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Netha-Chrome

Netha-Chrome

Titel: Netha-Chrome
Autoren: Janco Weiland
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ja nicht, dass ich dich aus dem Knast hole, wenn man dich beim Knutschen einer KI erwischt.“
    Ich presste die Lippen aufeinander. Ich hatte Sydney geküsst. Warum ich das getan hatte, wusste ich bis heute nicht. Ich konnte die menschliche Frau nicht bekommen, also versuchte ich mir die künstliche zu angeln? Das war nicht nur erbärmlich sondern in höchstem Maße illegal. Ich riskierte viel, und Sydney auch. Aber ich musste einfach zugeben, dass mir etwas an dieser Schraube lag. Also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und ging zu ihr rüber.
    Als wir uns gegenüberstanden, brachten wir zunächst nicht mehr als ein schüchternes „Hallo“ heraus. Wir standen dumm in der Gegend wie Teenager und wussten nicht, was wir nun tun sollten.
    „Äh, tja“, begann ich dann und rieb meinen Nacken. „Schön, dass du da bist.“ Mann, war das dumm!
    „Ja“, entgegnete Sydney leise. „Ich bin froh, dass Sie wieder auf freiem Fuß sind.“
    „Erste Regel der menschlichen Interaktion: Nach einem Kuss sagt man Du.“ Ich lächelte und hatte nun endlich einen Anfang für unser Gespräch gefunden. Sydney lupfte ihre linke Augenbraue.
    „Wirklich?“
    „Ja, wirklich. Kein Witz.“
    „In Ordnung.“ Schweigende Blicke. Ich rieb meine Hände.
    „Ja, also…äh, du weißt nicht zufällig, wer meine Kaution bezahlt hat?“ Sydney legte nun ebenfalls ein Lächeln auf. Fast schien es, als fiel ihr ein Stein vom Herzen, weil ich ganz schnell wieder das Thema gewechselt hatte.
    „Das war ich.“
    „Du? Aber…das waren doch…mehrere Millionen Kredite.“
    „Siebzehn Komma fünf Millionen Kredite um genau zu sein. Du wurdest immerhin wegen schwerer Sachbeschädigung und tätlichem Angriff auf mehrere MDA-Beamte verurteilt.“ Ich zuckte die Achseln.
    „Die haben mir ja keine Wahl gelassen. Aber woher zum Teufel hast du so viele Kredite?“ Nun zuckte die KI mit den Schultern.
    „Ich beanspruche lediglich zwölf Komma sechs Prozent meines Monatslohnes für mich. Den Rest benötige ich nicht, da meine Ansprüche anders sind als die eines Menschen. Also lege ich die übrigen Kredite an. Deine Kaution zu bezahlen war also kein Problem für mich.“ Ich kniff die Lippen aufeinander und nickte anerkennend.
    „Okay…“
    „Okay…“ Wieder trat bösartiges Schweigen zwischen uns und meine hilflosen Blicke wanderten zur Latina hinüber. Diese schüttelte warnend den Kopf, aber ich wollte nicht mehr auf Tijuanas Warnungen hören.
    „Der Kuss…“, begann Sydney dann und erhielt wieder meine volle Aufmerksamkeit.
    „Ja?“
    „Das war eine…sehr interessante Erfahrung.“ Ich grinste.
    „Ja, für mich auch. Du bist meine erste KI.“
    „Und du mein erster Mensch“, lächelte sie verlegen. „Aber…aber wir dürfen es nicht.“
    „Das Protektorats-Dekret“, murmelte ich leise aber mit einer ordentlichen Portion Wut. Sydney nickte.
    „Ja.“
    „Mir ist das Protektorats-Dekret scheißegal!“ Die KI schaute mich zunächst verwirrt und erstaunt an, dann lächelte sie aber leicht.
    „Ich wünschte manchmal, ich könnte mich so einfach über Bestimmungen hinwegsetzen wie du.“ Ich neigte meinen Kopf und zuckte mit den Achseln.
    „Du kannst das…“
    „Gesetz ist Gesetz“, sagte die Agentin und ich seufzte. Mir fiel es ebenfalls nicht leicht, dieses neue Gesetz zu ignorieren. Dekrete waren anders als irgendwelche Bestimmungen. Dekrete ignorierte man nicht. Dekrete brach man nicht. Es waren Erlässe, die direkt vom Protektorat kamen und zu unserer Einheit und zu unserem Wohl herausgebracht wurden. Sie regelten nicht nur das tägliche Zusammenleben, sie legten die Mentalität unseres Volkes fest. Es waren die Grundfesten unserer Gesellschaft, und für gewöhnlich akzeptierte selbst ich solche Gesetze. Für gewöhnlich!
    „Ich verrate es keinem, wenn du es auch nicht tust“, sagte ich und beschloss einfach, mein Ding durchzuziehen. Jetzt oder nie!
    Ich trat näher an sie heran und legte meine Hände an ihre Hüfte. Ich sog ihren Duft ein und verlor mich in ihren Augen. Dieses eisblaue Meer erinnerte mich daran, dass ich irgendwann einmal in das Gebilde zurückkehren und abermals eine Nacht am Strand verbringen musste. Mit Sydney. Zusammen auf einer Liege, die wir nicht nur zum Schlafen benutzten.
    Unsere Gesichter näherten sich einander an. Gerade, als ich ihr einen Kuss geben wollte, flackerte etwas vor meinem inneren Auge auf und alles wurde plötzlich glutrot. BAS spie eine Fehlermeldung nach der anderen aus, Bilder
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