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nevermore

Titel: nevermore
Autoren: Heike
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ging zu einem der Waschbecken, drehte das warme Wasser auf und pumpte Seife aus dem Spender in ihre Hand. Dann bedeckte sie die Ziffern großzügig mit Seifenschaum.
    Wie Rauchringe löste sich die tiefviolette Tinte in lila Wirbel auf und glitt dann den Abfluss hinunter.
     
    Beim Training verpatzte sie einen Sprung.
    Sie verpatzte sonst nie einen Sprung.
    Am Ende einer Folge aus Radwende, Handstandüberschlag rückwärts und Rolle rückwärts drehte Isobel sich zu weit - sie versuchte noch, sich auf den Fersen auszubalancieren - und verlor das Gleichgewicht. Sie schlug so hart auf dem Boden der Turnhalle auf, dass ihre Knochen klirrten und ihre Zähne klapperten, und landete genau auf dem Po.
    Trainerin Anne machte sie dafür natürlich zur Schnecke und packte ihre alte »Kein Sturz, der nicht Zuschauer fände«-Schimpftirade aus. Nichts machte die Trainerin nervöser als schlampige oder verpfuschte Hebefiguren, ganz besonders jetzt, wo die Landesmeisterschaften im Dezember bedrohlich näher rückten. Ihre Choreografie war schwierig und sehr ausgeklügelt. Zu schwierig und zu ausgeklügelt, um auch nur ein Teammitglied verletzt auf die Tribüne setzen zu können und dennoch darauf zu hoffen, aufs Treppchen zu kommen.
    Es überraschte Isobel nicht, dass Nikki nicht auf sie wartete, um zu quatschen, nachdem die Trainerin abgepfiffen hatte. Sie nahm es ihr nicht übel, denn sie wusste, dass es wahrscheinlich weniger damit zu tun hatte, dass sie noch immer sauer auf sie war, als damit, dass sie Mark nach dem Footballtraining treffen wollte. So oder so war Isobel dankbar dafür, den Spindstreit nicht noch einmal durchleben zu müssen, und noch dankbarer dafür, dass Freitag war. Sie brauchte eine Pause.
    Es war ihr auch ganz recht, dass sie erst in einer Woche das nächste Spiel hatten. Auf diese Weise hatte ihr sich bereits lila färbender Bluterguss Zeit zu verblassen, bevor sie wieder ihre Uniform anziehen musste.
    Isobel verließ die Umkleidekabine und schlug ihren üblichen Weg durch den Gang zum hinteren Parkplatz ein. Sie wurde aber langsamer, als sie Brads Stimme zu hören glaubte. Suchte er sie etwa? Wahrscheinlich hatte sie zu viel Zeit damit verbracht, ihren blauen Fleck im Spiegel zu betrachten.
    »... noch mal mit ihr sprichst. Hast du verstanden?«
    Als sie um die Ecke bog, blieb Isobel mit einem Ruck stehen.
    Eine schwarz gekleidete Gestalt drückte sich mit gekrümmtem Rücken gegen eine Reihe kobaltblauer Spinde, ein ramponiertes schwarzes Notizbuch unter dem Arm. Brad beugte sich bedrohlich über sie. Er trug seine Jacke mit den blauen und goldenen Buchstaben, die seine ohnehin schon massigen Schultern noch wuchtiger aussehen ließ.
    Varen, der daneben vergleichsweise dünn und schwächlich wirkte, schien das Ganze einfach über sich ergehen zu lassen. Sein Kopf hing vornüber und seine schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht.
    In Isobel flammte eine unbändige Wut auf, die sie sich nicht erklären konnte. »Hey!«, rief sie und ging energisch auf die beiden zu.
    Varens Augen sahen auf und hefteten ihren Blick auf sie, ein Blick so eindringlich wie anklagend, der sie erstarren ließ.
    Isobel hatte gute Lust, Nikki zu würgen, bis diese dämlichen, kleinen blau-goldenen Wollbällchen von ihrem Haargummi abfielen. »Was ist hier los?«
    »Nichts, Baby. Gar nichts«, sagte Brad, stieß sich von den Spinden ab und strich sich mit der Hand durch das dichte dunkelblonde Haar, das noch nass vom Duschen war und im Neonlicht glänzte. Er steckte eine Hand in die Tasche seiner Jeans, kam auf sie zu und legte ihr den anderen Arm um die Schultern. Mit einem deutlich hörbaren Mmuah drückte er ihr einen Kuss aufs Haar.
    Varens Miene blieb ausdruckslos, doch sein Blick bohrte sich immer noch regelrecht in sie hinein - Isobel konnte sich nicht davon losreißen und vergaß die Welt um sich herum.
    Dachte er etwa, dass sie zu Brad gerannt war, um es ihm brühwarm zu erzählen? Andererseits, was sollte er sonst denken?
    Isobel öffnete ihren Mund, um etwas zu sagen und das Missverständnis aufzuklären, doch Brad schlang seinen Arm enger um ihre Schultern und drängte sie an sich. Das erinnerte sie, zusammen mit seinem Geruch nach Deo und Seife, wieder daran, dass er da war. Immer noch im Macho-Modus und immer noch in Reichweite dieses merkwürdigen Typen, der sie gefragt hatte, warum sie ihn so anstarrte, und der jetzt sie anstarrte.
    Isobel schloss ihren Mund.
    Sie ließ zu, dass Brad sie mit sich zog. Er senkte
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