Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte

Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte

Titel: Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte
Autoren: Arena
Vom Netzwerk:
langsam machen und ich kann mich auch nicht setzen. »Schauen Sie, was Sie mit mir gemacht haben.« Ich strecke ihm die bandagierte Hand hin, die so heftig zittert, dass er meine Verletzung unmöglich erkennen kann. »Sie haben mir die Fingernägel herausgerissen.«
    Er wird blass. »Wirklich?« Er zieht die Augenbrauen zusammen. »Wie heißt du? Wo ist deine Familie?«
    Ich wische mir über die Nase, versuche, die Fassung zu erlangen. »Das ist es ja. Ich weiß es nicht. Diese Typen müssen mir einen Schlag auf den Kopf verpasst haben oder so. Ich kann mich an nichts von dem erinnern, was passiert ist, bevor ich auf dem Boden dieser Hütte aufgewacht bin.«
    »Du sagtest, einer der Männer sei weggegangen? Was ist mit dem anderen passiert?«
    Ich denke an all die Dinge, die ich getan habe, und vereinfache das Ganze: »Als wir im Wald waren, habe ich ihn geschubst. Er ist hingefallen und ist dabei mit dem Kopf auf einem Stein aufgeschlagen. Dann habe ich ihn mit seinem Gürtel gefesselt.« Ich erinnere mich an die röchelnden Geräusche, die er von sich gegeben hat – Geräusche, die man eigentlich nicht als Atmen bezeichnen kann –, und schiebe die Erinnerung von mir weg.
    »Okay, nur dass ich das richtig verstehe«, sagt Officer Dillow langsam. »Du weißt nicht, wer du bist, und du weißt nicht, wo du warst, bevor du hierhergekommen bist. Alles, was du weißt, ist, dass zwei Männer versuchen, dich umzubringen.«
    Wenn man das so sagt, klingt es irgendwie verrückt. »Ja. Richtig.«
    »Ich will dich etwas fragen.« Er presst die Lippen zusammen und neigt den Kopf auf eine Seite. Seine kaffeebraunen Augen blicken mich eindringlich an. »Hast du heute Alkohol getrunken oder Drogen genommen?«
    »Was? Nein. Sie können einen Alkoholtest mit mir machen oder was immer Sie in solchen Fällen tun. Ich bin nicht betrunken oder so.« Noch während ich das sage, frage ich mich, ob das überhaupt wahr ist. Vielleicht haben sie mich unter Drogen gesetzt. Vielleicht kann ich mich deshalb an nichts erinnern.
    Officer Dillow beugt sich zu mir und schnüffelt. Ich nehme an, er will herausfinden, ob ich nach Bier oder Marihuana rieche. Dann schüttelt er den Kopf und macht einen Schritt zurück. »Ehrlich gesagt ist das alles nicht so ganz meine Kragenweite. Normalerweise suche ich nur vermisste Hunde und sage zu den Leuten, dass sie auf ihren Partys die Musik leiser drehen sollen.« Er seufzt und fährt sich mit der Hand durch die kurzen braunen Haare, wobei er Furchen hinterlässt. »Du kennst die beiden Männer also nicht? Die, die dich …«, Officer Dillow zögert, »… umbringen wollten?«
    Ich schüttle den Kopf. »Nein. Ich habe mir den Wagen von dem einen Mann genommen und bin einfach losgefahren. Aber … Moment mal.« Erleichterung überkommt mich, als mir die Brieftasche wieder einfällt. Wenn Officer Dillow einen Beweis dafür will, dass das, was ich erzählt habe, wirklich passiert ist, dass die Männer tatsächlich existieren, dann habe ich einen. Ich ziehe die Brieftasche heraus und reiche sie ihm. »Hier. Die habe ich dem Kerl abgenommen, der mich umbringen wollte.«
    Officer Dillow klappt sie auf und wir schauen beide hinein. Vorne steckt ein in Oregon ausgestellter Führerschein. Der Typ, den ich im Wald zurückgelassen habe, heißt Michael Brenner. Er ist vierunddreißig Jahre alt, eins achtzig groß und wiegt siebzig Kilo. Auf dem Foto im Führerschein sieht er sympathisch aus. Er wirkt nicht wie ein schlechter Mensch. Nicht wie jemand, der dir die Fingernägel herausreißt und dich in den Wald schleppt, um dich umzubringen. Officer Dillow blättert durch den Rest der Brieftasche. Brenner hat Kreditkarten, Tankstellenkarten und ein paar Zwanziger und Fünfziger.
    Während Officer Dillow noch dabei ist, sich die Brieftasche anzuschauen, klingelt das Telefon. Wir zucken beide zusammen. Officer Dillow entschuldigt sich und geht nach hinten ins Büro. Ein paar Sekunden später macht er die Tür zu. Seine Stimme ist nur noch ein Murmeln. Eigentlich sollte ich mich sicher fühlen, jetzt, wo ich in einer Art Polizeirevier bin, doch stattdessen ist mir, als würde ich im Rampenlicht stehen, weil sich draußen die Dunkelheit gegen die Fenster drängt. Es ist nicht schwierig dahinterzukommen, wohin ich als Nächstes kommen werde. Entweder ins Krankenhaus oder zu den Cops. Und meine Finger behandeln zu lassen, ist im Vergleich dazu, mein Leben zu retten, völlig belanglos.
    Als Officer Dillow wieder herauskommt,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher