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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke
Autoren: Robin Hobb
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mir Vorträge darüber, wie mein Leben sein würde, wenn ich erst Offizier in der Kavallerie des Königs wäre. Wenn ich nicht bei meinem Vater war, und manchmal sogar, wenn ich bei ihm war, wachte Korporal Parth über mich.
    Diese jähe Veränderung hatte zur Folge gehabt, dass ich mich gleichermaßen isoliert wie beunruhigt fühlte. Ich spürte, dass ich meinen Vater irgendwie enttäuscht hatte, aber ich wusste nicht, womit. Ich sehnte mich nach meinen Schwestern. Ich schämte mich aber auch, weil ich sie vermisste, denn ich war doch jetzt ein junger Mann und sollte Soldat werden. Mein Vater erinnerte mich oft genug daran, und der dicke alte Korporal Parth desgleichen. Parth war das, was meine Mutter leicht a b fällig als »Anstellung aus Barmherzigkeit« bezeichnete. Alt, mit einer mächtigen Wampe ausgestattet und nicht mehr diensttauglich, hatte er meinen Vater gebeten, ihn als Gehilfen einzustellen, und der hatte aus den bereits genannten Gründen seinem Wunsch entsprochen und ihn als ungelernten Hauswart eingestellt. Jetzt nahm er vor ü bergehend die Stelle des Kindermädchens ein, das sich um mich und meine Schwestern gekümmert hatte. Seine Aufgabe bestand darin, mich jeden Tag in den »Grun d kenntnissen militärischen Verhaltens« zu schulen, bis ein besser qualifizierter Ausbilder gefunden sein würde.
    Ich hielt nicht viel von Parth. Das Kindermädchen Sisi war tüchtiger und klüger gewesen und hatte mir mehr Disziplin abverlangt als er. Der gebeugte alte Mann, der seinen Korporalsdienstgrad in den Ruhestand mitg e nommen hatte, sah in mir mehr ein Ärgernis und eine lästige Pflicht als einen wachen jungen Geist und einen zarten jungen Körper, die es beide mit Strenge zu formen galt. Oft, wenn er mich eigentlich Reiten lehren sollte, verbrachten wir eine Stunde der dafür vorgesehenen Zeit damit, dass er ein Nickerchen machte, während ich übte, »ein guter kleiner Wachtposten zu sein und Wache zu halten«, was bedeutete, dass ich im Geäst eines schatte n spendenden Baumes saß und er darunter schlief. Meinem Vater hatte ich natürlich nichts davon erzählt. Wenn es eines gab, das Parth mir eingebläut hatte, dann die Tats a che, dass er der Kommandeur war und ich der gemeine Soldat, und ein Soldat stellt niemals die Befehle seines Vorgesetzten infrage.
    Mein Vater war in Franners Bogen gut bekannt. Wir ritten durch die Stadt und zu den Toren des Forts. Dort wurde er ohne irgendwelche Fragen militärisch gegrüßt und willkommen geheißen. Ich schaute mich neugierig um, während wir an einer Schmiede, einem Lagerhaus und einer Kaserne vorüberritten, bevor wir unsere Pferde vor dem Hauptquartier des Festungskommandanten z ü gelten. Staunend schaute ich zu dem großen, drei Stoc k werke hohen steinernen Bauwerk hinauf, während mein Vater Parth Instruktionen bezüglich meiner Person ertei l te.
    »Führen Sie ihn durch den Außenposten und erklären Sie ihm die Anlage. Zeigen Sie ihm die Kanonen und sprechen Sie mit ihm über ihre Stellung und ihre Reic h weite. Die Befestigungen hier sind wie ein klassisches Bollwerk angeordnet. Sorgen Sie dafür, dass er versteht, was das bedeutet.«
    Hätte mein Vater sich noch einmal umgeschaut, als er die Stufen hinaufschritt, dann hätte er gesehen, wie Parth die Augen verdrehte. Meine Laune schwand. Parths R e aktion drückte aus, dass er wenig Lust hatte, die Anwe i sungen meines Vaters zu befolgen, was wiederum die Konsequenz haben musste, dass ich später für das ve r antwortlich gemacht werden würde, was ich nicht gelernt hatte. Das war bereits zweimal geschehen, und zwar war mir ein »Mangel an Aufmerksamkeit« vorgehalten wo r den statt Parth ein solcher an Belehrungslust. Ich b e schloss, es dazu nicht noch einmal kommen zu lassen.
    Ich folgte ihm ein Stück die Straße hinunter. »Das ist eine Kaserne; da wohnen Soldaten drin«, erklärte er mir. »Und das dort, am Ende der Kaserne, ist eine Kantine. Dort können Soldaten sich bei einem Bier entspannen, wenn sie dienstfrei haben.« Die Besichtigungstour des Forts fand dort ihr vorzeitiges Ende. Die Kaserne war aus grün und weiß gestrichenen Holzbohlen errichtet worden – ein langes, flaches Gebäude mit einer offenen Veranda, die die gesamte Frontseite einnahm. Soldaten, die diens t frei hatten, saßen dort auf harten Bänken in dem dürft i gen Schatten und nähten, putzten ihre Stiefel oder rauc h ten oder aßen. Vor der Kantine bot eine weitere Veranda einer Klasse von Männern Zuflucht, die
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