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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters
Autoren: Ralf Isau
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wusste, woher er kam. Er war Jonathan und zugleich auch Yonathan. Als er einst in Din-Mikkiths Baumhaus gelegen hatte und sich selbst – oder seinen Traumbruder oder wie auch immer – besuchte, hatte er gesagt: »Schließlich sind wir doch beide irgendwie eins.« Nun wusste er, dass es tatsächlich so war.
    Aber trotzdem, hinter dem beinahe rauschähnlichen Hochgefühl, das diese Erkenntnis ihm bescherte, stand immer noch ein Spalier von brennenden Fragen. Erst wenn diese Unklarheiten ausgeräumt wären, würde er sich wirklich seiner unbeschwerten Freude hingeben können.
    Da Bithya nun ohnehin durch Gurgi abgelenkt war, konnte Jonathan die nächstliegende seiner Fragen stellen. »Wo sind meine Gefährten, Goel?«
    Der sechste Richter lächelte, was seine ohnehin schon schmalen Augen zu zwei dünnen Strichen verzog. »Ihr müsst Euch nur umwenden, Geschan, dann wisst Ihr es.«
    Jonathan folgte dem Wink von Goels Hand und tatsächlich, in diesem Augenblick formten sich Schatten in der gleichförmigen Wand des Grenznebels. Zuerst entdeckte er Yomi, der reichlich desorientiert wirkte. Dann erschienen auch Felin, Gimbar und schließlich Yehsir, der nicht nur seinen Rappen, sondern auch eine Kette von Packpferden mit sich führte.
    Voller Freude stürzte Jonathan seinen Gefährten entgegen, und man verbrachte einige Zeit mit nichts anderem, als sich um den Hals zu fallen, freudige Worte auszutauschen und – je nach Veranlagung – den Tränen freien Lauf zu lassen oder sie mühsam zurückzuhalten. Einen Moment hielt Jonathan inne.
    »Wo ist Kumi?«
    Ratlose Blicke flogen hin und her. Plötzlich war ein dumpfes Blöken zu hören. Gleich darauf formte sich ein Umriss aus der milchigen Substanz, der alle vorangegangenen im wahrsten Sinne des Wortes in den Schatten stellte. Erst sah man nur einen verschwommenen Schemen, aber dann wurden die Konturen allmählich immer deutlicher. Ein grünes Auge verschaffte sich klaren Blick, hakte sich an Jonathan fest und zog allmählich den Rest hinterher: den Kopf mit dem zweiten, dem blauen Auge, den langen, gebogenen Hals und schließlich den ganzen großen, weißen, unvermindert schwankenden Körper.
    Jonathan schob Gimbar ein Stück weit von sich und bat: »Entschuldige mich einen Augenblick. Ich muss noch einen anderen Freund begrüßen.« Dann rannte er auf Kumi zu und gab all das freudige Klopfen, das er gerade erst von Gimbars Hand empfangen durfte, an das weiße Lemak weiter. Selbst Kumi schien sich zu freuen.
    Goel und Bithya begrüßten derweil die Ankömmlinge.
    »Aller Friede Neschans sei mit euch«, rief der Richter mit ausgebreiteten Armen. Dann ging er auf Yehsir zu. »Du musst Bezel sein. Ich danke dir für deinen treuen Dienst. Du hast dich deines Namens wahrhaft als würdig erwiesen!«
    Yehsir verbeugte sich tief. »Euer Knecht hat nur seine Schuldigkeit getan, ehrenwerter Goel. Umso mehr danke ich Euch für Eure Wertschätzung.«
    »Du scheinst gar nicht so wortkarg zu sein, wie Baltan mir weismachen wollte.« Der alte Mann entließ den Karawanenführer und wandte sich dem nächsten der ehrfürchtig wartenden Männer zu.
    »Ich freue mich, wieder einmal meinen Urenkel zu sehen. Du bist ordentlich gewachsen, mein Sohn«, sagte er liebevoll zu Felin. »Ich weiß, dass die Verantwortung, die deiner harrt, nach derjenigen Geschans die größte ist. Aber ich weiß auch, dass du ihr gerecht werden kannst, sonst trügest du nicht das Schwert Bar-Schevet auf deinem Rücken. Vergiss nie, dass es wie Haschevet ein Diener des Lichts ist. Erweise auch du dich als ein solcher. Dann werden Geschan und du einst im großen Thronsaal von Cedanor Frieden ausrufen allen Völkern Neschans.«
    Gimbar begrüßte er mit den Worten: »Du hast eine bewegte Vergangenheit, Sohn Gims – nicht gerade das, was man von einem Diener Yehwohs gewohnt ist. Jonathan hat mir so einiges über dich verraten.« Der falkengesichtige Mann blickte verunsichert zu Jonathan hinüber, doch der konnte nur mit Schulterzucken antworten. Goel lächelte weise und fügte hinzu: »Ich weiß, dass du dich noch immer um die zurückliegenden Dinge grämst. Du verbirgst sie hinter einemunbekümmerten Äußeren. Von heute an wird man dich den ›Zweimalgeborenen‹ nennen. Deine ehemaligen Taten sind mit dem ersten Leben für immer gesühnt. Nun warten neue Aufgaben auf dich – eine davon nicht weit von hier, in meinem Haus. Die andere betrifft Jonathan, der nun den Namen Geschan trägt. Diene Yehwoh und seinem siebten
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