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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters
Autoren: Ralf Isau
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Richter, denn das ist, was dir bestimmt wurde.«
    Nachdem nun auch Gimbar überwältigt und sprachlos war – bei ihm, wie man weiß, ein äußerst seltener Zustand –, konnte sich Goel um Yomi kümmern.
    »Du bist nicht der Geringste, Yomi. Das sage ich nicht nur, weil du der Längste im Kreise deiner Gefährten bist. Du hast den siebten Richter aus dem Wasser gefischt, als er vor dem Ewigen Wehr über Bord ging. Du bist sein ältester und treuester Begleiter. Wenn Not am Mann war, hast du ihm stets zur Seite gestanden. Ich bin sicher, du wirst dem jungen Richter ein tüchtiger Ratgeber sein, der so manchen voreiligen Entschluss durch seine Bedächtigkeit zu bremsen weiß.«
    Jonathan warf dem bestürzten Yomi ein aufmunterndes Lächeln zu.
    Dann klatschte Goel in die Hände. »So, meine Lieben. Und jetzt sollten wir uns auf den Weg in mein Haus machen. Dort warten einige Freunde, die ihr sicher gerne wieder sehen werdet.«
    Yehsir schaute sich verwirrt um und der Karawanenführer in ihm meldete sich zu Wort. »Wo habt Ihr Eure Pferde und Zelte? Die Reise von Eurem Heim bis hierher muss doch mindestens drei Tage in Anspruch genommen haben. Jeder weiß, dass das Haus der Richter Neschans dicht bei Ganor liegt, auf der anderen Seite des Grenznebels – also beinahe hundert Meilen von dem Ort entfernt, an dem wir uns gerade befinden.«
    Aber Goel zeigte nur einmal mehr sein schwer zu deutendes Lächeln, warf Jonathan einen Seitenblick zu und erwiderte: »Wer durch den Nebel geht, für den folgen Zeit und Raum anderen Gesetzen, Bezel. Er kann große Entfernungen zurücklegen, als wären es nur wenige Schritte. Du wirst es nicht glauben, aber ich selbst weiß nicht, wo sich mein Haus befindet. In wenigen Stunden kann man von dort Ganor erreichen, aber genauso schnell ist man auch in der Steppe, die im Osten an Gan Mischpad grenzt. Und stell dir vor, sogar vom Cedan habe ich niemals eine Spur in dem Garten gefunden, obwohl er mitten durch ihn hindurchfließen müsste.« Und mit schalkhaftem Lächeln fügte er hinzu: »Wie auch immer, zumindest sichert uns dieser Umstand ein warmes Abendessen.«
    Die Runde am richterlichen Tisch hatte sich erweitert. Nun saßen auch Baltan, Schelima und Sahavel im Kreis der Ankömmlinge und beteiligten sich an den lebhaften Gesprächen.
    Die Wiedersehensfreude von Gimbar und Schelima rührte nicht nur Baltan, der still vor sich hin lächelte. Der Tuchhändler spürte, dass er unmittelbar vor seinem größten Handel stand: dem Erwerb eines äußerst geschäftstüchtigen Schwiegersohns.
    Gleich nach der Ankunft im Haus der Richter Neschans hatte Jonathan mitverfolgt, wie Gimbar zu Baltan eilte. Nach einer kurzen, aber herzlichen Begrüßung steckten beide die Köpfe zusammen und verfielen in angeregtes Tuscheln. Dann klopfte der Kaufmann dem Zweimalgeborenen kräftig die Schulter, strahlte über das ganze Gesicht und aufmunternd nickend entließ er den jungen Mann in Schelimas Richtung.
    An der wohl gefüllten Tafel Goels übten sich die beiden jungen Leute lange in Schweigen. In einem Ozean des Glückes waren ihnen die Worte abhanden gekommen. Jonathan kannte dieses Bild bereits – ein kleiner Mann mit gebogener Raubvogelnase und ein anmutiges, lächelndes Mädchen, die einfach nur dasaßen, sich bei den Händen hielten und in den Augen des anderen nach Dingen forschten, die jedem Außenstehenden verborgen bleiben mussten. Früher hatten solche seltsam wortkargen Unterhaltungen Jonathan stets mit Unverständnis erfüllt. Doch nun freute er sich am Glück der beiden Freunde.
    Seltsam, dass er gerade in diesem Augenblick daran dachte, aber vielleicht war es ja sogar möglich, dass auch er sich mit Bithya etwas besser vertragen konnte. Natürlich würde er sie niemals heiraten! Diese Möglichkeit schloss er von vornherein aus – zumindest war sie äußerst unwahrscheinlich. Aber Goel hatte gesagt, er wolle seine letzten Lebensjahre mit der Ausbildung des siebten Richters verbringen – einer langen, beschwerlichen Ausbildung. Da erschien es doch nur vernünftig, ab und zu einen gleichaltrigen Menschen in der Nähe zu wissen, mit dem man einige Worte wechseln konnte, eine gute Freundin, nicht mehr. Jonathan beschloss dieses bei nächster Gelegenheit in Angriff zu nehmen.
    Er erschrak. Er tat ja gerade so, als gäbe es die Welt, aus der er eben erst gekommen war, überhaupt nicht mehr. Was war mit seinem Großvater, mit dem alten Samuel und all den anderen in Jabbok House?
    »Goel, ich muss
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