mir, witzig und sieht auch fantastisch
aus. Aber in unserer Küche hat er, finde ich, nichts zu
suchen. Schon gar nicht in kotzgrünen Boxershorts!
    Pedro jedoch scheint von den negativen Schwingungen
nichts zu spüren. Er stößt sich vom Türrahmen ab, kommt
mit drei katzenhaften Schritten zum Tisch und lässt sich
neben mir auf den Stuhl fallen, auf dem vorher meine Mutter
gesessen hat.
    »Du siehst müde aus, Niki. Zu viel gefeiert?«, fragt er mit
diesem Latino-Vibrato, das mich immer an Enrique Iglesias
erinnert, obwohl der ja eigentlich Spanier ist.
    Ich ignoriere Enrique-Pedro und werfe meiner Mutter einen vernichtenden Blick zu. Aber Mom schaut geflissentlich
weg.
    Pedro greift an mir vorbei nach einem Croissant, beißt ein
Riesenstück ab und setzt mit vollem Mund zu einem weiteren
Konversationsversuch an.
    »Oder bist du erledigt von der vielen Lernerei? Freust du
dich auf die Ferien? Uscha hat mir schon so von Italien vorgeschwärmt.« Er schenkt meiner Mutter ein liebevolles Lächeln,
das sie ziemlich angestrengt erwidert.
    Uscha? Was soll das denn für ein bescheuerter Kosename für
meine Mom sein? Sie heißt Ursula! Ist das so schwierig auszusprechen?
    »Pizza, Pasta und Amore«, erklärt Pedro schwärmerisch,
und ich muss fast lachen, weil er die italienischen Wörter so
witzig betont. Im letzten Moment kann ich es mir verkneifen.
    »Du wirst sehen, Italien wird dir guttun«, fährt Pedro unbeirrt
fort, ohne sich von Moms und meinem Schweigen im
Geringsten beeindrucken zu lassen. Offensichtlich hat meine
Mutter ihren neuen Lover noch nicht über meine von ihr geänderten
Sommerpläne informiert.
    »Ach, was rede ich?« Pedro beißt erneut in das Croissant.
»Italien wird uns guttun«, nuschelt er an den Teigmassen in
seinem Mund vorbei. »Florenz! Am meisten freue ich mich
auf Florenz. Ein wahres Mekka für meine Künstlerseele …«
    Den Rest seiner Ausführungen höre ich nicht mehr, denn
in meinem Kopf wird ein klitzekleines Wort plötzlich riesengroß: uns! Pedro hat uns gesagt. Soll das etwa bedeuten, dass dieser Pseudo-Iglesias vorhat, mit meiner Mom und mir in
unser italienisches Idyll zu fahren? Oder vielmehr: nur mit
meiner Mom? Denn für mich hat meine Mutter ja andere
Pläne!
    Mit einem Mal wird mir klar, was hier läuft.
    »Du schiebst mich nach New York ab, um mit deinem Loverboy
einen ungestörten Liebesurlaub verbringen zu können!« Ich klinge gar nicht mehr wie ein kleines Mädchen,
sondern ehrlich gesagt ziemlich laut und schrill. Dass ich
ohnehin nicht vorhatte, mit meiner Mutter nach Italien zu
fahren, sondern unbedingt nach New York wollte, um Simon
zu finden, ist in diesem Moment vergessen. Ich spüre nur
ihren Verrat heiß in meinem Bauch brennen. »Du willst mit
Pedro nach Italien fahren. Allein! Bitte schön! Ich habe eh
keine Lust auf langweiliges Rumgammeln mit dir bei Clara! Ich mache lieber New York unsicher. Auch allein!«
    Ich springe auf, wobei das karierte Kissen zu Boden fällt.
Fast wäre ich darauf ausgerutscht, als ich wutschnaubend
unsere Küche verlasse. Hinter mir höre ich meine Mutter.
    »Bitte, Niki, lass mich erklären …«
    Aber ich drehe mich nicht um.

Wer konstruiert eigentlich die Sitze in Flugzeugen? Werden
die irgendwo hinter den Sieben Bergen in Zwergenfabriken
hergestellt?
    Ich habe ja nun wirklich keine außergewöhnlich langen
Beine, eher das Gegenteil ist der Fall. Doch als ich nach neun
Stunden und elf Minuten in der Luft am JFK Airport aus der
Maschine torkele, fühle ich mich wie eine zusammengefaltete
Ziehharmonika. Und nicht nur das: Ich bin auch noch hundemüde.
Auf meiner inneren Uhr stehen die Zeiger inzwischen
auf zwei Uhr nachts, in New York ist es jedoch erst Abend und
sechs Stunden früher als in Deutschland, um genau zu sein.
Vor Müdigkeit beginne ich bereits zu frösteln, aber auch, weil
im Flughafen dank Klimaanlage beinahe arktische Temperaturen
herrschen. Ich ziehe meine Strickjacke fester um mich
und rücke meinen vollgestopften Rucksack zurecht.
    Ich trotte hinter den anderen Passagieren her, bis wir in
eine fensterlose Halle gelangen, die für die internationalen
Flüge reserviert ist. Es ist brechend voll, an der Passkontrolle haben sich lange Schlangen gebildet. Orientierungslos flackert
mein Blick hin und her. Wo muss ich
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