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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie
Autoren: W Gibson
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so blöd drein wie ein Holzklotz, »keiner rührt sich, bis ich mir euch vorknöpfe.«
    Der dürre Typ lachte bloß.
    »Schnauze«, sagte Molly, als wäre sie mit den Gedanken ganz woanders. Sie schoss, ohne die Waffe auch nur anzusehen. Blauer Lichtblitz an der Wand neben seinem Kopf, und Mona klangen derart die Ohren, dass sie nichts mehr hörte.

    Der magere Typ lag zusammengekrümmt auf dem Boden, den Kopf zwischen den Knien.
    Angie ging zu der Trage, auf der der Tote lag, von dessen Augen man nur noch das Weiße sah. Langsam, ganz langsam, als würde sie unter Wasser gehen, und dieser Ausdruck in ihrem Gesicht …
    Monas Hand in der Jackentasche versuchte wie aus eigenem Antrieb, etwas rauszufinden. Drückte auf der Tüte herum, die sie unten aufgehoben hatte. Und verriet ihr, dass Wiz drin war.
    Sie zog die Tüte heraus, und es stimmte tatsächlich. Klebrig von trocknendem Blut. Drei Kristalle drin, und irgendein Derm.
    Sie wusste nicht, warum sie die Tüte gerade jetzt rausgezogen hatte, außer dass sich niemand rührte.
    Der Typ mit dem Kampffisch hatte sich aufgesetzt, blieb jedoch, wo er war. Angie war drüben an der Trage, schien aber nicht den Toten anzusehen, sondern den grauen Kasten, der in einer Art Gestell über seinem Kopf angebracht war. Cherry aus Cleveland hatte sich an die Bücherwand gelehnt und presste sich die Knöchel in den Mund. Der große Kerl stand einfach neben Molly, die den Kopf schräg hielt, als würde sie auf irgendwas lauschen.
    Mona hielt es nicht mehr aus.
    Der Tisch hatte eine stählerne Platte. Darauf lag ein staubiger Stapel Endlospapier, mit einem alten Metallklotz beschwert. Sie knallte die drei gelben Kristalle wie Knöpfe in einer Reihe hin, griff sich den Metallklotz und zerstampfte sie – eins, zwei, drei – zu Pulver. Das wirkte: Alle schauten her. Außer Angie.
    »’tschuldigung«, hörte Mona sich sagen, als sie das Häufchen grobes gelbes Pulver in die aufgehaltene linke Hand strich. »So isses« – sie steckte die Nase in das Häufchen
und schnupfte – »nun mal«, ergänzte sie und schnupfte den Rest.
    Niemand sagte ein Wort.
    Und wieder das stille Zentrum. Wie beim letzten Mal.
    So schnell, dass es stillstand.
    Das Reich Gottes. Das Reich Gottes ist nah.
    So schnell, so still, dass sie in Einzelbildern registrierte, was als Nächstes geschah: Das mächtige Lachen, haha , als wär’s gar kein Lachen. Durch einen Lautsprecher. Hinter der Tür. Von draußen auf dem Steg. Und Molly dreht sich einfach um, geschmeidig wie Seide, schnell, aber ohne Hast, und die kleine Knarre klickt wie ein Feuerzeug.
    Dann der blaue Lichtblitz draußen, und der große Kerl wird von hinten, wo altes Eisen reißt, mit Blut bespritzt, und Cherry schreit, ehe der Steg mit lautem, komplexem Getöse auf den dunklen Boden unten kracht, wo sie das Wiz in der blutigen Tüte gefunden hat.
    »Gentry«, sagt jemand, und sie sieht, dass es von einem kleinen Bildschirm auf dem Tisch kommt, auf dem das Gesicht eines jungen Mannes zu sehen ist, »steck jetzt Slicks Fernsteuerung ein. Sie sind im Gebäude.« Der Typ mit der Kampffischfrisur rappelt sich auf und fängt an, mit Kabeln und Konsolen zu hantieren.
    Und Mona konnte nur zuschauen, weil es in ihr so still war und weil alles so interessant war.
    Wie der große Kerl losbrüllt und rüberrennt und schreit, dass sie ihm gehören, ihm. Wie das Gesicht auf dem Bildschirm sagt: »Hör auf, Slick, die brauchst du nicht mehr …«
    Dann springt irgendwo unten ein Motor an, Mona hört ein Scheppern und Klappern, dann schreit unten jemand auf.
    Und nun scheint die Sonne in das hohe, schmale Fenster, also geht sie rüber und schaut hinaus. Und draußen ist was, eine Art Lastwagen oder Hover, nur ist der anscheinend unter
einem Haufen von Kühlschränken, nagelneuen Kühlschränken und Trümmern von Plastikkisten begraben, und jemand in einem Tarnanzug liegt mit dem Gesicht im Schnee, und weiter hinten steht noch ein Hover, das offenbar völlig ausgebrannt ist.
    Interessant.

40
    Satindünen
    Angela Mitchell erfasst diesen Raum und die Anwesenden durch sich verschiebende Datenflächen, die Perspektiven darstellen, obwohl sie in den meisten Fällen nicht recht weiß, wer oder was die jeweilige Perspektive einnimmt. Es gibt eine beträchtliche Anzahl von Überlappungen und Widersprüchen.
    Der Mann mit dem ausgefransten Haarkamm in der schwarzen, perlenbesetzten Lederkluft ist Thomas Trail Gentry (Geburtsdatum und SIN-Nummer durchfluten sie), ohne
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