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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin
Autoren: Susan Meissner
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sagen sollen, hätte deutlich machen sollen, wie stolz ich darauf war, dass man ihn auserwählt hatte, aber ich konnte an nichts anderes denken als daran, dass Brad sich tatsächlich für diesen Job entscheiden könnte und wir aus New York weggehen müssten. Ich fragte mich schon, wie ich meiner Mutter und Tante Thea beibringen sollte, dass ich das Antiquitätengeschäft aufgeben müsse. Thea, die in einer betreuten Seniorenwohnanlage in Jersey City untergebracht war, würde wahrscheinlich darauf bestehen, dass dann meine Mutter wieder die Geschäftsführung übernahm, denn sie vertraute nur Blutsverwandten. Und darüber wiederum würde meine Mutter wahrscheinlich nicht besonders begeistert sein, denn Antiquitäten waren nicht ihr Ding. Und schon allein der Gedanke an meinen Umzug, daran, all das zu verlassen, was mir vertraut war, beunruhigte mich.
    „Aber das ist in New Hampshire – weit weg“, sagte ich.
    Er strich erneut über den Henkel seiner Tasse. „Es wäre ein Riesenschritt auf der Karriereleiter für mich“, fügte er hinzu und starrte weiterhin auf den Tisch hinab.
    Meine Gedanken wanderten zu meinen Eltern. Sie würden einen solchen Wechsel wahrscheinlich als kometenhaften Aufstieg betrachten, selbst wenn es bedeutete, dass wir Manhattan würden verlassen müssen. Auf jeden Fall würde mein Vater es so sehen. Meine Eltern vergötterten Brad; das war schon immer so gewesen. Sie würden sicher nicht ausflippen, wenn ich ihnen erzählte, dass wir wegziehen würden, aber meine Mutter wäre wahrscheinlich verärgert darüber, dass ich dann den Laden nicht mehr würde führen können …
    „Und willst du dir die Sache denn mal anschauen?“, fragte ich schließlich.
    Meine Frage stieß auf ein Schweigen, das mir endlos vorkam. Und als Brad dann endlich aufblickte, wusste ich es.
    Er hatte den Job bereits angenommen.
    Ich stieß mit dem Ellbogen gegen meine Kaffeetasse, sodass ein kleiner Schwall Kaffees herausschwappte und den Sportteil der Zeitung besprenkelte. „Du hast schon Ja gesagt? Ohne es dir auch nur anzuschauen?“
    „Ich war vergangene Woche zu einem Vorstellungsgespräch da. Sie haben mir den Flug bezahlt …“
    Ich empfand eine Mischung aus Beschämung und Überraschung, die mich erröten ließ. Brad war wahrscheinlich an einem Tag nach New Hampshire und wieder zurückgeflogen, an dem ich davon ausgegangen war, dass er eine Zwölfstundenschicht hatte.
    „Warum hast du mir nichts davon gesagt?“, murmelte ich.
    Er schob seine Tasse von sich weg. „Weil ich mir die ganze Sache allein ansehen wollte.“
    Die Luft im Raum schien zu stehen. „Aber warum?“
    Brad strich sich mit der Hand über sein noch unrasiertes Gesicht. „Weil … weil ich da schon wusste, dass ich dich nicht bitten würde, meinetwegen irgendwelche Veränderungen in deinem Leben vorzunehmen.“
    Mir blieb vor Überraschung der Mund offen stehen. „Was soll denn das heißen?“
    Doch ich wusste es schon. Es sollte heißen, dass er allein nach New Hampshire gehen wollte.
    Er stieß beim Ausatmen einen Seufzer aus wie jemand, der um eine Erklärung für etwas gebeten wird, das eigentlich sonnenklar ist. „Ich glaube, es ist Zeit, dass wir ehrlich sind“, sagte er, und es klang so, als hätte er diese Situation schon hundertmal durchgespielt. „Ich glaube, wir brauchen eine kleine Auszeit.“
    Mein erster Gedanke war, dass er einen Scherz machte. Aber über so etwas macht man keine Scherze. Das Schlimmste war jedoch, dass er offenbar glaubte, ich wüsste Bescheid. Er glaubte, dass ich es ebenfalls für nötig hielt, ein bisschen Abstand zu bekommen. Dass ich auch der Meinung sei, unsere Ehe stecke in einer Sackgasse. Dass ich ebenfalls glaubte, eine vorübergehende Trennung würde uns guttun, und dass ich nur so getan hätte, als wäre mir das nicht ebenfalls klar. Er musste schon eine ganze Weile so empfunden haben. Und ich hatte keine Ahnung gehabt.
    Augenblicklich kamen mir die Tränen. Zwei davon lösten sich und liefen mir übers Gesicht. Brad wandte den Blick ab.
    „Eine Auszeit wovon?“, flüsterte ich. „Brauchst du eine Auszeit von mir?“
    „Jane …“, setzte er an, und plötzlich überfiel mich der Gedanke, dass er eine Affäre haben könnte, mit einer solchen Wucht, dass mir schwindelig wurde.
    „Gibt es eine andere?“, platzte es aus mir heraus. „Gibt es eine andere Frau? Hast du eine Affäre?“
    „Nein.“
    Die Antwort kam sehr schnell, aber auch mit derselben müden Stimme.
    „Du hast keine
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