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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin
Autoren: Susan Meissner
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    „Du und Brad, ihr solltet aus diesem winzigen Apartment an der West Side ausziehen und das hier kaufen. Die Eigentümer verschenken es ja praktisch.“
    Das sagte sie in einem Tonfall, der nach einer Reaktion meinerseits verlangte, aber ich ließ ihre Bemerkung einfach in den Sonnenstrahlen verfliegen, die in den Raum fielen und uns liebkosten. Es war eine Bemerkung, auf die ich nichts zu entgegnen wusste.
    Meine Mutter ließ ihren Blick durch die beiden großen Räume schweifen, die sie eingerichtet hatte, und verzog missmutig das Gesicht, als er auf den Kaminsims mit der stummen Uhr fiel.
    „Nun, dann werde ich eben später noch einmal zurückkommen müssen“, sagte sie in die Stille hinein. „Der Besichtigungstermin ist gleich morgen früh.“ Sie drehte sich um und meinte: „Komm, ich bringe dich noch zurück zum Laden.“
    Wir traten hinaus in die Aprilsonne und gingen zu ihrem Lexus, der auf der gegenüberliegenden Seite vor einer Reihe von Stadthäusern geparkt war, die genauso aussahen wie das, welches wir gerade verlassen hatten. Als wir losfuhren, wurde das Schweigen im Auto bedrückend, und ich holte mein Handy aus der Handtasche, um nachzuschauen, ob mir irgendwelche Anrufe entgangen waren. Auf dem Hinweg hatte ich ein geschäftliches Telefonat mit Emma geführt. Es war dabei um eine Kiste mit alten Büchern gegangen, die sie auf einem Flohmarkt in Cardiff erstanden hatte. Das Gespräch hatte die gesamte Fahrtzeit vom Laden bis zu dem Stadthaus gedauert, und mir wäre es am liebsten gewesen, wenn ich jetzt wieder so ein geschäftliches Gespräch mit jemandem hätte führen können. Meine Mutter würde nämlich bestimmt nach Brad fragen, wenn das Schweigen noch länger andauerte. Mein Handy zeigte jedoch leider keinen Anruf in Abwesenheit an, und ich begann, mir das Hirn nach einem Gesprächsthema zu zermartern. Plötzlich fiel mir ein, dass ich meiner Mutter noch gar nicht von der neuen Verkäuferin erzählt hatte, die ich für den Antiquitätenladen eingestellt hatte. Ich holte also Luft, um ihr von Stacy zu erzählen, aber da war es bereits zu spät.
    „Und, was hast du so von Brad gehört?“, fragte sie munter.
    „Es geht ihm gut.“ Meine Antwort kam so schnell, dass es klang, als hätte ich sie eingeübt. Meine Mutter wandte den Blick kurz von der Straße ab und sah zu mir herüber, um dann ihre Aufmerksamkeit sofort wieder auf die Straße zu richten. Vor ihr fuhr ein Taxi los und schnitt sie, woraufhin sie auf die Hupe drückte. Dann wandte sie sich wieder mir zu. „Was meinst du denn, wie lange er noch in New Hampshire bleiben wird?“, fragte sie mit gerunzelter Stirn. „Ihr wollt doch sicher nicht ewig zwei Haushalte führen, oder?“
    Ich atmete hörbar aus. „Es ist ein wirklich guter Job, Mama. Ihm gefallen die Abwechslung und die neuen Aufgaben, und außerdem ist er doch auch erst seit zwei Monaten weg.“
    „Das mag ja sein, aber es ist doch für euch beide sicher ziemlich anstrengend und umständlich, zwei Haushalte zu führen, ganz zu schweigen von den Kosten und den langen Trennungen.“ Sie hielt inne, aber nur für einen kurzen Moment. „Ich verstehe einfach nicht, wieso er nicht etwas Entsprechendes hier in New York finden konnte. Bieten denn nicht alle großen Kliniken in etwa die gleichen Stellen für Radiologen? Das hat mir jedenfalls dein Vater erzählt, und der muss es doch schließlich wissen.“
    „Dass es überall ähnliche Jobs an Kliniken gibt, muss doch nicht unbedingt heißen, dass auch die passenden Stellen frei sind, Mama.“
    Sie trommelte auf dem Lenkrad herum. „Ja, aber dein Vater hat gesagt …“
    „Ich weiß, dass Vater meint, er hätte Brad helfen können, auf Long Island etwas zu finden, Mama, aber Brad wollte nun mal genau diesen Job. Und ich will dir ja auch nicht zu nahetreten, Mama, aber die Leitung des technischen Dienstes stellt nun mal keine Radiologen ein.“
    Wahrscheinlich hätte ich mir diese Anmerkung lieber verkneifen sollen. Wahrscheinlich würde sie nämlich meinem Vater jetzt erzählen, was ich gesagt hatte, und zwar nicht, um ihn zu verletzen, sondern nur, um ihrem Frust darüber Luft zu machen, dass sie mich nicht davon hatte überzeugen können, dass sie recht hatte und ich unrecht. Trotzdem würde es ihn verletzen.
    „Tut mir leid, Mama“, fügte ich also rasch hinzu. „Bitte erzähl ihm nicht, dass ich das gesagt habe, okay? Ich möchte das alles nicht schon wieder aufwärmen.“
    Aber
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