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Neuromancer

Neuromancer

Titel: Neuromancer
Autoren: William Gibson
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bediente die wenigen Gäste, zumeist stumme Be—soffene. Ratz‘ Plastikarm surrte, als er das Bierglas hob und trank. Sein kahlgeschorener Schädel glänzte vor Schweiß. »Siehst schlecht aus, 12
    Megabyte = Maßeinheit für die Speicherkapazität eines Computers. Der Übers.
    13
    RAM = wörtl. Random Access Memory = Speicher mit wahlfreiem Zugriff, Arbeitsspeicher. Im RAM kann der Anwender Daten ablegen und wieder herauslesen. - Der Übers.
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    Freund Künstler«, sagte er, wobei er sein feuchtes, defektes Gebiß bleckte.
    »Mir geht‘s gut«, sagte Case und grinste wie ein Totenkopf. »Super.« Er ließ sich gegenüber von Ratz auf einen Stuhl fallen, ohne die Hände aus den Taschen zu nehmen.
    »Und du wanderst in so‘nem tragbaren Bunker aus Schnaps und Speed
    herum, sicher. Schützt vor den derberen Gefühlen, ja?«
    »Warum kümmerst du dich nicht um deinen eigenen Dreck, Ratz? Hast
    du Wage gesehn?
    »Schützt vor Angst und dem Alleinsein«, fuhr der Barkeeper fort. »Hör auf die Angst! Vielleicht ist sie dein Freund.«
    »Was von 'ner Schlägerei in der Spielhalle heut' nacht gehört, Ratz? Jemand verletzt?«
    »Idiot hat jemand vom Wachdienst niedergestochen.«
    Er zuckte die Achseln. »Ein Mädchen, wird gesagt.«
    »Ich muß mit Wage reden, Ratz. Ich...«
    »Ah.« Ratz verkniff den Mund zu einem Strich. Er blickte an Case vorbei zum Eingang. »Schätze, du wirst gleich Gelegenheit haben.«
    Case schossen plötzlich die Shuriken im Schaufenster durch den Kopf.
    Das Speed kreischte in seinem Schädel. Die Pistole in seiner Hand war schlüpfrig vor Schweiß.
    »Herr Wage«, sagte Ratz, wobei er langsam den pink Greifer wie zum
    Händeschütteln ausstreckte. »Was für eine Freude. So selten beehren Sie uns.«
    Case wandte den Kopf um und blickte in das Gesicht von Wage. Es war
    eine sonnengebräunte Null-acht-fünfzehn-Visage. Die Augen bestanden aus laborgezüchteten, meergrünen Nikon-Transplantaten. Wage trug einen
    dunkelgrauen Seidenanzug. Schlichte Platinarmreife umspannten seine
    Handgelenke. Links und rechts von ihm standen seine Macker, fast identische Knaben mit transplantierten Muskelpaketen an Armen und Schultern.
    »Wie geht's, Case?«
    »Gentlemen«, sagte Ratz, wobei er mit seiner pink Plastikklaue den
    überfüllten Aschenbecher vom Tisch nahm. »Ich will keinen Ärger hier.«
    Der Aschenbecher war aus dickem, unzerbrechlichem Plastik und warb für Tsingtao-Bier. Ratz zerquetschte ihn mühelos, so daß grüne Plastiksplitter auf den Tisch rieselten. »Kapiert?«
    »He, Süßer«, sagte einer der Macker, »willste diese
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    Nummer auch bei mir probieren?«
    »Mach dir nicht die Mühe, auf die Beine zu zielen, Kurt«, sagte Ratz im Plauderton. Case blickte durch, die Bar und sah den Brasilianer, der hinterm Tresen stand und ein Distanzgewehr der Marke Smith & Wesson auf das Trio gerichtet hielt. Der Lauf aus einer papierdünnen Legierung, verstärkt mit einem Kilometer Glasfaser, war so weit, daß eine Faust hinein—paßte. Das offene Magazin enthüllte fünf fette, orange Patronen, subsonische Gummischrapnells.
    »Technisch gesehen nicht tödlich«, bemerkte Ratz.
    »He, Ratz«, sagte Case, »ich schulde dir was.«
    Der Barkeeper zuckte die Achseln. »Nichts schuldest du mir. Die da«, und er funkelte Wage und seine Macker an, »sollten es besser wissen. Im Chatsubo wird niemand erledigt.«
    Wage hustete. »Wer redet denn von erledigen? Wir wollen uns unterhalten, rein geschäftlich. Case und ich, wir arbeiten zusammen.«
    Case zog die 22er aus seiner Tasche und richtete sie auf seinen Schritt. »
    Ich höre, du willst mich kaltmachen.« Ratz' pink Klaue legte sich um die Pistole, so daß Case die Hand erschlaffen ließ.
    »Hör mal, Case, was ist'n los mit dir? Hast wohl 'n Ei auf dem Dach? Was soll der Scheiß, daß ich dich umbringen will?« Wage wandte sich an den Knaben zu seiner Rechten. »Ihr zwei verzieht euch ins Namban! Wartet dort auf mich!«
    Case verfolgte, wie die beiden die Bar durchquerten, die nun völlig leer war bis auf Kurt und einen Matrosen in Khaki, der gekrümmt vor einem Barhocker am Boden kauerte. Der Lauf der Smith & Wesson folgte den beiden zur Tür und schwenkte dann zurück auf Wage. Das Magazin von
    Cases Pistole rasselte auf den Tisch. Ratz hielt die Knarre in seiner Klaue und pulte die Patrone aus der Kammer.
    »Wer hat gesagt, daß ich dich fertigmachen will, Case?« fragte Wage.
    Linda.
    »Wer hat das gesagt, Mann? Versucht jemand, dich
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