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Neongrüne Angst (German Edition)

Neongrüne Angst (German Edition)

Titel: Neongrüne Angst (German Edition)
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Zenk. Der könnte seine Stimme auf jeden Fall so verstellen, dass du nicht weißt, wer dran ist.«
    »Aber warum sollte er das tun, verdammt?«
    »Das ist mir egal, Hauptsache, wir kriegen ihn und er hört damit auf.«

6
    Es war ihr nie schwerer gefallen, sich von Leon zu trennen, als an diesem Abend.
    Es lag ein betörender Geruch in der Luft, als sei irgendwo auf dem Meer ein Tanker verunglückt, der aber kein Öl mit sich führte, sondern Blütendüfte. Der Wind wehte sie durch die Stadt wie eine Verheißung auf bessere Zeiten.
    Selbst jetzt, da sie über die graue Mülltonne gebeugt war, hatte sie immer noch das Gefühl, in einem Blumenmeer zu stehen. Da war ein Hauch von Lavendel und Jasmin, aber in der Tonne lagen die Reste von einem halben Hähnchen, die lederne Haut von einem Aal, dazu sein Kopf, und dazwischen fand sie ihren Rosenstrauß. Irgendjemand hatte eine volle Kaffeefiltertüte in den Abfalleimer geworfen. Die Stacheln der Rosen hatten den Filter aufgeschlitzt, schwarzbraune Sprenkel von Kaffeepulver ließen die Rosen merkwürdig düster erscheinen, als hätten sie eine bedrohliche Krankheit.
    Mit spitzen Fingern hob Johanna den Strauß aus dem Mülleimer und schüttelte ihn. Zerriebene Kaffeebohnen rieselten zu Boden.
    Meine Mutter wird ganz schön sauer auf mich sein, dachte Johanna. Eigentlich hätte ich heute Abend zu Hause sein sollen, um ihr bei der Hausarbeit zu helfen.
    Eine Putzhilfe konnten sie sich schon lange nicht mehr leisten. Jeder hatte für sein Zimmer selbst zu sorgen, und einmal in der Woche machten sie gemeinsam sauber. Nicht mal Ben konnte sich davor drücken, denn das wurde gleich mit Taschengeldentzug geahndet.
    Um das gemeinsame Putzen nicht zu einer verhassten Pflichtübung verkommen zu lassen, machten sie sich danach meistens einen schönen Abend. Es gab Pizza, und eigentlich wollte die Mutter, dass jeder erzählen sollte, wie es ihm im Laufe der Woche ergangen war, in Wirklichkeit war daraus aber in letzter Zeit immer ein Fernsehabend geworden.
    Sie fand auch das Papier, in das die Rosen eingewickelt worden waren, aber darauf befand sich nicht der erhoffte Hinweis auf einen Blumenladen. Es war weißes Papier, auf das rote Herzchen gedruckt waren. Keine Adresse.
    Sie pfefferte die Rosen zurück in den Abfalleimer und knallte den Deckel zu.
    Der Typ ist clever, dachte sie. So einfach macht der es uns nicht. Und dabei lief ihr ein Schauer den Rücken runter.
    Dann nahm sie ihren Mut zusammen und ging ins Haus. Es war inzwischen 23 Uhr 10.
    Bens Zimmertür war geschlossen, dahinter hörte sie die deutlichen Geräusche eines Computerspiels. Ben befreite gerade durch Dauerfeuer den Mars von irgendwelchen Aliens.
    Johanna hoffte, ihre Mutter noch im Wohnzimmer anzutreffen. Sie wollte sich für ihr Fehlen entschuldigen und glaubte sogar, genügend Mut aufzubringen, um der Mutter die Wahrheit zu erzählen. Aber im Wohnzimmer auf dem Tisch lag nur ein Stück Pizza mit Thunfisch und Zwiebeln, darin steckte ein Zahnstocher, auf den ein Zettel gespießt war.
    Schönen Dank für deine Hilfe, Johanna. Das war mal wieder ganz super von dir.
    Dann eben nicht, dachte Johanna, nahm ein kaltes Pizzastück in die Hand und biss hinein. Es schmeckte pappig.
    Sie hatte keine Lust, sich die Reste jetzt in der Mikrowelle warm zu machen, außerdem, Pizza aus der Mikrowelle, da drehte sich schon bei dem Gedanken daran ihr Magen um.
    Sie lief durch in ihr Zimmer und zog sich das flauschige Nachthemd ihrer Oma an. Darin fühlte sie sich gleich besser.
    Sie suchte einen Radiosender. Heute Abend wollte sie aber keine männliche Moderatorenstimme hören. Sie drehte jedes Mal weiter, wenn sie eine Männerstimme hörte. Ihr war zunächst nicht bewusst, warum sie das tat, dann blieb sie bei Anke Genius hängen, die im NDR einen neuen Song ankündigte. Die Stimme der Frau gefiel ihr.
    Erst als sie im Bett lag, die Decke bis zum Hals hochzog und die Ereignisse des Tages noch einmal an sich vorüberziehen ließ, fragte sie sich: Beeinflusst der Verehrer mein Leben jetzt schon so sehr, dass ich keine Männerstimmen mehr hören will? Werde ich am Ende auch keine Jungs mehr leiden können? Ist es das, was er will?
    Dann schob sie das alles auf die traumatische Erfahrung auf der Achterbahn und ihr anschließendendes Hyperventilieren.
    Im Radio lief »Drei Chinesen mit dem Kontrabass« von Die fabelhaften 3 . Johanna mochte dieses Lied und die Art, wie die drei Musiker es interpretierten, besonders. Es war
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