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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Buch lesen konnte.
     
    Als ich ins Haus kam, stand Mam in der Küchentür und sagte mit erstickter Stimme: »Er hat eine Freundin.«
    Während ich weg war, hatte sie Dad erreicht, und die Wahrheit traf sie mit neuer Wucht. »Von all den Leuten, die ich kenne, ist das noch nie jemandem passiert. Was habe ich bloß falsch gemacht?«
    Sie warf sich mir in die Arme und sackte zusammen, und ich spürte etwas Hartes an meinem Hüftknochen – die Porridgeschüssel, die sie in die Tasche ihres Morgenmantels gesteckt hatte. Sie weinte wie ein Kind, ein lautes Schluchzen, Luftholen, Keuchen, Schluchzen, und es brach mir fast das Herz. Sie war völlig aufgelöst, und ich gab ihr die beiden Nottabletten und brachte sie wieder ins Bett. Kaum atmete sie friedlich, kramte ich das Rezept für die Beruhigungstabletten hervor, die Doktor Bailey mir gegeben hatte – sobald sich eine Gelegenheit ergab, würde ich zur Apotheke fahren.
    Dann rief ich, außer mir vor Wut, Dad an, der überrascht – überrascht , also wirklich – klang, als er meine Stimme hörte.
    »Du kommst heute Abend hierher und erklärst dich«, sagte ich wütend.
    »Es gibt nichts zu erklären«, sagte er, »Colette hat gesagt …«
    »Scheiß auf Colette, mir ist es scheißegal, was Colette sagt. Du kommst hierher und benimmst dich anständig.«
    »Wie redest du eigentlich?«, sagte er schmollend. »Also gut. Gegen sieben bin ich da.«
    Ich legte den Hörer auf, und der Boden erbebte unter meinen Füßen. Mein Vater hatte eine Affäre. Mein Vater hatte meine Mutter verlassen .
     
    Ich machte es mir auf dem Bett neben Mam bequem und fing an, das Buch, das von mir handelte, zu lesen. Am Nachmittag machte Mam ein Auge auf. »Was liest du da?«, murmelte sie.
    »Ein Buch.«
    »Aha.«
    4
    AN:   [email protected]
VON:  [email protected]
THEMA:  Welche Frau nimmt ihrer besten Freundin den Mann weg, schreibt dann ein Buch und erwähnt es nicht?
     
    Ein neuer Tag, ein neuer Schmerz.
    Neue schockierende Nachrichten, ganz frisch. Lilys Buch ist auf dem Markt. Ja, Lily Wright, die Männergrabscherin. Lily Wright mit der kahlen Stelle. Es ist ein komisches Buch, fast ein Kinderbuch, nur dass es keine Bilder hat und die Wörter zu schwierig sind. Es handelt von einer Hexe namens Mimi (ja, ganz richtig, eine Hexe), die in ein Dorf kommt, vielleicht in Irland, vielleicht in England, vielleicht aber auch auf dem Mars, und anfängt, sich in das Leben der Menschen einzumischen. Sie belegt sie mit Zaubersprüchen und gibt Anweisungen wie »Man nehme eine Hand voll Mitleid und eine Prise Intelligenz und eine großzügig bemessene Portion Liebe«. Kann einem schlecht von werden. Und ich komme nicht vor, du kommst nicht vor, ich glaube, selbst Anton kommt nicht vor. Die einzige Gestalt, die ich erkenne, ist ein niederträchtiges Mädchen mit Korkenzieherlocken  – das muss Cody sein.
    Ich hatte es in vier Stunden durch, aber wahrscheinlich kaufen Millionen von Menschen das Buch, und dann ist sie Millionärin und eine gefeierte Berühmtheit. Das Leben ist so gemein.
    Als ich es durch hatte, musste ich Mam aus dem Bett holen, weil Dad kommen wollte. Sie weigerte sich, etwas anzuziehen – aus dem Morgenmantel kommt sie gar nicht mehr raus. Und die Porridgeschüssel gibt sie auch nicht mehr her, als warte sie darauf, dass die Polizei sie als Beweisstück A in einen Plastikbeutel stecken würde.
    Dann kam Dad – er benutzte seinen Schlüssel, was ich überhaupt nicht in Ordnung fand –, und ich kriegte einen richtigen Schreck. Es waren keine zwei Tage vergangen, und schon jetzt sah er ganz anders aus. Deutlicher, mit schärferen Umrissen, weniger verschwommen. Mir wurde plötzlich klar, wie ernst die ganze Sache war, als ich ihn in seinen neuen Sachen sah. Oder Sachen, die ich nicht kannte. Eine braune Wildlederjacke – wer hätte das gedacht! Ansätze von Koteletten, quer über die Glatze gekämmte Strähnen, und dann die Turnschuhe. Oh, Mutter Gottes, was für Turnschuhe! Strahlend weiß und so klobig, dass es aussah, als würden sie ihn spazieren führen und nicht umgekehrt.
    »Was wird hier gespielt?«, fragte ich.
    Und ohne sich auch nur hinzusetzen, sagte er, es täte ihm Leid, aber er sei in Colette verliebt und sie in ihn.
    Es war so unglaublich, es war schrecklich. Was stimmte an der Situation nicht? So gut wie alles.
    »Aber was ist mit uns?«, fragte ich. »Was ist mit Mam?« Ich dachte, damit hätte ich ihn, denn er war immer ein so

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